44. Tage der deutschsprachigen Literatur

Bachmannpreis für Helga Schubert

22. Juni 2020
Redaktion Börsenblatt

Der Bachmannpreis 2020, der im Rahmen der 44. Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt verliehen wurde, geht an Helga Schubert. Außerdem verliehen wurden der Deutschlandfunkpreis, der KELAG-Preis, Publikums- und 3sat-Preis. Der Wettbewerb fand zum ersten Mal digital statt.

Helga Schubert hat bereits 1980 beim Bachmann-Preis lesen wollen, allerdings wurde der heute 80-jährigen damals die Ausreise aus der DDR verboten. Von 1987 bis 1990 saß sie selbst in der Jury der Tage der deutschen Literatur. Mit ihrem Text über eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung ist sie die älteste Preisträgerin des Bachmannpreises.  „Vom Aufstehen“ habe alle angerührt, so Jury-Mitglied Insa Wilke, die Helga Schubert eingeladen hat. „Eine Frau liege im Bett und zögere das Aufstehen hinaus, ein klassisches literarisches Motiv, das Erinnern an die Mutter. 80 Jahre Leben, 20 Minuten Lesezeit – der Stoff hätte eine Geschichte der Katastrophe sein können, aber sie zeige, wie man Frieden mache“, heißt es auf der Website.

Die Schriftstellerin und Psychologin Helga Schubert ist 1940 in Berlin geboren und begann in den Sechzigerjahren mit dem Schreiben von Kinderbüchern und Prosatexten. Ausgezeichnet wurde sie unter anderem mit dem Heinrich-Mann-Preis (1986) und dem Hans-Fallada-Preis (1993).

Der Bachmannpreis ist mit 25.000 Euro dotiert.

  • Der mit 12.500 Euro dotierte Deutschlandfunk-Preis geht an Lisa Krusche, die auf Einladung von Klaus Kastberger las, für einen Text über eine dystopische Welt in einer post-humanistischen Zukunft über das Zusammenspiel von virtuell und real. „Sich durch Texte bewegen zu lassen, sich entführen zu lassen, aber auch jetzt wie im preisgekrönten Fall, sich zum Nachdenken bringen zu lassen, gelingt hier ganz besonders“, so Kastberger in seiner Laudatio.
  • Egon Christian Leitner konnte die Jury in seinem Bericht über Menschenschicksale im Sozialstaat überzeugen und gewann den KELAG-Preis (10.000 Euro). Er las auch auf Einladung von Klaus Kastberger den sozialkritischen Text „Immer im Krieg“. Kastenberger sagt in seiner Laudatio, Leitner weise Leser in einer unglaublich rigiden Art auf Ungleichheiten im Sozialstaat hin.
  • Den 3-sat-Preis (7.500 Euro) gewann Laura Freudenthaler für ihren Text „Der heißeste Sommer“, der von der Hitze erzählt, der Menschen und Natur zusetzt. „Poetik erweise sich hier als Frage der Ethik. Der Text ist eine Wucht, er verstört, erschüttert und ist behutsam, ein Sprachkunstwerk“, so Patin Brigitte Schwens-Harrant in ihrer Laudatio.
  • Der Publikumspreis in Höhe von 7.500 Euro geht an die Österreicherin Lydia Haider, die auf Einladung von Nora Gomriker den Text „Der große Gruß“ las. Sie wird außerdem für sechs Monate das Stadtschreiber-Atelier in Klagenfurt beziehen. Das Stipendium wird seit 2009 vergeben.

Für den Juryvorsitzenden Hubert Winkels waren es die letzten Tage der deutschsprachigen Literatur. Inseiner Abschlussrede dankte er den Machern des Preises. „Ein Großereignis Bachmannwettbewerb hat in dieser seltsamen Verfallszeit von Möglichkeiten gut kompensiert, was fehlt, nämlich das Liveereignis vor Ort. Was ich sehen konnte, war es eine bewegende technische Installation von eigenem, fast ästhetischem Rang.“

Die Texte für 2020, sowie die Aufnahmen der Lesungen, können Sie auf der Website des Bachmannpreises nachlesen.