Nachruf auf Bernd Spamer

Ich bin mal Lachs kaufen!

6. Juli 2020
von Börsenblatt

Am 25. Juni ist Bernd Spamer. langjähriger Mitarbeiter bei Westend, verstorben. Ein Nachruf von Westend-Verleger Markus Karsten.

Ich weiß, es klingt unglaubwürdig oder süßlich kitschig, jemanden, der nicht mehr da ist, mit endlos vielen positiven Attributen zu belegen. Anders geht es aber bei Bernd Spamer nicht und alle, die ihn kannten, werden das kurzerhand bestätigen. Schlechte Laune vor sich hertragend? Gab es bei ihm nicht. Kurzangebundensein auch nicht, nachtragend schon gar nicht. Es war einfach so, Bernd hatte ein mehr als sonniges Gemüt, nie ging er einem mit persönlichen Animositäten und Misslichkeiten auf die Nerven. Im Gegenteil, er verströmte eigentlich laufend ein wunderbares Wir-Gefühl, in dem sich jeder sehr wohlfühlte, einerlei ob es die Kollegen, die Freunde oder zufällige Bekanntschaften betraf. Und was durchaus bei anderen oberflächlich sein konnte oder einem auf dem Keks geht, hatte bei Bernd immer eine gewisse Tiefe und persönliche Färbung. Herrlich ärgern konnte man ihn, wenn seine Eintracht verloren hatte oder sich in einer dauernden Kleinkrise befand. Das nahm er ernst, klar, nahm er das ernst, trotzte aber diesen Neckereien mit einer Mischung aus Belustigung und Vereinstreue.

Es muss vor gut zwanzig Jahren gewesen sein, er noch bei Eichborn, ich bei Campus, dass wir gemeinsam mit Anya Schutzbach, seinerzeit bei Suhrkamp, in Frankfurt den Werbeleiterkreis eröffneten und uns infolge regelmäßig mit den Kolleginnen und Kollegen anderer Frankfurter Verlage zum Austausch trafen. Später regten wir ein gemeinsames Treffen mit allen Werbeleiterinnen und Werbeleitern deutschsprachiger Verlage am Vorabend der Frankfurter Buchmesse an. Eine Art Ritual entstand, dessen Stattfinden und Durchführung er sich bis zuletzt Jahr für Jahr widmete. So etwas gefiel ihm, seine Geselligkeit war grenzenlos, ganz sympathisch grenzenlos. Überhaupt Rituale: Bernd liebte regelmäßige Anlässe, große, wie kleine, die regelmäßigen Verlagsessen mit Autoren genauso, wie seine jährlich wiederkehrenden fixen Termine auf der Buchmesse: vom eröffnenden Bier nach Standaufbau am Messedienstag, bis zu seinem immer gleichen letzten Termin am Messesonntagnachmittag mit Michi Schnepf.

Im Spätsommer 2012 stieß er zu Westend. Dort hatte er es allerdings plötzlich mit Herstellung und Veranstaltungen zu tun. Aber, wenn Bernd für etwas brannte, dann brannte er, und zwar richtig. Aus dieser Zeit stammt auch das bei uns geflügelte Wort über das Lachskaufen. Sein Meisterstück schmiedete er zum Jahreswechsel 2014 und 2015. Anfang Dezember 2014 veröffentlichte der US-Senat den sogenannten CIA-Folterreport, ein bald tausend Seiten starker Bericht. Wir entschieden uns damals kurzfristig, jenen ins Deutsche zu übersetzen. So verteilte also Bernd dieses Konvolut auf etliche Übersetzer, koordinierte Lektorat, Satz und Korrektorat, kollationierte bis zum Umfallen und hatte das Ding tatsächlich Anfang 2015 druckfertig. Dass der Folterreport bereits in der dritten Januarwoche erschien, kaum sechs Wochen nach Veröffentlichung des Originals, ist in erster Linie Bernd zu verdanken, denn recht eigentlich verbrachte er den kompletten Jahreswechsel tags wie nachts an seinem Schreibtisch. Der Report fand schließlich in einer aktuellen Stunde des Bundestages Erwähnung. Bernd freute das, in den Vordergrund stellte er sich aber nie.

Diese Zeilen zu schreiben fallen nicht leicht. Bernd war ein sehr guter Freund, auch wenn wir uns manchmal gar nicht großartig austauschten, was nicht nötig war, denn wir verstanden uns meistens still, was jedes Mal sehr schön zu erleben war.

Nun bist du, lieber Bernd, für immer Lachs kaufen. Wir vermissen dich.

 

Markus J. Karsten ist Verleger bei Westend.