Die Sonntagsfrage

Leidet die Mitbestimmung im Verband unter der Corona-Krise, Frau Jost?

24. Juli 2020
Redaktion Börsenblatt

Ausgefallene Regionaltreffen, Seminare, Mitgliederversammlungen: Die Corona-Krise hat auch die Arbeit in den Landesverbänden des Börsenvereins verändert. Barbara Jost, Vorsitzende des Landesverbands Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, über Lerneffekte aus der Pandemie.

Leidet die Mitbestimmung im Verband unter der Corona-Krise? Auf den ersten Blick würde ich die Frage mit ja beantworten, mussten wir doch unsere Jahreshauptversammlung vom Mai in den August verschieben, und auch Gelegenheiten, unsere Mitglieder direkt zu treffen, gab es nicht.

Bei genauerem Hinschauen aber gab und gibt es auch in der Krise – vielleicht sogar durch die Krise – zahlreiche Möglichkeiten, sich im Verband einzubringen, sich auszutauschen und die Zukunft des Börsenvereins mitzubestimmen.

Unser neunköpfiger Vorstand im Landesverband, hinter dem ja auch jeweils ein Mitgliedsunternehmen steht, hat in den letzten Monaten häufiger und intensiver getagt. Sicher war das auch in den anderen Landesverbänden und dem Bundesverband so. Trotz viel genutzter digitaler Tools hat sich bei der Vorstandsarbeit auch gezeigt, dass die Buchbranche zutiefst analog verwurzelt ist. Für die Vorstandsmitglieder haben sich aber häufigere Telefonkonferenzen sehr schnell als äußerst hilfreich erwiesen. Themen, die man sonst in einer langen Anwesenheitssitzung zusammengefasst hat, konnte man bequem auf mehrere Termine verteilen und so kam den einzelnen Punkten eine höhere Aufmerksamkeit zugute. Eine Methode, die wir sicher auch nach Corona beibehalten werden.

Corona hat bei neuen Formaten und Beteiligungsmöglichkeiten als Katalysator gewirkt.

Barbara Jost

Unsere Jahreshauptversammlung wird nun – wenn uns Corona nicht wieder einen Strich durch die Rechnung macht – am 31. August in Wiesbaden stattfinden. Die Vorbereitungen zeigen, dass wir – um auch die großen und rasanten Veränderungen in Krisenzeiten transparent zu machen – viel mehr mit den Mitgliedern kommunizieren als in den vergangenen Jahren vor einer Hauptversammlung.

Es stehen wichtige Themen an, unter anderem wird es um Sparmaßnahmen, eine Beitragsanpassung und den Umgang mit dem Vereinsvermögen gehen. Hier möchten wir die Mitglieder möglichst stark in die Entscheidungen mit einbeziehen und gleichzeitig wie in jeder Versammlung mehr über die Bedürfnisse unserer Mitglieder erfahren. Wer nicht persönlich kommen kann, sollte unbedingt die Stimmübertragung nutzen. Wir wünschen uns Mitbestimmung und haben unsere Mitglieder bereits im Juni in einem Brief über die anstehenden Themen informiert, so dass eine Beschäftigung mit diesen Themen und eine daraus resultierende Beteiligung an der Entscheidungsfindung auf jeden Fall möglich ist.

Unsere Online-Regionaltreffen ermöglichen einen Erfahrungsaustausch über die Regionengrenzen hinweg.

Barbara Jost

Mehr Mitgliederkommunikation gab es in den vergangenen Monaten auch zwischen der Geschäftsstelle und den Mitgliedern. Die Krise hat ein sehr intensiver Kontakt zu den Mitgliedsunternehmen geprägt, in hunderten Einzelberatungen. Corona hat auch bei neuen Formaten und Beteiligungsmöglichkeiten als Katalysator gewirkt: Die interaktive Teilnahme an Online-Seminaren hat Expertenwissen direkt ins Home Office gebracht und unsere Online-Regionaltreffen ermöglichen einen Erfahrungsaustausch über die Regionengrenzen hinweg. Die Teilnehmerzahlen haben gezeigt, dass das Interesse da ist und ein gutes Netzwerk in der Krise sehr geschätzt wird.

Mitbestimmung war besonders in unseren zahlreichen Organisations-Teams und Arbeitsgruppen gefragt. Der Verband geht den Weg durch die Krise bei den Projekten nur zusammen mit den Mitgliedern. Dabei waren sehr schmerzliche Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel dass die Buchhandlungen und Verlage im Saarland sich entschieden haben, "erLESEN - die Literaturtage im Saarland" abzusagen.

Ein weiteres Thema, dass uns sehr stark beschäftigt, ist die Frankfurter Buchmesse, bei der inzwischen Ministerien aus allen drei Bundesändern Zuschüsse für die ausstellenden Verlage geben. In intensiver Zusammenarbeit mit dem Verlags-Karree konnten wir erreichen, dass ein fester Förderbetrag im Etat des rheinland-pfälzischen Kulturministeriums verankert wird. Die aktuelle Planung der Präsenz der rheinland-pfälzischen Verlage auf der Messe gestaltet sich via Zoom. Dabei zwingen uns die Bedingungen der Buchmesse-Sonderedition geradezu zum Umdenken und zur Mitbestimmung.

Die Meinung und die Zusammenarbeit der Mitglieder an solchen gemeinsamen Projekten sind gefragter denn je. Von Andrea Wolf, Geschäftsführerin des Landesverbands, weiß ich, dass sich im Moment auch bei anderen Projektbesprechungen (wie dem Auftakt der hr2-Partnerbuchhandlungen) viele Mitglieder stark inhaltlich einbringen und so den Verlauf von Aktionen und Kooperationen mitbestimmen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Dass die Mitbestimmung im Verband leidet, lassen wir einfach nicht zu, indem wir entgegenwirken, auf Arbeitsebene in der Geschäftsstelle, bei der Vorstandsarbeit und Ende August bei unserer Jahreshauptversammlung (Details zum Programm und zur Anmeldung gibt es hier).