Welche Stellen in der Buchbranche werden 2022 am schwierigsten zu besetzen sein und warum?
Auf jeden Fall bleiben Digital-Stellen eine große Herausforderung, weil hier die Verlage mit vielen anderen Branchen in direkter Konkurrenz stehen, oft jedoch nicht die geforderten Rahmenbedingungen bieten. Ähnlich verhält es sich bei der Suche nach Content-Spezialist*innen für technische oder juristische Fachverlage.
Wir müssen uns aber insgesamt auf schwierigere Zeiten im Personalmarkt einstellen. Zum Fachkräftemangel durch den demografischen Wandel kommen in unserer "weiblichen" Branche die Ausfälle durch Familienzeiten hinzu und auch ein Nachlassen der Attraktivität von Buch-Berufen bei jungen Menschen. Die Corona-Pandemie setzt dem Ganzen durch gesunkene Wechselbereitschaft sprichwörtlich die Krone auf.
Welche Konsequenzen werden sich ergeben, wenn dringend benötigte Stellen nicht besetzt werden können?
Der Fachkräftemangel ist ganz klar eine Wachstumsbremse. Gerade der Ausbau neuer digitaler Geschäftsfelder, mit denen Verlage sich für die Zukunft aufstellen wollen, gerät ins Stocken, wenn die qualifizierten Mitarbeiter*innen fehlen. Hinzu kommt eine Mehrbelastung der Stammbelegschaft, die solche langen Vakanzen irgendwie überbrücken muss.
Was können Sie persönlich mit Ihrer Beratung tun, um den Personalmangel zu lindern?
Wir werfen unsere Netze weit über die Branchengrenzen hinaus aus, denn anders geht es ja gar nicht mehr, wenn man zum Beispiel Digitalprofis, Online-Marketer oder Steuerfachexpert*innen für Fachlektorate sucht. Der Recruitingaufwand ist dadurch zwar enorm gestiegen, aber dafür gelingt es uns in den allermeisten Fällen, auch sehr anspruchsvolle Vakanzen erfolgreich zu besetzen. Unsere Aufgabe besteht jedoch nicht nur in der Suche, sondern auch darin, unseren Kunden die Schnittmengen der Qualifikationen aufzuzeigen, denn branchenfremde Kandidatenprofile sind für Verlagsmenschen manchmal schwer einschätzbar. Da wir den Personalmarkt gut kennen, beraten wir unsere Kunden außerdem darin, ihre Rahmenbedingungen anzupassen, etwa bei Gehalt, Incentives und Remote Work. Zudem engagieren wir uns ehrenamtlich seit vielen Jahren in der Nachwuchsförderung.
es ist ein hartnäckiges Gerücht, dass man im Verlagswesen besonders schlecht verdient. Auch in anderen Berufsfeldern, die Geisteswissenschaftler_innen offen stehen, wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Vergleicht man das Durchschnittsgehalt in die Verlagsbranche mit anderen Arbeitsfeldern, in denen Geisteswissenschaftler_innen besonders häufig vertreten sind wie z.B. im Bereich Public Relations oder in der Werbung, so erkennt man kaum Unterschiede.
Ohne Frage aber verdient man in der Industrie weitaus mehr als im Verlagswesen. Die Gründe sind bekannt: Nachfrage nach und Mangel an technischen Fachkräften, große, teils global agierende Arbeitgeber/Konzerne in Schlüsselindustrien, Tarifbindung der Unternehmen und anderes mehr. Dem gegenüber zeichnet sich die Verlagsbranche durch eine recht kleinteilige Betriebsstruktur mit wenigen globalen Big Playern und vergleichsweise geringer Wertschöpfung aus.
Aber: Keiner der mir bekannten Verlage speist seine Fachkräfte mit dem Mindestlohn ab. Wenn Sie bei einem Unternehmen arbeiten, das solch branchenunüblich niedrige Gehälter zahlt, dann - sorry - sind Sie selber Schuld und sollten dort schleunigst das Weite suchen.
Sie hätten in Ihrem Beitrag vom Börsenblatt mit diesem, wie Sie es nennen, hartnäckigen Gerücht ruhig aufräumen können, wenn Sie meinen, dass man in der Buchbranche so verdient, dass es zum Leben in einer Großstadt wie München reicht. In meinem Branchenumfeld, das sich aus jungen Fachkräften mit einer Berufserfahrung von etwa drei Jahren zusammensetzt, ist dies nicht der Fall. Ich freue mich, dass Sie nur Verlage kennen, in denen nicht der Mindestlohn bezahlt wird - dies kann ich nicht so bestätigen. Ihr Argument, "In anderen Branchen wird genauso schlecht bezahlt" finde ich nicht aussagekräftig, denn nur weil andere Branchen ihre Mitarbeiter monetär melken, ist das weder zu begrüßen noch zu legitimieren.
Sie haben natürlich recht, dass man in der Buchbranche aufgrund der vielen Klein- und Mittelständler nicht so gut bezahlt wie die Industrie. Für IT-Fachkräfte müssen aber trotzdem Anreize geschaffen werden, um in einem Verlag arbeiten zu wollen, und dies geschieht auch über das Gehalt.
ich nicht geschrieben, dass man in anderen Branchen ebenso schlecht verdient wie in der Verlagsbranche, sondern mich auf Durchschnittgehälter von Geisterwissenschaftler_innen ganz allgemein bezogen. Und ja - im Median verdient diese Akademikergruppe weniger als Absolvent_innen technischer Studiengänge, beim Berufseinstieg sogar erheblich weniger. Diese Gehaltsschere wird sich (im Durchschnitt!) auch bis zur Rente nicht schließen. Das ist aber kein spezifisches Problem der Verlagsbranche.