Neuauflage von Enid Blytons Abenteuer-Reihe

"Rassismus ist auch in der Bildsprache zu finden"

9. Juni 2022
Redaktion Börsenblatt

Der Bocola-Verlag hat Enid Blytons Abenteuer-Reihe neu aufgelegt. Heike Nieder stellt sich in der Süddeutschen Zeitung die Frage, ob nun alle rassistischen Klischees getilgt seien, nachdem sich die Übersetzung an einer englischen Neuausgabe orientiert.

„Rassismus ist nicht nur in Wörtern zu finde, sondern auch in Erzählstrukturen, Hierarchien und in der Bildsprache“, erklärt die Kommunikationswissenschaftlerin Chantal Fleur-Sandjon gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

Grund der Kritik sind die Illustrationen von Stuart Tresilian, die 1944 bereits in der Erstauflage von Blytons „Insel der Abenteuer“ (Macmillan) erschienen sind, und auch in der Neuauflage von 2022 benutzt werden. In fünf von 41 Zeichnungen wird der Schwarze Mann und Bösewicht Joe mit „weitaufgerissenen Augen, wulstigen Lippen und einem affenähnlichen Profil“ illustriert.

Zwar habe man sich bei den Textkorrekturen mit dem Lizenzgeber abgesprochen, alle direkten Hinweise auf die Hautfarbe von Joe sind verschwunden, doch „bei den Illustrationen hatten wir nicht das Gefühl, dass sie diskriminierend oder anfeindend sind“, sagt Verleger Achim Dressler. Es handele sich um eine „nostalgische Neuausgabe“.

Sandjon zeigt war Verständnis für Nostalgie, allerdings komme diese zusammen mit den Normen der damaligen Zeit, was eine stereotype Abbildung Schwarzer Menschen bedeute. „Schwarze Menschen werden stereotyp abgebildet mit wulstiger Stirn, weit aufgerissenen Augen, aufgeblähter Nase, dicken Lippen und  überdimensional großen Händen.“ Schwarze Männlichkeit werde als gefährlich und animalisch dargestellt. Das heiße nicht, dass es keine Schwarzen Menschen gebe, die so aussehen würden. Das Problem sei, dass es nur diese stereotype Darstellung von Schwarzen Menschen gebe. 

„Der Verlag hat versucht, die Schwarzenfeindlichkeit in der neuen Textfassung zu entfernen, aber das ändert nichts daran, dass Joes Darstellung in den Illustratiionen stereotyp ist“, ergänzt Joseph Kebe-Nguema, der zu Race und Genderkonstruktionen in der Kinder- und Jugendliteratur promoviert.

Sehe man sich den Text genauer an, genüge auch die Streichung der Hinweise auf Joes Hautfarbe nicht, um den Text von rassistischen Klischees zu befreien, meint Heike Nieder. „Joe bleibt der Diener im Haus.“

Am Ende des Artikels kommen die Interviewten zu zwei Lösungsvorschlägen: Keine Neuauflage, weil solche Klassiker Artefakte sind, die nicht ins heutige Kinderzimmer einziehen müssen, oder eine Kontextualisierung durch ein Vorwort.

Ausführlicher im Feuilleton der SZ: Enid Blyton wird neu aufgelegt