Oft denke man bei dem Wort "Helden" an diejenigen, die als Helden missbraucht wurden, meint Roesler-Graichen: Wie ist die Schriftstellerin, die derzeit Stadtschreiberin von Bergen ist und noch bis August 2021 im Stadtschreiberhaus des Frankfurter Stadtteils wohnt, auf das Wort Heldinnenepos gekommen? "Das Wort Held wird von mir erst in der weiblichen Form wieder verwendbar", erklärt Weber. "Wenn ich einen – sagen wir mal – Marcel kennengelernt hätte, hätte ich es bestimmt nicht 'Marcel, ein Heldenepos' genannt. Mich hat der Kontrast zwischen der kleinen zerbrechlichen alten Frau und dem kriegerischen Begriff des Helden gereizt."
Ob Andreas Rötzer Angst gehabt habe, dass die alte Form des Epos heute vielleicht zu wenige Käufer finden werde, möchte Roesler-Graichen wissen. "Mir war klar, dass es ein herausragendes Werk ist – die Frage nach der Verkäuflichkeit stellt man sich bei diesen Büchern gar nicht", sagt der Verleger. "Und schwierige Form? Nein, nach ein, zwei Seiten gerät man in einen Rhythmus, der verführt, auch Binnenreime tragen zu dem Rhythmus bei, und der Inhalt dringt durch die Form viel tiefer in den Leser ein." Das vielfach Gebrochene mache das Epos so faszinierend, "ein Buch, das auf jeder Seite einen originellen Gedanken hat und so dicht vorgetragen ist: Das ist rar." Was, denkt Anne Weber, könnte sie durch den Roman beeinflussen? "Meine Aufgabe ist nicht, über die Wirkung groß nachzudenken. Ich bleibe beim Schreiben in meinen Gedanken, in meinem Eindenken und Einfühlen in die Figur Annette – was es in jedem dann auslöst, das müssen Sie den Leser fragen."