Die rotbestrumpften Füße waren mehr als ein halbes Jahrhundert sein unverkennbares Markenzeichen. Und ein Wort, das er erfunden hat und in Lektoratskreisen längst zum Repertoire (ob genutzt oder nicht) gehört: die sogenannte Herzklausel. "Wenn wir uns in der Lektoratsrunde nicht einigen können und ein Lektor sagt, das Buch sei für ihn eine absolute Herzensangelegenheit, dann gilt das Manuskript als angenommen, Rechtsmittel sind unzulässig", erklärte Wagenbach die Besonderheit. Bei den sorgfältig edierten Bänden von Giorgio Vasaris Künstlerviten etwa "bin ich sofort in die Runde gestürmt und habe ›Herzklausel!!!‹ gerufen" - dieses ungezügelte Temperament, diese Leidenschaft für Bücher machte den großen Verleger aus. Und den Buchhändlerliebling, der die Quarthefte, den "Fintentisch", die schmalen Salto!-Bände im typischen Wagenbach-roten Leinen und die kleine "Zwiebel" mit den jährlichen Neuerscheinungen erfunden hat.
Geboren am 11. Juli 1930 in Berlin als zweiter Sohn des Sekretärs des Bundes deutscher Bodenreformer, war Klaus Wagenbach in der katholischen Josefsiedlung in Tegel aufgewachsen. Als die Bodenreformer 1933 mit der nazistischen Siedlungsbewegung zwangsfusionieren mussten, wurde sein Vater Joseph entlassen. "Meine Mutter wollte, dass er wegen des Arbeitsplatzes in die Partei eintrat, aber das lehnte er ab. Es war nicht so, dass man gar nicht anders konnte. Ich selbst bin auch nicht zur HJ gegangen", erinnerte sich Wagenbach in einem unserer Gespräche. Sein Großvater hatte über der Haustür die Inschrift "Et si omnes ego non" (Und wenn alle – ich nicht) anbringen lassen. Nie gegen seine Überzeugungen – da wurde klar, von wem Klaus Wagenbach seine Beharrlichkeit hat.
Als das Zuhause 1943 zerbombt wurde, landete er in Hundsangen bei Limburg, lernte, wie man Kühe melkt, kümmerte sich um Kaninchen, die späteren Symboltiere des Verlags. Gegen Kriegsende zog die Familie in eine Bretterbude in Lich. Der Großvater hörte ungeniert BBC: "Glenn Miller fand ich toll und wartete seitdem darauf, dass die Amerikaner kommen." Nach Kriegsende ging der 14-Jährige in die Webersche Hofapotheke in Lich und fragte, ob er nicht hier arbeiten könne. "Wir haben Digitalis im Wald gesammelt, um Arznei herzustellen."