Die meisten Lesungen und Gespräche waren in kurzer Zeit ausverkauft, teilen die Veranstalter mit. Richard Gaul, Vorsitzender des Vereins lit:pots e.V., betonte: "2021 war ein ganz besonderes Festival: Über dieser Woche in Potsdam schwebte ein Gefühl der wiedergewonnenen Freiheit; man spürte bei Autorinnen und Autoren wie beim Publikum die Erleichterung und die Freude über das Wiedersehen nach langer, durch die Pandemie erzwungener Abwesenheit. Und dann kam auch noch Glück dazu: Mitten im Festival gab das Kabinett in Brandenburg weitere Lockerungen bekannt. Mit rund 2.000 Gästen war LIT:potsdam ein voller Erfolg."
Kulturministerin Manja Schüle hob hervor: "LIT:potsdam bringt die Öffentlichkeit in ganz besondere Räume und bereitet der Literatur eine Bühne, die groß genug ist, um der Sprache zu ihrem Recht zu verhelfen. Aber klein genug, um Intimität zuzulassen. LIT:potsdam bietet immer mehr als eine Lesung aus einem Buch, es ermöglicht Begegnungen mit Literatur."
Die literarischen Lesungen und Gespräche des Festivals LIT:potsdam eröffneten Sharon Dodua Otoo und Mithu Sanyal. Moderatorin Anne-Dore Krohn stellte ihre neuen Bücher als "die beiden aufregendsten Romane des Frühjahrs" vor. Beide Autorinnen würden Zuschreibungen, strukturellen Rassismus und Identität auf originelle und humorvolle Weise verarbeiten. In "Identitti" (Hanser) widme sich Mithu Sanyal der "hybriden Identität", die von mehreren kulturellen Kreisen geprägt sei und Widersprüche der Konzepte von "race" und "gender" aufzeige. Sie wolle Vielstimmigkeit und deutlich machen, "wie schwer zu sagen es eigentlich ist, wer 'ich' bin". Sharon Dodua Otoo verbinde mit "Adas Raum" (S. Fischer) verschiedene Orte und Zeiten. Sie erzähle, wie Vergangenheit bis in die Gegenwart fortwirkt, zeigt fließende Identitäten von Mann, Frau, Schwarzen und Weißen.
Bei der Festveranstaltung im Park der Villa Jacobs trat Eva Menasse auf und gab im Gespräch mit Denis Scheck ein Plädoyer für die Gattung der Erzählung, die verdichte und funktioniere "wie Kammermusik". Ihre Geschichten "Tiere für Fortgeschrittene" (btb) entstanden nach der Lektüre von skurrilen Zeitungsmeldungen über Tiere, an denen man sofort das Paradigmatische erkenne. Ihre künstlerische Arbeit beschrieb sie selbst als Reibungsfläche, die unter der Voraussetzung von Freiheit und Unvernunft entstehe, auch jenseits aktueller gesellschaftlicher Debatten wie Cancel Culture oder Gender-Sprache.
Was literarisches Schreiben für sie bedeutet, berichteten zum Abschluss des Festivals Helga Schubert und Bernhard Schlink unter der Moderation von Patricia Schlesinger. Helga Schubert erklärte, dass sie Geschichten immer formal unter Kontrolle haben müsse. Zwischen erstem und letztem Satz zählten vor allem die unerwarteten Wendungen und Kipppunkte. Ihr Antrieb sei es, Lebensgeschichte in Literatur zu verwandeln. Bernhard Schlink erlebt das Schreiben eher als Flucht, mit der er sich in eine andere Welt bewege. Schreibend möchte er dem Erlebten eine neue Gestalt geben, "nicht nur 'ein' Leben leben".
Auch für Kinder und Schulklassen bot LIT:potsdam wieder ein besonderes Programm, darunter den "Kindertag" im Treffpunkt Freizeit. Stars der Szene stellten im Austausch mit dem Publikum ihre jüngsten Bücher vor: Rüdiger Bertram seinen Comic über Schulwahnsinn und Alltagsidiotie "Coolman und ich" (Oetinger), Alice Pantermüller, berühmt durch die Bestseller-Kultreihe "Lotta-Leben", ihr neues Buch "Je Otter, desto flotter" (Arena). Der Illustrator Jens Rassmus präsentierte sein jüngstes Werk "Juhu, LetzteR!: Die neue Olympiade der Tiere" (G&G Verlag) und Simak Büchel brachte eine Piratengeschichte aus der Reihe "Melele Pamu" (DIX Verlag) mit.