Harbour Front Literaturfestival

Aufregung wegen Ausladung einer Autorin

7. August 2020
Redaktion Börsenblatt

Jetzt schaltet sich auch Hamburgs Kultursenator ein: Dass die Kabarettistin und Autorin Lisa Eckhart beim Harbour Front Literaturfestival nicht auftreten darf, sorgt für Empörung, Autoren solidarisieren sich mit der Künstlerin.

Agressive Atmosphäre

Was ist passiert? Auftreten sollen hätte Lisa Eckhart im "Nochtspeicher", einem historischen Speicher in der Bernhard-Nocht-Straße, in der es Veranstaltungen gibt: Live-Musik, Comedy, Literarisches, Poetry-Slam Reggae, Ska, Country.  Er liegt in St. Pauli, zwischen Reeperbahn und Landungsbrücken, und auch wenn sich die Betreiber als "vehemente Gegner der 'Cancel Culture' " bezeichnen, haben sie Angst, dass die Veranstaltung gesprengt werden wird, mit Sach- und Personenschaden. In einer Mitteilung, die in den Medien veröffentlicht wurde, geben sie bekannt, dass sie gehört haben, dass sich ein Protest gegen Eckarts Auftritt formiere und es ein gestiegenes Aggressionspotenzial gebe. 

Anlass dafür ist, dass Eckart mit einer Kunstfigur die Frage gestellt hat, "was wir tun, wenn die Unantastbaren beginnen, andere anzutasten". In einem Auftritt in der WDR-Sendung "Mitternachtsspitzen" 2018 hat sie gefragt, ob die Metoo-Bewegung nicht antisemitisch sei, da Harvey Weinstein, Woody Allen und Roman Polanski Juden seien. Der WDR hatte den Beitrag noch einmal auf Facebook geteilt.

Kein Raum für Eckhart

Dass der Veranstaltungsort nicht zur Verfügung stehen sollte, brachte das Harbour Front Literaturfestival in Bedrängnis. "Wir hatten kein Problem damit, eine Veranstaltung mit Frau Eckhart zu machen, und haben es auch heute nicht", wird Nikolaus Hansen als Festivalleiter in der "Welt" zitiert. Von sich aus absagen wollte Lisa Eckhart nicht, weshalb das Festival den Termin gecancelt hat.

Solidarisierung für die Autorin

Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda will nun mit den Veranstaltern reden. Dass auf Veranstalter durch Gewaltandrohung Einfluss genommen werde, sei inakzeptabel. Kabarettist Dieter Nuhr schrieb auf Facebook: "Der Protestmob auf der Straße entscheidet also darüber, wer hier bei uns seine Kunst ausüben darf", Autor Peter Matthews kritisierte die "Herrschaft Weniger über Orte und Worte, es geht offenbar um die Deutungsmacht, was diese Leute meinen, in der Stadt gesagt werden darf" und rief in einem Offenen Brief zur Solidarisierung mit Eckart auf, "in der Hoffnung, dass der Diskurs, der Wettbewerb, das freie Wort über die Plochokratie siegt". Weitere Kollegen äußerten sich ähnlich.

Unabhängig vom Harbour Front Literaturfestival wird Lisa Eckhart am 3. September im Hamburger Literaturhaus aus ihrem ersten Roman "Omama" lesen, der am 17. August bei Zsolnay erscheint, als Hörbuch bei Lübbe Audio. Die Story: Oma Helga erzählt ihrer Enkelin auf einer Kreuzfahrt von ihrem wilden Leben, zum Beispiel davon, wie sie 1945 mit ihrer schönen Schwester um die Gunst der Besatzer buhlte. Eckhart schreibt witzig, ironisch, oft drastisch, derb und anzüglich, wie man es von ihren Bühnenprogrammen kennt. Ein großer Spaß – wenn man Eckharts Humor teilt. »Allein die Reaktionen auf die Ankündigung von Lisa Eckharts Roman lange vor Corona machten deutlich, auf welch enorme Aufmerksamkeit dieses Buch stoßen wird«, freut sich Zsolnay-Verlagsleiter Herbert Ohrlinger.