Der letzte Sprachpapst
Nach dem Tod des Journalisten Wolf Schneider gab es zahlreiche Würdigungen. Ein Blick auf die Nachrufe.
Nach dem Tod des Journalisten Wolf Schneider gab es zahlreiche Würdigungen. Ein Blick auf die Nachrufe.
"Wolf Schneider war – neben vielem anderen – der letzte Sprachpapst. Auf ihn beriefen sich Journalisten, die persönlich bei ihm gelernt hatten, und Liebhaber des Deutschen, die seine Sprachratgeber gelesen hatten, und dann galt es als wahr", schreibt Matthias Heine in der "Welt". Eine solche Entscheidungsgewalt werde heute allenfalls noch einer anonymen Instanz wie dem Duden zugestanden – und der sei gerade dabei, sie zu verspielen. "Schneiders Tod erinnert nun daran, dass die Zeit, in der Menschen noch in quasireligiöser Weise Wert darauf legten, „gutes Deutsch“ zu schreiben, endgültig vorbei ist", so Heine.
"Das Herrische war ihm nicht fremd, und genau deshalb konnte er sehr gut erläutern, wie die Sprache als Machtinstrument, als Verschleierungswerkzeug und als Verdummungsmedium funktioniert", schreibt Claudius Seidl in der "FAZ". Womöglich sei noch besser als Schneiders Unterricht die Lektüre seiner Bücher, in denen er versuchte, sein Publikum für klares, gutes, schließlich auch schönes Deutsch zu begeistern, so Seidl.
"Wolf Schneider, er war ein gern attackierender Wörtersezierer, der jedwede Gnade etwa gegenüber später Intelligenz oder verträumter Berufsauffassung nicht vor Recht ergehen ließ", so Peter Matthias Gaede im "Stern". "Umgekehrt: Recht sei ihm immer vor Gnade gegangen, "das Lebensrecht der Grammatik, der präzisen Formulierung, des eindeutigen Gedankens". Er habe es gegen "Labbrigkeiten aller Art" so verbissen verteidigt, als sei er im Krieg.
Wolf Schneider wurde 1925 in Erfurt geboren und ist in Berlin aufgewachsen. Er arbeitete nach dem Krieg zunächst für die Münchner Zeitung „Neue Presse“. Später war er Korrespondent der Nachrichtenagentur AP und schrieb für die „Süddeutsche Zeitung“. Er wurde Verlagsleiter des „Stern“, dann Chefredakteur der „Welt“. Auch als Moderator der „NDR Talk Show“ ist Schneider vielen bekannt. Nicht zuletzt seine zahlreichen Bücher (u.a. „Deutsch für Profis“ und das „Handbuch des Journalismus“) haben zu seiner Prominenz beigetragen. Viele Jahre leitete Wolf Schneider die Henri-Nannen-Schule in Hamburg.