Die Sonntagsfrage

Buchbesprechungstage mal anders – wie profitieren die Händler:innen? 

6. August 2023
von Börsenblatt

Die Landesverbände Bayern und Baden-Württemberg bieten digitale Buchbesprechungen im Videoformat an, die sich weniger auf die Buchinhalte als auf den Mehrwert für den Buchhandel konzentrieren. Wie das funktioniert, welche Rolle die Lesemotive dabei spielen und wie Buchhändler:innen von den Sessions am besten profitieren können, erklären Friederike Eickelschulte,  Vera Ullrich (LV Bayern) und Kathrin Hage (LV BaWü) in der Sonntagsfrage.

Vera Ullrich, Rike Eickelschulte und Kathrin Hage (von links)

Sie konzipieren gerade die zweiten digitalen Buchbesprechungen; im November stehen die Buchpräsentationen dann für eine Woche als abrufbarer Video-Stream für Buchhändler:innen und Bibliothekar:innen zur Verfügung. Welche Genres werden behandelt?

Kathrin Hage: Bei den Buchbesprechungen Belletristik und Sachbuch 2023 werden den Teilnehmer*innen insgesamt rund 80 Neuerscheinungen präsentiert. Diese Titel bieten wir in drei Themenpaketen an, einzeln oder als Gesamtpaket buchbar: „Classic“, „Light“ und „Modern“. Innerhalb dieser Themenblöcke können sich die Teilnehmer*innen auf je drei Video-Präsentationen freuen: Im Themenpaket „Classic“ erwarten sie zwei Videos zu „literarischen Entdeckungen“ sowie eine zu „Geschichte, Politik, Gesellschaft“. Das Paket „Light“ beinhaltet die Genres „Queer“, „New Adult“ sowie „Manga/Graphic Novel“.

Friederike Eickelschulte: Das dritte Themenpaket „Modern“ haben wir an den Lesemotiven ausgerichtet: Eintauchen – andere, auch fiktive Welten, die aus dem Alltag entführen; Entspannen – Rückzug, der ausgleichend wirkt und  Leicht Lesen – unbeschwerte Lektüre mit einfacherer Sprache und niedriger Komplexität. 

Welche Rolle spielen die Lesemotive?

Friederike Eickelschulte: Die Lesemotive bieten ein gutes Werkzeug, um den Kund*innen Orientierung zu geben, aber auch die eigene Präsentation im Laden zielgerichtet zu gestalten. Viele Buchhandlungen arbeiten schon lange mit Tischen zu bestimmten Lesethemen. Meist unbewusst werden Bücher zusammen präsentiert, die auch bei den Lesemotiven zusammengehören: Lesefutter für Erwachsene (eintauchen), Binge Reading (eintauchen), beim Lesen seine Sorgen vergessen (entspannen), Unterhaltungsliteratur (entspannen), Lesen unterwegs (leicht lesen) oder Krankenhauslektüre (leicht lesen). Unsere Rezensent:innen suchen aus den genannten Lesemotivbereichen die Perlen und stellen sie vor.

Wie wird der Mehrwert eines Buches für die Buchhandlung herausgearbeitet?

Vera Ullrich: Schon mit dem früheren Live-Konzept der Buchbesprechungstage Belletristik und Sachbuch war das Ziel, Buchhändler:innen in kompakter Form einen Überblick über die besten Neuerscheinungen zu geben und sie damit beim Einkauf sowie auch bei den Beratungs- und Verkaufsgesprächen mit Kund:innen zu unterstützen. Daran hat sich auch mit der neuen digitalen Streaming-Variante nichts geändert: Wir orientieren uns bei der Buchauswahl nicht an Bestsellerlisten – die kann man sich ja selbst einfach zusammensuchen – sondern konzentrieren uns zusammen mit den Referent:innen auf Ergänzungstitel abseits des Mainstreams. Wir möchten weniger über die Inhalte der einzelnen Neuerscheinungen sprechen, da diese mit einem Klick im Internet für uns alle verfügbar sind. Es soll über den Klappentext und die Inhaltsgabe hinausgehen: Der Fokus der Buchbesprechungen soll auf dem Mehrwert für die Buchhandlungen liegen.

Welche Fragen werden zu den Büchern beantwortet?

Kathrin Hage: Natürlich geben die Referent:innen einen kurzen Überblick zum Inhalt der Bücher, damit wir auch den Kontext dazu kennen. Doch dann klären wir, warum Buchhändler:innen und Bibliothekar:innen gerade dieses Buch im Sortiment haben sollten, für welchen Anlass oder für welche Leser:innen es sich empfiehlt und mit welchen Argumenten sich das Buch gut verkaufen lässt. Somit bieten wir den Teilnehmer:innen nicht nur eine große Auswahl an besonderen Titeln, sondern liefern auch gleich noch die passenden Inhalte für das Verkaufsgespräch.

Wer sind die Referent:innen?

Vera Ullrich: Das Herzstück der Buchbesprechungen sind die Buchhändler:innen, die jeweils einen der Themenschwerpunkte mit besonderem Herzblut betreuen, die bereit sind, sich tief in die aktuellen Vorschauen einzuarbeiten, um eine feine Auswahl zusammenstellen und diese dann vor laufender Kamera als Referent:innen zu präsentieren. Wir Landesverbände haben die einzelnen Genres untereinander aufgeteilt und sprechen in unserem jeweiligen Bundesland mit kundigen, begeisterten Referent:innen und Expert:innen ihres Bereichs.

Wer trifft die Buchauswahl?

Friederike Eickelschulte: Die Hoheit haben unsere Referent:innen, doch wir von den Landesverbänden schauen noch einmal über die Auswahl und geben gegebenenfalls Anmerkungen, falls ein Titel in unseren Augen „zu alt“ oder bereits viel besprochen wurde. Als kleines Schmankerl dürfen alle Referent:innen einen Weihnachtstitel – abseits von ihrem jeweiligen Themenschwerpunkt – präsentieren, in den wir uns natürlich nicht einmischen. 

Werden nur Indies vorgestellt?

Kathrin Hage: Noch haben wir nicht für alle Themenschwerpunkte die Buchtitel erhalten oder final besprochen. Doch im Moment würden wir die aktuelle Auswahl als einen bunten Mix aus unabhängigen Verlagen und großen Häusern bezeichnen mit einem leichten Hang zu Indie-Titeln. Das ist aber alles noch nicht final.

Gibt es schon Resonanz?

Friederike Eickelschulte: Das müssen wir mit einem klaren „Jein“ antworten. Es gab natürlich die eine oder andere Person, die es gerne so wie vor 2022 gehabt hätte. Die Auflösung der Referent:innenrunde im Jahr 2021 haben wir als Impuls gesehen, etwas Neues, Zeitgemäßes zu schaffen, was für viel mehr Mitglieder, auch bundesweit, verfügbar ist. Mit neuen Trends im Buchmarkt lag es zudem nahe, das Themenspektrum zu erweitern und aktueller zu machen. Darüber haben sich viele gefreut.   

Vera Ullrich: „Es ist immer wieder eine super Inspiration“ – diese Nachricht hat uns eben erreicht. Wir hoffen, dass wir noch einige dieser Rückmeldungen dieses Jahr erhalten werden. Aber alles ist im Wandel und muss immer wieder justiert werden. Aus dem Feedback des letzten Jahres nehmen wir Ideen mit, geben sie an die Referent:innen weiter und entwickeln das Format so für die Zukunft weiter.

Fragen: Sabine van Endert

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