Anne Weber tritt an
Die Autorin und Übersetzerin Anne Weber wird als 47. Amtsinhaberin die neue Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim in Frankfurt am Main. Sie ist Nachfolgerin von Anja Kampmann.
Die Autorin und Übersetzerin Anne Weber wird als 47. Amtsinhaberin die neue Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim in Frankfurt am Main. Sie ist Nachfolgerin von Anja Kampmann.
Damit wird Anne Weber für ein Jahr im Stadtschreiberhaus in Bergen wohnen und arbeiten können. Außer dem Wohnrecht erhält sie ein Preisgeld von 20.000 Euro, so die Mitteilung der Stadt Frankfurt am Main.
In der Jury-Begründung heißt es: "Anne Weber ist gleichzeitig eine deutsche und eine französische Schriftstellerin. Sie schreibt in beiden Sprachen, und sie übersetzt in beide Richtungen (etwa Wilhelm Genazino und Peter Handke, Marguerite Duras und Pierre Michon), dies zeigt ihre außergewöhnliche sprachliche Sensibilität sowie ihr Gespür für Zwischenräume und Bedeutungshöfe. Anne Webers Texte sind hintergründige und existenzielle Spiele mit der Wirklichkeit, sie bringen Bewegung in scheinbar Festgefügtes, Verbrieftes oder Vergangenes. Damit öffnet sie den Raum für ein dezidiert gegenwärtiges Verständnis von Literatur. Es beschränkt sich nicht auf das Erfinden, sondern sucht nach geeigneten Wegen, mit Wissen und Erfahrungen umzugehen. Es ist ein intellektuell flirrendes, zwischen Ratio und subjektiver Selbstbefragung changierendes Schreiben in französischer Tradition. Herausragend ist unter anderem 'Ahnen' (2015), Webers literarisch-essayistische Recherche über ihren Urgroßvater. Sie nähert sich diesem geheimnisumwobenen Vorfahren in einer Form, die sie zu einer ganz eigenen Gattungsbezeichnung führt: einem 'Zeitreisetagebuch'. Und auch in ihrem jüngsten, wirklich als Epos angelegten Buch 'Annette, ein Heldinnenepos' (2020), verbinden sich Form und Inhalt zu einer immer wieder aufs Neue überraschenden ästhetischen Erkenntnis."
Das symbolische Amt des Stadtschreibers von Bergen-Enkheim wurde erstmals 1974 verliehen und ist seitdem von zahlreichen anderen Städten in Deutschland aufgegriffen worden. Der Stadtschreiberpreis wird von einer Stadtschreiberjury vergeben, der sowohl Fachjuroren als auch Bürgerjuroren angehören.
Namhafte Amtsinhaber waren nach Wolfgang Koeppen etwa Peter Härtling, Jurek Becker, Günter Kunert, Ulla Hahn, Eva Demski, Katja Lange-Müller, Robert Gernhardt, Herta Müller, Arnold Stadler, Katharina Hacker, Friedrich Christian Delius, Thomas Lehr und Marcel Beyer.
Der Literaturpreis wird voraussichtlich am 28. August, um 19 Uhr, auf dem Berger Marktplatz verliehen. Leider könne man noch keine genaue Auskunft geben, in welcher Form das Fest in Corona-Zeiten aussehen wird. Klar sei aber schon, dass beide Autorinnen ihre Reden vor einem größeren Publikum und ohne Zelt halten dürfen, so die Veranstalter.