Tagung des Netzwerks Lyrik

Debatten um die Übertragung von Gedichten

14. Oktober 2021
Redaktion Börsenblatt

Vom 5. bis 7. November findet die Tagung des Netzwerks Lyrik mit öffentlicher Konferenz im Literaturhaus Halle statt. Es geht um die Übersetzung von Poesie. Thematisiert wird etwa die Debatte um die Übertragung von Amanda Gormans Gedicht "The Hill We Climb". 

Die öffentliche Konferenz geht an drei Tagen Fragen der Poesieübersetzung nach, kündigen die Veranstalter an. Denn die Unübersetzbarkeit von Gedichten sei immer wieder behauptet und beklagt worden und immer wieder wurde übersetzt; zu unser aller Glück. Übersetzer von Gedichten stünden vor besonderen Entscheidungen: Übertrage ich primär die musikalischen Elemente des Gedichts, seine Klang- und Rhythmusstruktur, oder Vers und Reim zu Lasten dessen, wovon das Gedicht spricht oder umgekehrt?

"Kaum vorhandene Sichtbarkeit für Lyrik-Übersetzer"

Bei der Eröffnung am 5. November werden die Essayistin und Übersetzerin Theresia Prammer und der Dichter Mirko Bonné in Statements verschiedene Herangehensweisen, Lyrik zu übersetzen, zur Debatte stellen.

Übersetzungen von Poesie seien sehr persönliche, intime, ästhetische wie politische Auseinandersetzungen mit Sprache als Haltung und spannend wie ein Krimi. Aber wie lassen sich Poesieübersetzungen letztlich bewerten? Dass die Übertragung von Lyrik als Königsdisziplin gesehen werde, stehe in krassem Missverhältnis zur kaum vorhandenen Sichtbarkeit dieser heterogenen Gruppe von Einzelkämpfern. Umso wichtiger sei diese Form der Lyrikkonferenz, als ein erster wichtiger Schritt, die weltweit verstreuten Übersetzer:nnen von Dichtung aus dem Schatten treten zu lassen: "Es sind Tage eines  Erfahrungsaustausches, an dem Publikum teilhaben kann", laden die Veranstalter ein.

Das Publikum werde auch einbezogen: So könne es in einem kollektiven Versuch einen Dreizeiler von Ágnes Nemes Nagy, der "ungarischen Ingeborg Bachmann", über Telegraphenmaste zu übersetzen.

Identitäten und Deutungsmacht

Eine weitere Frage laute: Auf dem Weg zu "Sensitivity Translating" oder  "Cancel-(un)culture"? Um Übersetzungen sei lange nicht mehr so heftig gestritten worden wie bei den Debatten um Amanda Gormans Gedicht "The Hill We Climb"

Die Auseinandersetzung habe sich dabei längst gelöst von der Frage nach der Stimmigkeit der Übertragung. Übersetzungsfragen werden in die Diskussion um Identitäten, Deutungsmacht und Partizipationsmöglichkeiten unterrepräsentierter Gruppen gestellt.

Die Abschlussdebatte der Konferenz mache in dieser Hinsicht einen neuen Anlauf, wenn die Dichterin Kerstin Preiwuß, die Lektorin Katharina Raabe, die afro-deutsche Autorin und Literaturwissenschaftlerin Marion Kraft und der Dichter und Übersetzer Steffen Popp Sensibilitäten nachgehen, die ihre Arbeit mental, politisch oder ideologisch begleiten.

Die Tagung wird kuratiert von Aurelie Maurin und Ernest Wichner.

Praktische Infos zur Tagung

Die Veranstaltungen im Literaturhaus Halle/Saale sind öffentlich, der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist erforderlich. Nähere Informationen auf den Webseiten www.literaturhaus-halle.de, www.netzwerk-lyrik.org www.toledo-programm.de

Das Programm wird außerdem live auf dem YouTube-Kanal von Netzwerk Lyrik gestreamt und bleibt dort auch nach der Tagung abrufbar.

Ein Projekt von Netzwerk Lyrik e.V. in Kooperation mit TOLEDO und dem Literaturhaus Halle an der Saale.  Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien/Neustart Kultur, dem Deutschen Übersetzerfonds und der Vertretung der Regierung von Québec in Deutschland.

Weitere Informationen zum Netzwerk Lyrik  www.netzwerk-lyrik.org

Informationen zu TOLEDO www.toledo-programm.de