Juergen Seuss führte selbst einen eigenen, kleinen Verlag, den BrennGlas Verlag: Dort verlegte er unter anderem "Das Tagebuch eines Laien" (von Wieland Herzfelde) oder "Vom Ornament zur Linie, ein Buch über den frühen Insel-Verlag". Er hat Gedichte geschrieben, Texte über Buchästhetik verfasst, er hat fotografiert ("London Scene", 1969, "Beat in Liverpool", 1965). Es gab Kontakte und gibt Briefwechsel unter anderem mit Hans Joachim Schädlich, Peter Rühmkorf (einige Briefe bei Kalliope), Peter Härtling, Jochen Gelberg, Werner Mittenzwei.
Von 1985 bis 2000 war Juergen Seuss Professur für Buchkunst an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, dort lernte er seine spätere Frau Nanna kennen. Das Buch "Eine Milchstraße von Einfällen. Juergen Seuss und die Deutsche Buchkunst der zweiten Jahrhunderthälfte" (Faber & Faber) erzählt über seine gestalterischen Arbeiten und sein Leben. Darin äußert er sich über seine Arbeit und auch über die gesellschaftlichen Zustände. Zudem kommen Schriftsteller und Künstler über ihn zu Wort.
"Seine Begeisterungsfähigkeit für das Buch und seine gestalterische Kraft, mit der er das ganze Buch von innen nach außen durchgestaltet hat, zeichnen ihn aus sowie sein Engagement, bezahlbare Literatur von guter Qualität – und dies schloss seine Arbeit als Hersteller in der Auswahl der Materialen unbedingt mit ein – zu produzieren", würdigt Nanna Seuss ihren verstorbenen Mann.
Als er 1964 einen denunzierenden Bericht über die englische Jugend in Liverpool im Deutschen Fernsehen angeschaut hatte, entwickelte er spontan die Idee, "man müsse mit einer auf Authentizität berufenden Buchveröffentlichung darauf reagieren und den Unsinn des Fernsehens klarstellen" – so entstand relativ schnell das Buch "Beat in Liverpool", das 1965 bei der Europäischen Verlagsanstalt in Frankfurt am Main erschien und parallel dazu, als Lizenzausgabe, in der Büchergilde Gutenberg. "Es war die erste deutsche Veröffentlichung in Buchform über das Phänomen einer neuen Jugendkultur, es wurde schnell populär und erlangte einen Grad von Berühmtheit, der uns überraschte, der aber auch die Erkenntnis vermittelte, dass das Phänomen nicht allein ein insulares war", erklärte Juergen Seuss später rückblickend. Der Mersey-Beat habe weltweit Kunde von unverträglichen sozialen Verhältnissen in den sich 'modern und fortschrittlich' nennenden Gesellschaften gegeben. "Das Buch wurde 1965 auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt, die Protagonisten des Bandes, die Mitglieder der Gruppe der 'Claxton Squares' hatten wir nach Frankfurt eingeladen und ließen sie in der Messehalle spielen, in der Stadt, auf Plätzen und in städtischen Sälen: der Erfolg war sensationell, der Mersey-Sound der originalen Liverpooler Jungens verzauberte Frankfurt und darüberhinaus die Rundfunkanstalten." Zudem war das Buch in anderer Hinsicht für ihn bedeutsam: Er hätte wie bei keinem anderen Buch zuvor die feste Überzeugung gewonnen, "dass es mir gelungen war, dem Inhalt eine adäquate Form gegeben zu haben."Form war für Juergen Seuss nicht nur eine Hülse, sondern auch ein reizvolles Mittel, um Inhalt darzustellen, so Nanna Seuss. Sicherlich habe er Anteil an der Gestalt der bundesdeutschen Buchkultur in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehabt.
Zudem sei er ein manischer Büchersammler gewesen. Ein wunderbares Interview von Deutschlandfunk Kultur aus dem Jahr 2014 mit Juergen Seuss, ist hier nachzulesen. Darin sagte Seuss unter anderem: "Ich bin einmal Leser, intensiv und ganz begierig, um zu erfahren, was andere zu bestimmten Dingen erzählen und mitteilen. Dahinter verbirgt sich aber die Sehnsucht nach Wahrheit, auf Deutsch gesagt, nach Erkenntnis. Das ist eine ganz andere Geschichte, als in der S-Bahn ein Buch zu lesen." Vor allem bewegte ihn die Frage, wie der "Scheiß-Faschismus" zustande gekommen ist.