War ein Buch spruchreif, kam sie auf ihre unaufdringliche Art auf einen zu. Nicht im Marketingstil, sondern voll inhaltlich. Natürlich wollte auch sie das von ihr verlegte Buch gut vermarkten, ins Gespräch bringen, aber zuallererst verkaufte sie Qualität. Wenn Margit Ketterle eine Zusammenarbeit anregte, musste man aufhorchen. Als Verlagsleiterin im Sachbuch brachte sie eine besonders signifikante Spürnase für gesellschaftliche und (bildungs-)politisch relevante Themen mit. Heute würde man sagen: Sie hat schon immer nachhaltig gearbeitet. Vieles von dem, was sie vor langer Zeit für wichtig erachtete, ist auch heute, im schnelllebigen Tagesgeschäft, nach wie vor von größter Bedeutung.
Bereits im Frühjahr 2004 verlegte sie als Verantwortliche im Propyläen Verlag den bis heute nicht übertroffenen Bildband des englischen Historikers Martin Gilbert, der Auskunft über die Entstehung und den Verlauf des Holocaust gibt. Hinter dem hervorragend gestalteten, aber leider vergriffenen Buch steht die Frage, wie das Menschheitsverbrechen Holocaust Jugendlichen begreifbar gemacht werden kann. Eine Frage, die uns heute mit Abstand zum Geschehen mehr denn je beschäftigt, in einer Zeit, in der erlebte in entpersönlichte Geschichte übergeht.
Aus diesem Buch haben Margit Ketterle und ich eine Wanderausstellung konzipiert, die durch Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung und Schulreferat in über 30 bayerischen Schulen gezeigt werden konnte. Die Schüler erweiterten sie jeweils mit eigenen Beiträgen. Ein abschließendes Podium mit Ruth Klüger, der Autorin von »Weiterleben«, dem Jugendbuchautor Hermann Vinke, dem Kulturwissenschaftler Harald Welzer, den Schülern und vielen mehr, versuchte damals schon zu klären, wie historisches Wissen an den Schulen vermittelt werden kann – besonders dann, wenn Internet und Computergames die Erfahrungswelten Jugendlicher prägen. Überflüssig zu sagen: Mit einer Antwort tun wir uns heute schwerer denn je.