In "Der Schrank"geht es um eine soziologische Studie, eine an dieser Studie Teilnehmende und das plötzliche Erscheinen eines Schrankes, so die Veranstalter in einer Presseinformation. Die Laudatio für Birgit Birnbacher hielt Stefan Gmünder, er nannte die Sprache knisternd, sie rühre auf. "Plötzlich steht ein Biedermeierschränkchen im Haus, alles im Text dreht sich um eine 36-Jährige, die im Prekariat lebt." Ohne Winke mit dem Zaunpfahl erzähle der Text vom Lebenskampf, von Ferne klinge Samuel Becketts Endspiel an.
Birnbacher freute sich: "Unglaublich. Der Preis bedeutet uns allen viel, darum sind wir auch hier. Es ist eine besondere Runde, so habe ich das erlebt. Es sind viele da, die den Preis verdient hätten."
Geboren wurde Birgit Birnbacher 1985 in Schwarzach, sie lebt in Salzburg. Eingeladen zum Wettlesen wurde sie von Juror Stefan Gmünder. Birnbacher machte nach dem frühen Schulabbruch zunächst eine Lehre. Danach Freiwilligenarbeit in Addis Abeba und weiteren Orten. Mehrere Berufe, später Studium der Soziologie und Sozialwissenschaften. Es folgte Sozialarbeit im In- und Ausland. 2016 wird Sohn Xaver geboren. Bis 2018 als Soziologin in Gemeinwesen und Quartiersarbeit tätig.
Veröffentlichungen (Auswahl): "Rote Riesen" (in: Lichtungen 144, 2015), "Häuser von oben" (in: manuskripte 212, 2016), "Wir ohne Wal" (Roman; Jung und Jung, 2016), "Der geheime Name" (Romanauszug; in: Literatur und Kritik 527, 2018).
Auszeichnungen & Stipendien (Auswahl): Rauriser Förderungspreis 2015, Autorenpreis-Irseer Pegasus 2015, Theodor-Körner-Förderpreis 2016, Literaturpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung 2016, Jahresstipendium Land Salzburg 2018, Projektstipendium Literatur BKA 2018/19.
Neben dem Bachmannpreis wurden weitere Auszeichnungen vergeben:
- Deutschlandfunkpreis (12.500 Euro): Dieser ging an den österreichischen Autor Leander Fischer. Er las den Text "Nymphenverzeichnis Muster Nummer eins Goldkopf", in dem Musik mit Fliegenfischen verschwimmt. Hubert Winkels sagte in seiner Rede, der Titel sei sperrig, und es sei auch eine der sperrigsten Arbeiten, Köder für das Fliegenfischen zu knüpfen. "Da erfahren wir ausführlicher davon, als wir jemals wollten." Doch der Text schaffe es, Stück für Stück beim Zusammensetzen langsam das Vergnügen am Fertigen eines Kunstwerks zu vermitteln. Der Protagonist ist Musiklehrer, doch kein Violinkonzert könne schöner sein, als das Knüpfen der Köder.
- KELAG-Preis (10.000 Euro): Hier konnte sich in der Stichwahl die in Kärnten geborene Julia Jost durchsetzen. Sie gewann mit ihrem Text "Schakaltal". Klaus Kastberger sagte in seiner Laudatio, noch hätten in Kärnten nicht alle Täler den richtigen Namen. Jost zeige in ihrem Text, wie ein solcher Bezeichnungsvorgang heute fiktional von statten gehen könnte. So werde aus dem Bärental oder einem ähnlichen das Schakaltal, nach dem Schrei einer Mutter, die um ihr Kind trauert. "Es ist eine Kindergeschichte, die die Auseinandersetzung mit der braunen Vergangenheit neu führt und mit neuen Mitteln erweitert."
- 3sat-Preis (7.500 Euro): Gewonnen hat hier der deutsche Autor Yannic Han Biao Federer mit seinem Text "Kenn ich nicht". In ihrer Laudatio sagte Jurorin Hildegard Keller, der Text berühre, weil er eine Trennungsgeschichte radikal von außen erzähle. "Der Autor kippt in die Geschichte, seine Freunde geben ihm immer wieder neue Namen. Bei diesem Gestöber von Alter Egos findet Trauerarbeit statt, das könnte man fast übersehen."
- BKS-Bank-Publikumspreis (7.000 Euro): Das Onlinevoting am Samstag konnte die deutsche Autorin Ronya Othmann mit ihrem Text "Vierundsiebzig" für sich entscheiden.
Weitere Informationen rund um die 43. Tage der deustchsprachigen Literatur in Klagenfurt (inklusive Videos) finden sich unter: bachmannpreis.orf.at