Eine Chance für Reiseverlage?
Seit Juni gibt es das bundesweite 9-Euro-Ticket für Regionalzüge – das hat wesentlich mehr Reisende auf die Schiene gelockt, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis). Profitieren auch Reiseverlage davon?
Seit Juni gibt es das bundesweite 9-Euro-Ticket für Regionalzüge – das hat wesentlich mehr Reisende auf die Schiene gelockt, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis). Profitieren auch Reiseverlage davon?
Das 9-Euro-Ticket gibt es für die Monate Juni bis August. Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat nun eine Sonderauswertung von Mobilfunkdaten vollzogen, um das Reiseaufkommen zu ermitteln. Danach lagen im Juni 2022 die bundesweiten Bewegungen im Schienenverkehr im Schnitt 42 Prozent höher als im Juni 2019. Im Mai 2022 waren sie noch um 3 Prozent höher als im Mai 2019. Die Daten umfassen hierbei Bahnreisen ab 30 Kilometern zurückgelegter Distanz, teilt Destatis mit. Seit Einführung des 9-Euro-Tickets sei ein moderater Rückgang der Aktivitäten im Straßenverkehr zu verzeichnen.
Bereits in der ersten Juniwoche habe die Zahl der Bewegungen im Schienenverkehr zwischen 30 und 300 Kilometern im Schnitt um 56 Prozent höher als im selben Zeitraum 2019 gelegen. Im Verlauf des Monats Juni ging der Abstand zum Vorkrisenniveau laut Destatis wieder etwas zurück, möglicherweise bedingt durch die Überlastung von Zügen auf bestimmten Strecken sowie die entsprechende Berichterstattung.
Weitere Ergebnisse:
Bei Distanzen unter 30 Kilometern sei eine Identifizierung der Verkehrsträger anhand der Mobilfunkdaten nicht zuverlässig möglich, so Destatis. Deshalb wurden diese nicht einbezogen. Bei der Interpretation der Ergebnisse sei zu beachten, dass die Mobilfunkdaten alle Bewegungen messen würden und somit keine Unterscheidung zwischen Personen- und Güterfernverkehr erlauben. Auch Doppelzählungen seien nicht ausgeschlossen.
Der Berliner Reiseverlag Trescher hat frühzeitig mit einer Buchhandels-Aktion reagiert. "Unsere Aktion mit dem 9-Euro-Ticket wurde vom Buchhandel gerne aufgegriffen", sagt Verleger Detlev von Oppeln gegenüber Börsenblatt online. Sein Verlag sei der erste gewesen, der das 9-Euro-Ticket mit Regionalreiseführern in Verbindung brachte und eine passende Aktion für den Buchhandel lancierte. "Zur Bewerbung von Regionalreiseführern stellten wir einen A3 Aufsteller zur Verfügung, der bisher über 100 Mal von Buchhandlungen bezogen wurde", so von Oppeln, weiterhin bestehe große Nachfrage. "Wir konnten beobachteten, dass viele Buchhandlungen einen Tisch zum 9-Euro-Ticket machten, und nicht nur Regionalreiseführer des Trescher Verlags auslegten, sondern auch passende Regionaltitel anderer Verlage." Die Aktion sei daher für alle Beteiligten ein guter Erfolg.
Der Michael Müller Verlag in Erlangen hat den Reiseführer "Deutschlands schönste Reiseziele – mit dem 9-Euro-Ticket quer durchs Land" mit Highlights aus seinen Deutschlandreiseführern zusammengestellt. Diesen gibt es für kurze Zeit gratis zum Download auf der Website des Verlags. Der Reiseführer sei nur drei Tage nach Beginn der Kampagne bereits 10.000-mal heruntergeladen worden, so der Verlag.
Auch Kompass Karten fragt sich in seinem aktuellen Newsletter: "Sind es die Spritpreise, ein steigendes Umweltbewusstsein oder neue Angebote des öffentlichen Verkehrs, die die Nachfrage nach Touren mit ÖVPN-Anreise steigen lässt?" Passend zum Trend kündigt der Verlag den Reiseführer "Dein Augenblick Region München erleben" (216 S., 19,95 Euro) an, der in Kooperation mit der S-Bahn München erstellt wurde (zum 50-jährigen Jubiläum der S-Bahn München). Der Band erscheint am 15. Juli.
GeraNova Bruckmann konnte bislang bei Deutschland-Reiseführern bei den Verkaufszahlen im Vergleich zu den Vorjahren "keine gravierenden Veränderungen feststellen, die auf das Ticket zurückgeführt werden können", erklärt eine Pressesprecherin auf Anfrage. "Wir planen auch im verbliebenen Aktionszeitraum keine Aktion zum 9-Euro-Ticket."
Im Branchen-Monitor Buch, den Media Control im Auftrag des Börsenvereins ermittelt, war die Warengruppe 3 Reise im Juni die einzige, die im Buchhandel ein Umsatzplus gegenüber dem Vorjahresmonat verzeichnen konnte: plus 1,0 Prozent sowohl über alle Absatzwege, als auch im Sortimentsbuchhandel separat betrachtet. Das hängt natürlich vor allem auch mit der Urlaubssaison zusammen.
Im Vergleich zum Juni im Vor-Coronajahr 2019 hat Reise allerdings noch einiges aufzuholen: hier heißt es minus 7,1 Prozent (alle Absatzwege) bzw. minus 12,1 Prozent (Sortimentsbuchhandel). Vielleicht kann hier das 9-Euro-Ticket helfen.