Bund-Länder-Treffen zur Corona-Pandemie

"Heute haben wir gemahnt"

16. November 2020
von Börsenblatt

Auf der Bund-Länder-Videokonferenz am 16. November wurde keine Verschärfung der Maßnahmen im Teil-Lockdown beschlossen – die Bundesbürger wurden aber "ermahnt", ihre Kontakte im privaten Bereich deutlich zu reduzieren. Der Einzelhandel bleibt weiter geöffnet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel beurteilte die Lage auf der Pressekonferenz nach dem Bund-Länder-Treffen als "wirklich ernst", und kündigte an, dass die weitere Entwicklung in der nächsten Woche in einen nächsten Bund-Länder-Treffen noch einmal überprüft werde. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ergänzte: "Heute haben wir gemahnt, nächste Woche müssen wir entscheiden". Dabei soll es auch um ein längerfristiges Konzept beim Umgang mit der Corona-Pandemie gehen. Michael Müller, der Regierende Bürgermeister von Berlin, sagte, es müssten Perspektiven vermittelt werden, "wohin es gehen kann". Und er sage "kann", weil durchaus Unwägbarkeiten vorhanden seien. Ziel sei es aber, für einen längeren Zeitraum zu planen, statt von Woche zu Woche.

In der Videokonferenz vom 28. Oktober hatten die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs einen Teil-Lockdown ab 2. November für den gesamten November beschlossen, um so zu einer deutlichen Kontaktreduzierung zu kommen – heute, am 16. November fand eine erneute Videokonferenz statt, um die Entwicklung zu beurteilen. Durch die Oktoberbeschlüsse sei die Dynamik der Neuinfektionen gebremst worden, heißt es im Beschluss der aktuellen Videokonferenz vom 16. November, aber eine Trendumkehr könne bisher noch nicht verzeichnet werden. Durch die bisherigen Maßnahmen sei es gelungen, dass das Gesundheitssystem trotz vereinzelter Engpässe jederzeit leistungsfähig gehalten werden konnte. Jetzt gelte es, die Maßnahmen konsequent weiter zu befolgen.

Ein hohes Infektionsgeschehen könne nur noch durch erhebliche Beschränkungen kontrolliert werden kann, die, je später sie erfolgen, umso einschneidender und länger erfolgen müssen, so die Warnung. Deshalb sei eine Kontrolle des Infektionsgeschehens unterhalb einer Größenordnung, in der Kontaktnachverfolgung und Testkapazitäten überfordert werden, das wesentliche Ziel der Strategie von Bund und Ländern.

Zur Überwindung der Pandemie und für eine Rückkehr zum normalen Leben sei es erforderlich, dass eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung über eine Immunität gegen das SARS-CoV2-Virus verfüge. Diese entstehe in Folge durchgemachter Infektionen oder vor allem durch eine effektive Impfung.

 

Gesamtkonzept soll diskutiert werden

Inwieweit die Maßnahmen, die am 2. November in Kraft getreten sind, ausreichen, um die Zahl der Neuinfektionen zügig wieder zu senken, lasse sich derzeit nicht präzise vorhersagen. Deshalb würden die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 25. November vor dem Hintergrund weiterer Erkenntnisse über konkrete Schlussfolgerungen sowie die weitere Perspektive für Dezember und Januar im Rahmen eines Gesamtkonzepts diskutieren und entscheiden.

Auf der Videokonferenz wurde unter anderem vereinbart:

Alle nicht erforderlichen Kontakte seien unbedingt zu vermeiden. Dort, wo Begegnungen erforderlich sind, seien die AHA+AL Regeln (Abstand, Hygienemaßnahmen, Alltagsmasken, CoronaWarnApp, Lüften) stets einzuhalten. Neben denen seit dem 2. November geltenden Beschränkungen, sollen die Bundesbürger auch im privaten Bereich jenseits von Ge- und Verboten ihre privaten Kontakte in den kommenden Wochen noch einmal deutlich reduzieren – indem sie auf private Feiern gänzlich verzichten. Zudem sollen sie private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten auf einen festen weiteren Hausstand beschränken, das schließe auch Kinder und Jugendliche in den Familien mit ein.

Auf nicht notwendige private Reisen und touristische Tagestouren soll verzichtet werden.

Auf nicht notwendige Aufenthalte in geschlossenen Räumen mit Publikumsverkehr oder nicht notwendige Fahrten mit öffentlichen Beförderungsmitteln soll verzichtet werden.

In den Hotspots sollen über die bundesweiten Maßnahmen hinaus zügig weitergehende Schritte bezogen auf das jeweilige Infektionsgeschehen eingeleitet werden, um dieses wirksam zu reduzieren.

Bund und Länder hatten am 28. Oktober beschlossen, trotz des dynamischen Infektionsgeschehens Schulen und Betreuungseinrichtungen nicht zu schließen – das unterstreicht auch die Videokonferenz vom 16. November. Verlässliche Betreuung diene der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Bildung sei essenziell für die Zukunftschancen der jungen Generation. Deshalb genieße die Offenhaltung von Einrichtungen im Präsenzunterricht in diesem Bereich mit hohem Infektionsschutzniveau eine wichtige politische Priorität.

Wirksame Impfstoffe seien für die Bewältigung der Pandemie ein zentraler Baustein. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werde es im 1. Quartal 2021 mindestens einen wirksamen zugelassenen Impfstoff geben, zeigen sich Bundeskanzlerin und Regierungschefinnen und -chefs zuversichtlich. Die Länder würden die geplanten Impfzentren und -strukturen so vorhalten, dass eine kurzfristige Inbetriebnahme möglich sei. 

Es sei auch zu einem Anstieg der Infektionen und Infektionsrisiken bei den über 65-Jährigen und bei wegen bestimmter Vorerkrankungen besonders vulnerablen Gruppen geführt. Deren Schutz sei seit Beginn der Pandemie eines der Kernanliegen der  Politik. Berücksichtigt werde bei den Schutzvorkehrungen, dass die jeweiligen Regelungen nicht zu einer vollständigen sozialen Isolation der Betroffenen führen dürften.

Schließlich wird noch der Nutzen der Corona-Warn-App (CWA) hervorgehoben, die helfe Infektionsketten schneller und umfassender zu erkennen und zu unterbrechen. Bisher habe es rund 22,5 Millionen Downloads der App gegeben. In den kommenden sechs Wochen werde die CWA drei weitere Updates erhalten. Dadurch werde unter anderem der Warnprozess vereinfacht.