Lesetipp: Tom Kraushaar über die Selbstverzwergung der Buchbranche

"Der dumpfe Klang der Selbstverzwergung"

18. September 2024
Redaktion Börsenblatt

Kein anderes Medium sei so souverän durch die Digitalisierung geschlendert wie das Buch. Tom Kraushaar, Verleger von Klett-Cotta, fragt sich in einem sehr lesenswerten Kommentar in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", warum die Buchbranche dennoch zur so schädlichen "Selbstverzwergung" neigt. Ein Lesetipp.

In seinem sehr lesenswerten Beitrag im Feuilleton der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 18. September schreibt Tom Kraushaar über das sogenannte "Multikrisen-Selbstverzwergungs-Syndrom" der Buchbranche. Im Gegensatz zum Selbstbewusstsein anderer Zweige des Kulturbetriebs, gehöre es in der Buchbranche zum guten Ton, "niemals Zweifel am zwangsläufigen Untergang der eigentlich auch nebensächlichen Lesekultur aufkommen zu lassen". Masochistisch ausgewertete Studien über den Rückgang von Buchkäuferzahlen würden genüsslich in der Welt verbreitet werden. 

Leider habe "der dumpfe Klang der Selbstverzwergung längst die Echokammer des Literaturbetriebs verlassen", dabei habe kein Medium die digitale Revolution souveräner gemeistert als das Buch. Dabei verweist Kraushaar auch auf den seit Jahren stabilen Branchenumsatz und die anhaltende Rolle des Buches als "Basismedium für Wissenstransfer und Geschichtenerzählen".

Schließlich entbehre die "Klage vom Bedeutungsverlust des Buches, von der Unwichtigkeit der Literatur" nicht nur "einer ausreichend rationalen Grundlage". Sie sei auch schädlich. Als Folge bezeichnet er die abnehmende Präsenz im öffentlich-rechtlichen Radio und Fernsehen und die Kürzungen bei der Literatur- und Übersetzungsförderung. 

Der dumpfe Klang der Selbstverzwergung hat längst die Echokammer des Literaturbetriebs verlassen

Tom Kraushaar, Verleger von Klett-Cotta

"Und schließlich treffen Selbstverzwergung und trübes Rumgejammer die Branche an ihrer sensibelsten Stelle: Wer das Signal in die Welt sendet, dass die eigene Branche ein sinkendes Schiff ist, voller rückständiger Wichtigtuer, die den Schuss nicht gehört haben, der darf sich nicht wundern, wenn er zukünftige Mitarbeiter nur noch mit Workation, Betriebsyoga, Bällebad und Viertagewoche locken kann", so Kraushaar. 

"In der Wirklichkeit basiert aber die Erfolgsgeschichte der Buchbranche darauf, dass über Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte hinweg junge Menschen im Literaturbetrieb die Begegnungen mit anderen klugen, inspirierenden Menschen, den Zauber des literarischen intellektuellen Lebens, Erfüllung und Freiheit in der Teilhabe an etwas Großem und Wichtigem gesucht haben und bis heute auch noch finden."

Den vollständigen Beitrag finden Sie auf Seite 9 der Hauptausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.