Krimifestival

Crime Cologne vor dem Aus

20. September 2022
Redaktion Börsenblatt

Am 25. September startet die nächste Ausgabe der „Crime Cologne“, doch der aktuelle Haushaltsplanentwurf der Stadt Köln sieht eine komplette Streichung der Fördermittel für das Festival ab nächstem Jahr vor. Wird dies die letzte Crime Cologne aller Zeiten sein? Festivalleiter Hejo Emons und Achim Mantscheff nehmen Stellung – und haben sich Unterstützung in Form von Testimonials aus der Branche geholt. Update: Statement der Stadt Köln. 

Vom 25. September bis zum 4. Oktober findet nach zwei pandemiebedingten Ausfällen endlich wieder das internationale Krimifestival „Crime Cologne“ statt. Erwarten werden zahlreiche Bestsellerautor:innen. Doch so richtig können sich die Verantwortlichen nicht freuen, denn der aktuelle Haushaltsplanentwurf 2023/24 der Stadt sieht eine komplette Streichung der Fördermittel für das Festival vor.

„Die Situation ist absurd“, so Festivalleiter Hejo Emons. „Noch während die Künstlerinnen und Künstler auf der Bühne stehen, will uns die Stadt Köln das Licht ausdrehen.“

Am 30. September, mitten in der Festivalwoche, tagt der Finanzausschuss. „Erfolgt dort keine Korrektur durch die für den Haushalt verantwortlichen Ratsfraktionen mehr, wird dann das Aus für ein Festival beschlossen, das sich in den letzten zehn Jahren zu einem der größten Krimifestivals im deutschsprachigen Raum entwickelt hat und von dem Oberbürgermeisterin Henriette Reker noch 2019 sagte, dass es aus der Kölner Kulturlandschaft nicht mehr wegzudenken sei“, heißt es in der Pressemitteilung weiter.

  • Update, 20. September, 17.30 Uhr: In einem Statement formuliert die Stadt Köln auf Anfrage von Börsenblatt online: "Mit Nachdruck setzen sich die Wirtschaftsförderung und die Kulturverwaltung im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatungen für eine weitere Förderung der Crime Cologne ein."

Noch während die Künstlerinnen und Künstler auf der Bühne stehen, will uns die Stadt Köln das Licht ausdrehen

Hejo Emons

Auch Achim Mantscheff, Vorstand des gemeinnützigen Crime Cologne e.V., wundert sich über das Verhalten der Verantwortlichen.

„In dieses Festival ist in den letzten Jahren ein Vielfaches der öffentlichen Förderung durch persönliches Engagement geflossen – längst nicht nur auf der finanziellen Ebene. Und beileibe nicht nur durch den Crime Cologne e.V. Das Festival ist zu einem Netzwerk vor allem der Kölner Verlags-, Buchhandels- und Medienlandschaft geworden“, so Matscheff. „Viele Hände und Köpfe haben es zu dem gemacht, was es heute ist. Dass uns die Förderung nun gestrichen werden soll, ohne dass im Vorfeld auch nur ein einziges Gespräch seitens der Verwaltung und verantwortlichen Politiker mit uns geführt worden wäre, ist für den Kulturstandort Köln schlicht beschämend.“

Die Festivalverantwortlichen erfuhren nur durch die Lektüre des Haushaltsentwurfs über den Ausfall der Förderung und wurden nicht anderweitig informiert.

Die "Crime Cologne" wurde seit ihrer Gründung auf Basis von Beschlüssen des Wirtschaftsausschusses durch das Amt für Wirtschaftsförderung und in den Jahren 2020 und 2021 durch die KölnBusiness Wirtschaftsförderungs GmbH unterstützt. Im laufenden Jahr übernahm erstmals das Kulturamt die Förderung. „Nun steht das Festival vor dem Aus“, so die Festivalverantwortlichen in der Pressemitteilung.

Die Fördersumme von 25.000 Euro pro Jahr sei ohnehin niemals kostendeckend gewesen, erklärt Mantscheff weiter. Allein 3.000 Euro davon seien nicht in die Veranstaltungen selbst, sondern in den Crime Cologne Award als Preisgeld geflossen. „Ein Preis übrigens, den wir auf expliziten Wunsch der Stadt Köln ins Leben gerufen haben und der dann ohne Festival ebenfalls in eine ungewisse Zukunft blickt“, so Mantscheff.

Das ist ein Schlag ins Gesicht der Veranstaltungs- und Kulturbranche, die wie keine andere unter der Corona-Situation gelitten hat

Achim Mantscheff

Die Stadt habe als Kultur- und Wirtschaftsstandort über alle Jahre vom Festival profitiert. Autor:innen, Moderator:innen und Sprecher:innen seien unmittelbar von den Auftritten abhängig und die zahlreichen Kooperationspartner, Locations, Techniker:innen, Buchhändler:innen und Verlage würden verlieren, wenn es das Festival  nicht mehr geben sollte.

„Das ist ein Schlag ins Gesicht der Veranstaltungs- und Kulturbranche, die wie keine andere unter der Corona-Situation gelitten hat“, findet Achim Mantscheff.

Bei einer Sache sind sich die Macher des Festivals einig: Sollte der Finanzausschuss das Förderaus tatsächlich beschließen, wird ab dem 25. September die letzte „Crime Cologne“ stattfinden. Und dann verliere vor allem die Stadt Köln.
 

Für die Unterstützung hat sich das Krimi-Festival eine Reihe von Testimonals an Board geholt, die sich für den Erhalt des Festivals aussprechen:

Kerstin Gleba, Verlegerin von Kiepenheuer & Witsch

Von Beginn an war die "Crime Cologne" eine wichtige Bühne für unsere Krimi-Autoren und -Autorinnen. In den 10 Jahren ihres Bestehens waren wir mit 15 Veranstaltungen mit von der Partie, auch im letzten Jahr, als das Festival kleiner und im digitalen Raum stattfinden musste. Kriminalliteratur ist ein wichtiges Genre: Sie erfreut sich großer Beliebtheit bei einem breiten Publikum und verhandelt oft gesellschaftlich relevante Themen. Die "Crime Cologne" eröffnet vielen Leser:innen den Zugang zu den Büchern und Autor:innen. Sie schließt eine Lücke in der Präsentation von Literatur in Köln, denn gerade Lesungen zu Krimiliteratur finden vor allem auf Festivals statt.

Simon Decot, Vorstand Programm der Bastei Lübbe AG

Wir wünschen uns für die "Crime Cologne" jedwede Unterstützung, ein so etabliertes und vom Publikum äußerst geschätztes Veranstaltungsformat darf nicht verschwinden. Das Lesen an sich muss gefördert werden, in allen Altersstufen, in vielen Genres. Jede und jeder sollte auch die Möglichkeit erhalten, Autorinnen und Autoren live erleben zu dürfen, um die Leidenschaft für Bücher zu fördern oder zu entfachen. Welche Rolle das Lesen oder Hören von Büchern einnimmt, haben die letzten Monate wohl deutlich gezeigt, die Bedeutung des Kulturgutes Buch darf in ihrem unschätzbaren Wert für unsere Gesellschaft nicht in Frage gestellt werden. Dazu gehört selbstverständlich auch der Erhalt der Lesefestivals.

Sabine Cramer, Verlegerische Geschäftsführerin DuMont Buchverlag GmbH & Co KG

Die "Crime Cologne" hat sich für uns zu einem wichtigen Festival entwickelt: Sie bringt nicht nur unsere Bücher und Autoren einem wachsenden interessierten Publikum näher, sie ist auch aktive Buchhandels- und Leseförderung. Viele der Veranstaltungsorte sind mittelständische Buchhandlungen, deren Fortbestehen für uns als Verlag von höchster Bedeutung ist. Die "Crime Cologne" ist über die Grenzen Kölns hinaus mittlerweile eine Marke mit Strahlkraft – für die Stadt, die lesenden Autoren und das Bücherlesen im Allgemeinen.

Friedrich Ani, Suhrkamp-Autor und siebenfacher Träger des Deutschen Krimi Preises

Der Verleger Hejo Emons machte Köln zur Hauptstadt der Kriminalliteratur. Er war es auch, der das Festival "Crime Cologne" ins Leben rief, einen Konvent internationaler Stars und Newcomer der Kriminalliteratur. Nach zehn Jahren gehört die "Crime Cologne" zum unverzichtbaren Bestandteil der städtischen Kulturszene. Diese Tradition gilt es, unbedingt zu erhalten und im Namen der riesigen Krimigemeinde mit Hingabe weiterhin zu fördern und zu befeuern.

Bettina Fischer, Joachim Geil und Gerrit Völker für den Verein Literaturszene Köln e.V.

Der "Crime Cologne" ist es in den zehn Jahren ihres Bestehens gelungen, eines der wichtigen Krimifestivals im deutschsprachigen Raum zu werden. Über Kölns Grenzen hinaus, wirbt es nicht nur für dieses bei Leserinnen und Lesern sehr beliebte Literaturgenre, sondern auch für unsere Stadt. Als Vorstand des Vereins Literaturszene Köln bitten wir dringend um eine maßgebliche künftige Unterstützung des Festivals, damit dieses bei Krimifans und Schreibenden gleichermaßen beliebte Festival eine Zukunft hat.