Harbour Front Literaturfestival

Lisa Eckhart sagt jetzt selber ab

10. August 2020
Redaktion Börsenblatt

Nun also doch nicht: Lisa Eckhart und der Zsolnay Verlag haben eine Teilnahme am "Debütantensalon" des Harbour Front Literaturfestivals nach der Aus- und Wiedereinladung der Kabarettistin definitiv abgelehnt. Das teilte die Festivalleitung am Montagnachmittag mit. Ein neuer Veranstaltungsort wird trotzdem gesucht.

"Zu unserem größten Bedauern haben Lisa Eckhart und ihr Verlag die Teilnahme der Autorin am diesjährigen Debütantensalon heute abgesagt": Das teilte das Harbour Front Literaturfestival am Montagnachmittag (10. August 2020) mit. Außerdem informierte das Festival darüber, dass nun für alle Lesungen des Debütantensalons ein neuer Veranstaltungsort gesucht werde. Der Grund dafür ist offenbar ein Konflikt hinter den Kulissen: Festivalleitung und der bisherige Veranstaltungspartner "Nochtspeicher" bewerten das Gefährdungspotenzial durch mögliche Protestaktionen gegen den Auftritt der umstrittenen Künstlerin unterschiedlich.

Festival unterscheidet "sehr wohl zwischen Drohungen und Warnungen"

Die Kabarettistin sollte aus ihrem Debütroman "Omama" (Zsolnay) lesen. Das Festival sagte den geplanten Auftritt jedoch in der vergangenen Woche ab, als der "Nochtspeicher" Sicherheitsbedenken äußerte. Befürchtet wurden Protestaktionen der linken Hamburger Szene. Im Nachhinein stellten die Betreiber des „Nochtspeichers“ dann klar, dass es keine konkreten Drohungen gegen Eckharts Auftritt gegeben habe – sondern lediglich Warnungen aus der Nachbarschaft (mehr zu den Hintergründen lesen Sie hier).

Der "Nochtspeicher" habe auf Nachfrage des Festivals mitgeteilt, dass man hinsichtlich der Einschätzung zu erwartender Gewalttätigkeiten nicht zwischen Warnungen und Drohungen unterscheide und deshalb bei der Absage einer Veranstaltung mit Lisa Eckhart bleibe, teilt die Festivalleitung nun mit - und macht deutlich: "Das Harbour Front Literaturfestival hingegen unterscheidet, was die Gründe für die Ausladung einer Autorin angeht, sehr wohl zwischen Drohungen und Warnungen."

Daher habe man entschieden, alle vier Veranstaltungen mit allen acht Autor*innen und damit den gesamten "Debütantensalon" 2020 räumlich zu verlegen. Über eine geeignete Location führt das Festival derzeit Gespräche. Die ausgesprochene Wiedereinladung zur Lesung "in der gewohnten Form, aber an anderem Ort" wollte Lisa Eckhart trotzdem nicht annehmen. Auch nicht in einer digitalen Variante, die ebenfalls zur Diskussion stand.

Causa Eckhart: "Allein Sicherheitsfragen im Mittelpunkt"

Abschließend betont die Festivalleitung, "dass bei all unseren Überlegungen und Entscheidungen in der Causa Eckhart allein Sicherheitsfragen und die Durchführung eines fairen Debütanten-Wettbewerbs im Mittelpunkt standen und dass uns weder politische Motive, noch irgendwelche Kritik an der Arbeit der Künstlerin beeinflusst oder gar geleitet haben. Wir bedauern ausdrücklich, dass es nun zu keinem Auftritt von Lisa Eckhart im Rahmen des Debütantensalons kommen wird.“

Offener Brief des PEN: "Es gibt vielfältige Formen von Zensur"

Also: Alle offenen Fragen geklärt? Nicht ganz. Denn die grundsätzliche Dimension der aufgeregten Debatte zeigt das PEN-Zentrum Deutschland in einem Offenen Brief auf, der ebenfalls heute veröffentlicht wurde - noch vor der endgültigen Absage der Autorin. PEN-Präsidentin Regula Venske äußert sich darin "bestürzt" über die Ausladung und schreibt: "Es gibt vielfältige Formen von Zensur". Eine moderne sei die durch "Volksabstimmung" im Internet. Den Brief im Wortlaut und weitere Hintergründe zur "Causa Eckhart" lesen Sie hier und hier.