Migration und Gleichberechtigung auch in der Pandemie
Der NDR Kultur Sachbuchpreis wurde an die Titel „Unsichtbare Frauen“ (btb) und „Flucht. Eine Menschheitsgeschichte“ (Siedler) verliehen. Damit wurden zum ersten Mal zwei Titel auserkoren.
Der NDR Kultur Sachbuchpreis wurde an die Titel „Unsichtbare Frauen“ (btb) und „Flucht. Eine Menschheitsgeschichte“ (Siedler) verliehen. Damit wurden zum ersten Mal zwei Titel auserkoren.
Für die Jury des NDR Kultur Sachbuchpreis sind „Unsichtbare Frauen“ (btb) und „Flucht“ (Siedler) die beiden besten in deutscher Sprache erschienenen Sachbücher des Jahres. Die Auszeihnungen sind mit jeweils 15.000 Euro dotiert.
„Beide Bücher sind herausragend und sie verdienen den NDR Kultur Sachbuchpreis für zwei ganz unterschiedliche Themen, die für unsere Gesellschaft gleichermaßen bedeutsam sind", so Katja Marx, Jury-Vorsitzende und NDR Programmdirektorin Hörfunk. "Die Jury möchte mit ihrer Entscheidung, zwei Auszeichnungen zu vergeben, das Augenmerk auf diese beiden bemerkenswerten Sachbücher richten und dafür sorgen, dass die Themen Migration und Gleichberechtigung auch im Jahr der Pandemie Aufmerksamkeit find.“
Das Buch „Unsichtbare Frauen“ behandelt den „Gender Data Gap“. Es erklärt anhand zahlreicher Beispiele aus dem Alltag, wo diese Datenlücken bestehen und wie sie Frauen vielfach schadet. Die in Brasilien geborene Autorin Caroline Criado-Perez lebt in London und ist international als feministische Aktivistin bekannt. So startete sie eine Kampagne für Frauenabbildungen auf englischen Banknoten und gründete die Website „The Women’s Room“, die helfen soll, mehr weibliche Interviewgäste in die Medien zu bringen.
Jurymitglied und Publizistin Hilal Sezgin habe beim Lesen viel gelernt. Das Buch habe ihren Blick geweitet. „Es geht um vermeintlich banale Dinge, die jedoch Frauen auf der ganzen Welt benachteiligen: etwa das Fehlen von sicheren Herden in Küchen, der mangelnde Zugang zu Toiletten, die Temperatur in Büroräumen, die Erprobung von Medikamenten vorwiegend an Männern. Das Buch von Caroline Criado-Perez enthält viele Daten und ist gleichwohl ein Pageturner.“
Der zweite NDR Kultur Sachbuchpreis geht an Andreas Kossert, promovierter Historiker, der auf die Geschichte Ost- und Mitteleuropas spezialisiert ist. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört Flucht und Vertreibung sowie die Integration von Geflüchteten insbesondere im 20. Jahrhundert. In „Flucht. Eine Menschheitsgeschichte“ schildert er, die Erlebnisse und Erfahrungen von Menschen, die ihre Heimat verlassen. „Kossert bewegt sich dabei nah an den einzelnen Schicksalen und behält zugleich den Blick des Wissenschaftlers“, heißt es in der Pressemitteilung.
Jurymitglied und Kulturbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland, Johann Hinrich Claussen erklärt: „Das Buch führt uns vor Augen, dass alle Flüchtlinge die gleichen existenziellen Situationen erleben: das Weggehen, das Unterwegssein, das Ankommen und, ganz wichtig, auch das Erinnern. Hier fügt Andreas Kossert auf eine ganz virtuose Weise Historisches und Zeitzeugenberichte, Literarisches und Poetisches zusammen – und daraus entsteht ein großes Mosaik.“
Die Verleihung wird in diesem Jahr im Rahmen einer Spezialsendung auf NDR Kultur stattfinden. Ebenfalls verliehen wird dort der mit 10.000 Euro dotierte Förderpreis „Opus Primum“. Die Sendung ist am 24. November ab 19 Uhr im Radio oder im Stream zu hören.
2020 wurde der 12. NDR Kultur Sachbuchpreis verliehen. Es zeichnet das beste in deutscher Sprache erschienene Sachbuch aus. Wichtige Kriterien für die Auszeichnung: Das Werk soll komplexe Zusammenhänge und relevante Themen für ein breites Publikum verständlich darstellen, neue Perspektiven eröffnen und die Lust am Diskurs anregen.