Geisteswissenschaften International

Valerie Hänsch erhält Sonderpreis

27. April 2021
Redaktion Börsenblatt

Valerie Hänsch, Ethnologin an der Ludwig-Maximilian-Universität München, wird für das Buch "Vertreibung und Widerstand im sudanesischen Niltal. Ein Staudammprojekt und der Versuch zu bleiben" prämiert.

Die Dissertation ist im Dietrich Reimer Verlag erschienen. "Valerie Hänsch hat mit ihrer Dissertation zu einem Umsiedlungsgebiet im Nordsudan eine herausragende ethnografische Studie zur Transformation von Lebenswelten nach Flucht und Vertreibung vorgelegt", begründet die Jury ihre Entscheidung. Über viele Jahre hinweg habe die Ethnologin eine Dorfgemeinschaft am Nil begleitet, die im Zuge des Merowe-Staudammprojekts ihre Heimat verlassen soll. "Ungemein plastisch führt sie die Komplexität einer weithin unbekannten Gesellschaft vor und schildert die unterschiedlichen Reaktionen und differenzierten Aushandlungsprozesse vor, während und nach der Überflutung – bis hin zum Neuanfang nicht in einer dafür vorgesehenen fernen Siedlung, sondern am Ufer des neuen Sees. Sowohl Mikrokosmos als auch Gesamtpanorama werden hier mit erzählerischer Begabung präsentiert, Traditionen, Wandel und Umgang mit staatlicher Macht im Detail sichtbar. Dabei entsteht ein neuartiges Bild vom Umgang mit Heimatverlust, der in eine errungene Variante des Bleibens mündet."

Insgesamt profitieren in diesem Frühjahr 22 geisteswissenschaftliche Werke von einer Übersetzungsförderung. Mit "Geisteswissenschaft International" zeichnen der Börsenverein, die Fritz Thyssen Stiftung, der Wissenschaftsfonds der VG WORT und das Auswärtige Amt hervorragende geistes- und sozialwissenschaftliche Werke aus und finanzieren deren Übersetzung.

Ziel der Auszeichnungen ist es, deutsche Forschungsergebnisse in den Sozial- und Geisteswissenschaften stärker zu verbreiten und die globale Vernetzung der deutschen Wissenschaft voranzutreiben. Die Zahl der in den englischen Sprachraum vergebenen Lizenzen wird mit "Geisteswissenschaft International" dauerhaft erhöht: Seit Beginn des Übersetzungsförderungsprogramms 2008 wurden rund 400 Übersetzungen geisteswissenschaftlicher Werke in namhaften englischsprachigen Verlagen gefördert. Insgesamt stehen innerhalb des Programms jährlich 550.000 Euro für Übersetzungsförderungen zur Verfügung. Die Jury vergibt die Auszeichnungen zweimal im Jahr.

 

Neben Valerie Hänsch wurden im Frühjahr 2021 ausgezeichnet:

  • Melanie Arndt: „Tschernobylkinder. Die transnationale Geschichte einer nuklearen Katastrophe“ (Vandenhoeck & Ruprecht)
  • Klaus-Michael Bogdal: „Europa erfindet die Zigeuner – Eine Geschichte von Faszination und Verachtung“ (Suhrkamp)
  • Franz-Josef Brüggemeier: „Grubengold: Das Zeitalter der Kohle von 1750 bis heute“ (C.H. Beck)
  • Peter Oliver Loew: „Danzig. Biographie einer Stadt“ (C.H. Beck)
  • Daniel Loick: „Der Missbrauch des Eigentums“ (Matthes & Seitz)
  • Isabell Lorey: „Demokratie im Präsens – Eine Theorie der politischen Gegenwart“ (Suhrkamp)
  • Dominik Maschek: „Die römischen Bürgerkriege. Archäologie und Geschichte einer Krisenzeit“ (wbg)
  • Alwin Meyer: „Vergiss deinen Namen nicht. Die Kinder von Auschwitz“ (Steidl)
  • Martin Mulsow: „Prekäres Wissen – Eine andere Ideengeschichte der Frühen Neuzeit“ (Suhrkamp)
  • Ruth Nattermann: „Jüdinnen in der frühen italienischen Frauenbewegung (1861-1945). Biografien, Diskurse und transnationale Vernetzungen“ (Walter de Gruyter)
  • Frank Rexroth: „Fröhliche Scholastik“ (C.H. Beck)
  • Irina Saladin: „Karten und Mission“ (Mohr Siebeck)
  • Birgit Sandkaulen: „Jacobis Philosophie. Über den Widerspruch zwischen System und Freiheit“ (Felix Meiner)
  • Jens Schröter und Konrad Schmid: „Die Entstehung der Bibel“ (C.H. Beck)
  • Felix Schürmann: „Der graue Unterstrom“ (Campus)
  • Farid Suleiman: „Ibn Taymiyya und die Attribute Gottes“ (Walter de Gruyter)
  • Damien Tricoire: „Der koloniale Traum. Imperiales Wissen und die französisch-madagassischen Begegnungen im Zeitalter der Aufklärung“ (Walter de Gruyter)
  • Lars Viellechner: „Transnationalisierung des Rechts“ (Velbrück)
  • Elena Walter-Karydi: „Die Athener und ihre Gräber“ (Walter de Gruyter)
  • Florian Wilde: „Revolution als Realpolitik. Ernst Meyer (1887-1930) – Biographie eines KPD-Vorsitzenden“ (Narr Francke Attempto)
  • Benjamin Ziemann: „Martin Niemöller – Ein Leben in Opposition“ (Deutsche Verlags-Anstalt)

 

Der Jury gehören an: Prof. Dr. Luca Giuliani (Juryvorsitzender), Prof. Dr. Tilman Allert (Universität Frankfurt, emeritiert), Alexander Cammann ("Die Zeit"), Prof. Dr. Philipp Gassert (Universität Mannheim), Dr. Jan Niklas Howe (Universität München), Prof. Dr. Doris Kaufmann (Universität Bremen), Prof. Dr. Christoph Menke (Universität Frankfurt), Prof. Dr. Gloria Meynen (Kunstuniversität Linz), Dr. Martin Rethmeier (Walter de Gruyter), Dr. Julia Voss (Universität Lüneburg), Thedel von Wallmoden (Wallstein Verlag).