Offener Brief der Berliner Verlage

"Ein kulturell verarmtes Berlin ist ein unattraktives Berlin"

4. Dezember 2024
Redaktion Börsenblatt

Dem Kulturetat der Hauptstadt Berlin drohen Budgetkürzungen in Höhe von 130 Millionen Euro. Zahlreiche Berliner Verlage fordern in einem offenen Brief, die Kürzungen zu überdenken. "Eine weitere Reduzierung der ohnehin knappen Mittel würde eine Sparte treffen, die bereits an der Grenze ihrer Belastbarkeit agiert", heißt es darin.

Der offene Brief der Berliner Verlage richtet sich an den regierenden Bürgermeister Kai Wegner, Kultursenator Joe Chialo, die Mitglieder des Berliner Senats und die Bürger:innen der Stadt.

Wir veröffentlichen den offenen Brief hier im Wortlaut. Wer seine Unterschrift darunter setzen will, kann dies über den Börsenverein Landesverband Berlin-Brandenburg tun: Kultur ist kein Luxus ­­­­– offener Brief der Berliner Verlage

Mit großer Bestürzung haben wir, die unterzeichnenden Verlage der Literaturstadt Berlin, von den geplanten Kürzungen im Kulturetat in Höhe von 130 Millionen Euro erfahren. Die Forderung nach einem "Mentalitätswechsel" in den Kulturinstitutionen und die implizite Darstellung von Kultur als entbehrlicher Luxus für eine wohlhabende Elite verkennt die fundamentale Bedeutung von Kunst und Kultur. Sie ist vielmehr existenziell für eine funktionierende und inklusive Gesellschaft.

Die geplanten Einsparungen treffen nicht nur die Institutionen, an denen Literatur auf Öffentlichkeit trifft und an denen Autor:innen und Publikum sich begegnen. Sondern sie wirken sich unmittelbar auf die gesamte Literaturszene aus, auch direkt auf uns Verlage, ob klein oder groß. Ohne ausreichende Finanzierung werden Lesungen, Literaturfestivals und andere Veranstaltungsformate reduziert oder gestrichen, was die Sichtbarkeit von Büchern massiv einschränken würde. Betroffen davon sind nicht nur die Autor:innen, sondern die ganze Stadt: Ein kulturell verarmtes Berlin ist ein unattraktives Berlin. Literatur und Bücher sind nicht nur gesellschaftlich wichtig, sondern Kultur ist in unserer Stadt auch ein wesentlicher Standortfaktor, das haben die vergangenen Jahrzehnte belegt. Menschen und Ökonomien siedeln sich aufgrund der lebendigen Kultur in Berlin an – und sie werden in andere europäische Metropolen weiterziehen, wenn die Stadt kulturell verdorrt.

Menschen und Ökonomien siedeln sich aufgrund der lebendigen Kultur in Berlin an – und sie werden in andere europäische Metropolen weiterziehen, wenn die Stadt kulturell verdorrt

Die Förderung von Literatur spielt bereits jetzt eine viel zu geringfügige Rolle. Dadurch hat Literatur einen schweren Stand, obwohl sie essenziell ist: Sie bildet die Grundlage für den gesellschaftlichen Diskurs, stärkt die Lesekompetenz und trägt zur Bildung und Meinungsvielfalt bei. Eine weitere Reduzierung der ohnehin knappen Mittel würde eine Sparte treffen, die bereits an der Grenze ihrer Belastbarkeit agiert. Dies wäre nicht nur kulturpolitisch kurzsichtig, sondern auch ein schwerer Verlust für die geistige Vielfalt der Stadt.

Wir fordern daher eindringlich dazu auf, die geplanten Kürzungen im Kulturbereich zu überdenken und die Kultur als unverzichtbaren Bestandteil einer lebendigen und gerechten Gesellschaft anzuerkennen. Investitionen in Kultur sind Investitionen in die Zukunft unserer Stadt und ihrer Bewohner:innen.

Die Förderung von Literatur spielt bereits jetzt eine viel zu geringfügige Rolle. Dadurch hat Literatur einen schweren Stand, obwohl sie essenziell ist.