Frankfurter Buchmesse

New Adult auf der Messe: Die Erfahrungen der Aussteller

25. Oktober 2024
Stefan Hauck und Matthias Glatthor

Von den Bonnier-Verlagen bis zur Bücherbüchse: Welches Fazit ziehen Aussteller von New-Adult-Titeln auf der Frankfurter Buchmesse? Wie lief es mit Frequenz, Verkauf, Nachschub und Kontakten? Wo hat's gehakt, wo soll für 2025 nachtariert werden?

Frankfurter Buchmesse: Andrang im House of Romance der Bonnier-Verlage

Andrang im House of Romance der Bonnier-Verlage

Christian Schumacher-Gebler 

Christian Schumacher-Gebler 

Christian Schumacher-Gebler, CEO von Bonnier Media Deutschland

"Wir sind äußerst zufrieden mit der Premiere der New Adult-Halle – hat sie doch die Besucherströme zwischen Halle 3.0 und 1.2 erfolgreich entzerrt. Besonders positiv war für uns, dass wir schon im Vorfeld gemeinsam mit dem Messe-Team an der Ausgestaltung der Halle arbeiten konnten.

Auch die Frequenz im 'House of Romance' aller Bonnier-Verlage mit entsprechenden Titeln im Programm hat unsere Erwartungen übertroffen – besonders am Wochenende war der Andrang groß und das Publikum sehr entspannt und geduldig. Der Verkauf lief hervorragend und die Kolleg:innen mussten mehrfach Nachschub organisieren. Zudem waren die Gespräche mit den Gästen sehr bereichernd. Die Verlage haben wertvolle Kontakte knüpfen können, sowohl für zukünftige Kooperationen als auch im direkten Austausch mit der Leserschaft. Alles in allem eine rundum gelungene Erweiterung der Messeauftritte unserer Verlage in Halle 3.0."

Alexandra Fürtauer

Alexandra Fürtauer, Verkaufs- und Vertriebleiterin D-A-CH der Verlagsgruppe Oetinger

"Für unser Genre-Label Moon Notes hat sich die Teilnahme in der Messehalle 1.2 sehr gelohnt. Speziell am Wochenende haben wir dort die Zielgruppe und die Urherber:innen erreicht und konnten mit ihr in den Austausch gehen. Die Frequenz war Mittwoch und Donnerstag leider sehr gering, aber ab Freitagmittag wurde die Halle voller, lebendiger und so haben wir uns das auch gewünscht. Der Verkauf am Wochenende war sehr erfreulich und die Bücher haben ihre Kundschaft gefunden und umgekehrt. Es gab viele Neuentdeckungen und die Community hat uns als Verlag wahrgenommen.

Der Nachschub der Bücher war leider sehr beschwerlich, da die Logistik durch gesperrte Lastenaufzüge, lange Wege und viel Publikum blockiert wurde. Wir konnten mit Kreativen und der Zielgruppe sehr gute Gespräche führen; die Handelspartner werden hoffentlich nächstes Jahr den Weg in die Halle finden. Die Halle könnte in den unteren beiden Ebenen attraktiver gestaltet werden. Die Belebung unter der Woche muss verbessert werden.  Die Planung der Logistik muss von der Messe besser geplant und umgesetzt werden. Vielleicht sollte auch eine Halle gefunden werden, die dichter an Halle 3 ist."

Sandra Dittert

Sandra Dittert, Vorständin Marketing und Vertrieb der Bastei Lübbe AG:

"Wir blicken auf eine äußerst erfolgreiche Frankfurter Buchmesse und freuen uns über das enorme Publikums-Interesse für all unsere Verlagsmarken. Wir sind sehr zufrieden mit den Gesprächen und Kontakten über alle Messetage hinweg. Die Buchmesse ist ein wichtiger Begegnungsort für unser Business-Netzwerk und mit unserem Publikum.

Wir schätzen es, dass der New Adult-Zielgruppe Raum und Aufmerksamkeit gegeben wurde und die Besucher:innen dadurch die entsprechende Wertschätzung erfahren haben. Für die neue New Adult-Halle hätten wir uns allerdings etwas mehr Atmosphäre gewünscht, da bei der Zielgruppe eine ansprechende Optik einen hohen Stellenwert hat. Unsere Signierstunden haben alle gut funktioniert, unsere Autor:innen und unsere Community waren durchweg zufrieden. Erwartungsgemäß waren die Wartebereiche im Außenbereich der Halle 3 nicht optimal. Gemeinsam mit der  Buchmesse möchten wir hier geeignete Lösungen finden, damit die Besucher:innen, die sehr lange Wartezeiten in Kauf nehmen, nicht durchweg draußen stehen und wir allen ein schönes Messeerlebnis bieten können."

Buchhändler Frederick Wrensch vor Bücherregalen

Frederick Wrensch

Fredrick Wrensch, Buchhandlung Graff, Braunschweig:

"Es war anstrengend, hat aber großen Spaß gemacht, die Fans waren da, wir haben ganz viel positives Feedback zu unserem Messeauftritt in Halle 1.2 bekommen. Die Frequenz war am Samstag dort wirklich sehr gut, vom Sonntag hätte ich mir mehr versprochen – und dass am Mittwoch und Donnerstag nicht verkauft werden darf bzw. nur Non-Books, ist nicht mehr zeitgemäß, das müsste geändert werden. 

Das Ticketsystem für die Signierstunden lief super, die Wartebereiche sind noch nicht optimal, allein schon vom Ambiente her, zudem braucht jeder Aussteller noch einen Mitarbeiter für den Wartebereich, um die Kommunikation sicherzustellen. Dass anfangs der Lastenaufzug nur bis 19 Uhr lief, war ärgerlich – denn wann soll man denn die Ware auffüllen? Und mit der Sackkarre über die Rolltreppe ist kein Spaß ... Für Rollstuhlfahrer war die Halle auch nur über den Warenaufzug erreichbar, das ist auch nicht ideal.

Von den Messebesucherinnen ist, was sie uns gegenüber geäußert haben, die Halle 1.2 sehr positiv wahrgenommen worden. Unterm Strich hat es sich für uns gelohnt, wirtschaftlich nicht, wir verbuchen das wie viele andere als Werbung. Das Nicht-Verkaufen an den ersten zweieinhalb Messetagen schlägt zu Buche, Standmiete und das Bauen des Messestands selbst sind auch wahnsinnig teuer, die Reisekosten und Übernachtungen für Mitarbeiterinnen – der Erlös durch den Verkauf der Bücher hat die Kosten bei weitem nicht gedeckt. Aber das Miteinander, der Kontakt mit der Community überwiegt – jetzt kommt als nächstes die Leipziger Buchmesse und wir freuen uns schon drauf!"

Vanessa Lipinski, Founder, Vajona Verlag, Oelsnitz

Mit dem Standort in Halle 1.2 waren wir vorab etwas skeptisch. Es hat sich aber gezeigt, dass wir dies nicht hätten sein müssen, auch wenn die Halle am Sonntag doch leerer als erwartet war. Hier merkte man, dass sie doch etwas ab vom Schuss ist. Es war unsere zweite Frankfurter Buchmesse und wir haben Kontakte geknüpft und gefestigt. Im letzten Jahr waren wir in Halle 3 gegenüber von Bastei Lübbe mit einem Systemstand. Dieses Jahr hatten wir einen Eigenbau, 60 Quadratmeter, wir hatten Bücher sowie Bookish Merch wie Pullover, Decken und Kissen dabei. Besonders gefragt waren unsere Dark-Romance-Titel.

Um Gedränge zu vermeiden, haben drei unserer Mitarbeiter die Schlange organisiert und breite Durchgänge geschaffen. Eine Problematik sehen wir bei Aufbau/Anlieferung. Wer sich vielleicht mit Büchern unterschätzt hat, hat Schwierigkeiten an den Messetagen, Bücher angeliefert zu bekommen. Der direkte Messeanlieferungsweg war nur mit viel Aufwand verbunden. Durch gute Kontakte durften wir aber alles unkompliziert mit externen Partnern, die nicht der Messe selbst angehörten, organisieren. Außerdem musste man nach Messeschluss zusehen, dass man die Regale befüllt bekommt, da man um 20 Uhr die Halle verlassen musste. Lastenaufzüge wurden ebenfalls nicht komplett genutzt, sodass man hier Wartezeiten hätte vermeiden können. Ausstellertoiletten gab es nicht. Man hat nur einen provisorischen Zettel angeklebt, der permanent abgerissen wurde.
Unterm Strich: Wir konnten, wie schon im vorigen Jahr, unsere Kosten definitiv decken, was unser Hauptziel war. Wir kommen wieder zur Buchmesse."

Astrid Ohletz, Ylva Verlag

Astrid Ohletz, Verlegerin Ylva Verlag, Kriftel

"Unser Standort in Halle 1.2 war großartig und wir waren genau am richtigen Ort, gegenüber von Thalia und vom AzuBistro. Dieses Jahr wurde schon ganz viel richtig gemacht, das muss man erst einmal festhalten. Verbessern könnte man sicher noch den Standort bzw. die Ausschilderung. Ganz viele Kollegen in den anderen Hallen wussten gar nichts von „unserer Halle“. Eine Verlagskollegin aus Belgien stand am Donnerstag bei uns am Stand und erklärte mir, dass die anderen Verlage in Halle 3.0 nichts von unserer Halle wüssten und alle ganz erstaunt wären. Da hakt es wohl noch in der Kommunikation.

Unser Stand war 16 Quadratmeter groß – und ein Eckstand. Das war klasse und es gab von daher wenig bis kein Gedränge. Wir hatten englische und deutsche Bücher dabei, da wir seit zwölf Jahren schon in beiden Sprachen veröffentlichen. Wir hatten wenig Merch dabei, werden das in Zukunft aber tun.

Wir veröffentlichen Bücher für queere Frauen. Ich würde sagen, dass mindestens 80 Prozent der Besucher:innen an unserem Stand uns noch nicht kannten. Wir haben aber so viele gute Gespräche geführt und auch über Social Media immer wieder gehört, wie wichtig unser Stand war. Viel queere Stände bzw. Verlage, die LGBTQ+ Literatur veröffentlichen, gibt es ja auf der Frankfurter Buchmesse wirklich nicht. Unsere Leser:Innen sind 15 bis 80 Jahre alt, auf die Buchmesse kamen diesmal vor allem junge Leser:Innen zwischen 15 und 30 Jahren. Am Stand hatten wir circa 1.000 Bücher und konnten 863 davon verkaufen.

Die Kosten für den Messeauftritt sind schon heftig. Diese lagen mit allem Drum und Dran bei ungefähr 17.000 Euro (Stand, Verpflegung, Gehalt, Werbematerialien, Unterschränke, Beleuchtung, etc.). Wir hatten Einnahmen von circa12.000 Euro. Ich hatte nicht erwartet, die Kosten zu decken. Aber ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass wir so viele Bücher verkaufen. Für mich passt das Kosten/Nutzen-Verhältnis, weil wir einen unglaublichen Push auf Social Media erlebt haben.

2018 und 2019 waren wir schon mit einem kleinen Stand auf der Buchmesse. Dann kam Corona und in diesmal waren wir dann mit einem sehr viel größeren Stand vor Ort. Ich war überwältigt von den Anfragen für Interviews (sowohl von Zeitungen als auch für Social-Media-Kanäle). Und auch Businesskontakte konnte ich endlich mal persönlich treffen. Wir hatten nicht vor, im nächsten Jahr zur Frankfurter Buchmesse zu kommen. 2025 wollten wir nur Leipzig machen. Aber schon währen der Buchmesse haben wir entschieden, wiederzukommen, wenn es diese Halle mit New Adult, Fantasy, Scifi wieder geben wird."

Christoph und Lisa Strauß, Bücherbüchse

Christoph Strauß, Geschäftsführer der Bücherbüchse

"Unser Messekonzept ist aufgegangen – es hat sich bereits zur Leipziger Buchmesse im März 2024 bewährt. Nur das neue Warteschlangenkonzept der Buchmesse hat uns aufgrund fehlender Kommunikation und Ausschilderung vor Herausforderungen gestellt. Im nächsten Jahr werden wir eine Fast-Lane für das schnelle Herausgeben von Waren aus dem Messestand umsetzen. Eintrittskarten aus Papier wollen wir als Backup zusätzlich zur digitalen Warteschlange vorhalten. Eine Kleinigkeit, aber kostenfreies Popcorn soll es nicht mehr geben, das wurde aus unserer Sicht nicht ausreichend von den Kund:innen geschätzt.  Click und Collect werden wir als eigenen Webshop während der Buchmesse beibehalten - darüber haben wir 20 bis 25 Prozent unserer Verkäufe abgewickelt.

Wir würden uns für 2025 eine ebenerdige Messehalle mit direktem Anschluss an die Agora wünschen. Schön wäre auch ein Hallenkonzept mit einem gewissen Cozy-Faktor, der durch die Umgebungsgestaltung durch die Buchmesse realisiert wird, z.B. bequeme und ansprechende Sitzmöglichkeiten und Möglichkeiten der Begegnung. Vielleicht ließe sich eine Relax-Zone by Bücherbüchse realisieren? Außerdem muss das Warteschlangensystem überarbeitet werden, sodass die Kund:innen sich nicht in einer anderen Ebene anstellen müssen. Den Wunsch nach zentralen und gemeinsamen Community-Aktionen teilen wir mit vielen Ausstellern. Nachdenken könnte man auch über eine Erweiterung der Ausstellersuche um eine Produktsuche: Wo finde ich welches Buch? Das interessiert viele. Wir plädieren auch dafür, den Verkauf von Büchern bereits ab Mittwoch zu erlauben und mehr Privatbesucher während der Fachbesuchertage zuzulassen. Und wir möchten zu einer Community-Abendveranstaltung auf dem Buchmesse-Gelände einladen können.   

Was die Kosten angeht, sind wir gerade in der Nachkalkulation – wir wissen aber bereits jetzt, dass uns durch die Probleme der Rundum-Organisation der Buchmesse zwei bis vier Stunden Umsatz fehlen. Wir haben ca. 400.000 Euro Umsatz gemacht und unser Umsatzziel von 500.000 Euro somit leider verfehlt. Zum Beispiel wurde die Bücherbüchse Nerdbar finanziell am Ende eine 100-Prozent-Investition ohne Umsatz, weil einige Wochen vor der Messe entschieden wurde, dass dort während der Fachbesuchertage doch nicht verkauft werden darf."