2020 musste die Veranstaltung aus bekannten Gründen abgesagt werden. Nun findet sie unter besonderen Umständen statt: Ende Mai statt Mitte März, an zwei Abenden statt einem, draußen im Garten statt drinnen im Saal – und mit insgesamt 18 Lesenden. Vorgestellt werden sie von ehemaligen und aktuellen Studierenden aus Leipzig. Schon das Defilee der Lesenden, die am ersten Abend unterm niedrigen Schirm des Lese-Zelts Platz nahmen (die AHA-Regeln wurden um ein „Gebückt zum Lesetisch!“ ergänzt), glich einem Who’s Who der jüngeren deutschsprachigen Gegenwartsliteratur samt angeschlossener Verlagswelt: Lorenz Just (Dumont), Kaśka Bryla (Residenz), Jonathan Böhm (Faber & Faber), Dorothee Elmiger (Hanser), Florian Wacker (Berlin Verlag) Mareike Krügel (Piper), Christina Maria Landerl (Müry Salzmann), Roman Ehrlich (S. Fischer) und Kristof Magnusson (Kunstmann).
Mitten in dieser sonderbaren Zeit ist das Institut 25 Jahre alt geworden; mehr als 300 literarische Titel von über 150 ehemaligen Studierenden stehen auf den Regalbrettern der Bibliothek. Allein in den letzten 12 Pandemie-Monaten sind 38 neue Titel dazugekommen. Nicht alle Autorinnen und Autoren konnten eingeladen werden. Dass dennoch alle 18 Angefragten ohne Zögern angereist sind, egal ob aus der Schweiz oder Schleußig, hält Dege für ein kleines Wunder. Viele der Studierenden sahen sich das erste Mal seit langer Zeit – obwohl sie sich wöchentlich im digitalen Raum zu Werkstattseminaren treffen.
Als das DLL nach Abwicklung des Becher-Instituts Mitte der 90er neu gegründet wurde, kam dessen heutiger Geschäftsführer gerade in die 6. Klasse des Hohenzollerngymnasiums im schwäbischen Sigmaringen. Josef Haslinger, der scheidende Direktor des Instututs, war die ganze Zeit da. In diesen Tagen räumt er sein Büro, das Ende einer Ära. Den Abend im Garten, im Kreis seiner Studentinnen und Studenten, die sich die realen Bühnen nun wieder erobern werden, hat er still genossen.