Wir versuchen, als Redaktion unter anderem Themen und Debatten abzubilden, auf die wir in den sozialen Medien aufmerksam werden. So finden wir immer wieder online interessante Stimmen, die auf Twitter oder Facebook eine Diskussion angestoßen haben und bitten sie, ihre Gedanken für uns ausführlich aufzuschreiben. Das unterscheidet sich gar nicht so sehr von der Arbeit der etablierten Feuilletons, führt bei uns dann aber zu Beiträgen über Sitcoms, historische Romane, Reality TV, Netzphänomene oder Lyrik auf Twitter, die möglicherweise so oder zumindest in dem Umfang im etablierten Feuilleton keinen Platz bekämen.
Uns interessiert dabei, wie man sich kulturjournalistisch auch mit sehr populären Genres auseinandersetzen kann. Vielleicht liegt der Unterschied eher darin, dass wir uns trauen, Beiträge, gerne auch lange Essays, zu Themen zu bringen, die sich oft nicht im klassischen Feuilleton finden lassen, beispielsweise in Texten zu Fragen nach queeren Themen im Literaturbetrieb, Literaturen aus kleinen Sprachen oder zum Thema Sorgearbeit. Viele Texte sind politisch, manche analysieren das Feuilleton aus einer Meta-Perspektive, fragen also beispielsweise nach Misogynie in der Literaturkritik oder sie beteiligen sich an aktuellen Debatten.
Diesen Fokus haben wir bewusst beim Relaunch der Seite als Magazin Anfang des vergangenen Jahres gelegt. In unserer Wahrnehmung hat die klassische Rezension oder das Gespräch mit Autor*innen, die bei uns ebenfalls noch stattfinden, immer weniger Aufmerksamkeit bekommen. Lange Texte, gerne auch zu abseitigen Themen, werden dagegen weiterhin viel gelesen. Und das von einer Zielgruppe, der immer mal wieder Feuilletonmüdigkeit angedichtet wird: Über ein Drittel unserer Leser*innen ist zwischen 25 und 34 Jahre alt und zwei Drittel sind unter 45.
Neben den bei uns veröffentlichten Texten suchen wir dazu online das Gespräch mit unseren Leser*innen. Die Texte sind oft in ein Gespräch eingebettet, das in den sozialen Medien weitergeführt wird. Es geht nicht allein um den Text, sondern auch um die Gemeinschaft an Lesenden, die darüber diskutiert. Das kann im Streitgespräch auf Twitter sein oder der Austausch im Rahmen eines Live Videos bei Instagram über Neuerscheinungen.
Wir versuchen so, den Diskurs aus den sozialen Netzwerken bei uns abzubilden, dann aber auch in diese Gemeinschaft zurückzutragen. Was wir suchen, sind aktive Leser*innen, das was die Medienwissenschaft Prosumer nennt, die die Inhalte auf 54books durch ihren Input im Gespräch erweitern.