Ob jetzt die Klimaromane kommen? Sie sind schon da und es werden mehr - und ich bin froh darüber. Denn zum einen ist „Klima“ ein kulturbegründendes Moment, der Klimawandel verändert jedoch die Klimakulturen. Das entspricht anderen Shifting Baselines, etwa der digitalisierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts und es muss darüber geschrieben werden.
Auf unserem Climate Fiction Festival 2020 in Berlin haben wir ja schon viele gute Climate Fiction Autor:innen (Cli-Fi mit dem Fokus Europa) zu Tage gefördert, aber sogar dort kam die Angst auf vor den schlechten Romanen. Die Kritikerin und Moderatorin Sieglinde Geisel sagte nach einem Panel mit Joachim Schellnhuber, Iliya Trojanow und Maggie Gee, es graue ihr vor der kommenden Flut der schlecht gemachten CliFi-Romane.
Die Flutmetapher könnte stimmen, wieviel schlechte dabei sind, kann ich nicht beurteilen, weil ich längst nicht mehr alle Klimaromane lesen kann. Aber ich kenne doch die guten, auch weil sich die anglophone Kritik viel Mühe gibt mit ihrer Auswertung - Amitav Ghosh's „Die Inseln“ und Jenny Offill's „Wetter“, John von Düffels „Der brennende See“ oder Helene Bukowskis „Milchzähne“, um ein paar neuere zu nennen.
In neuen Verlagsprogrammen findet sich mehr in deutscher Sprache und Sieglinde Geisel selbst hat auf unserem diesjährigen Climate Cultures Festival „Planet schreibt zurück!“ den besten Klimaroman aus Kanada vorgestellt: Catherine Bush, Blaze Islands, noch nicht übersetzt, stilbildend, stimmungsvoll, empathisch. Ein resignierter Kimaforscher flieht mit seiner Tochter auf eine windige Insel im subarktischen Kanada, wo die Autorin dann ihr Panorama literarischer Klimatopoi entfaltet, von der ästhetischen Faszination Grönlandeis über die Schrecken der Klimastürme bis zu den fragwürdigen Geschäften des Geoengineering.