Milliardenschwerer Abwehrschirm der Bundesregierung

Gas- und Strompreisbremse geplant

29. September 2022
Redaktion Börsenblatt

Die Gasumlage ist vom Tisch: 200 Milliarden Euro umfasst der wirtschaftliche Abwehrschirm, den die Bundesregierung plant, um die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine abzufedern. Heute wurden die Eckpunkte vorgestellt – die allerdings noch recht unkonkret sind. Womit können etwa kleine und mittlere Unternehmen rechnen?

"Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs belasten die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft in Deutschland stark – insbesondere die steigenden Energiekosten führen zu anhaltend hoher Inflation", heißt es im Eckpunkte-Papier der Bundesregierung. "Dadurch geht Kaufkraft verloren, Unternehmen verlieren an Wettbewerbsfähigkeit. Wir stehen daher einig und solidarisch zusammen. Wir werden die wirtschaftliche Substanz unseres Wohlstandes erhalten. Niemand in Deutschland wird mit den Folgen des Krieges alleingelassen."

  • Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat am 29. September gemeldet, dass es die Inflationsrate im September voraussichtlich plus 10 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat betragen wird – das wäre der höchste Wert seit 70 Jahren. 

So soll laut Eckpunkte-Papier kleinen und mittleren Unternehmen angesichts der gestiegenen Strom- und Gaspreise geholfen werden: 

Neben der Strompreisbremse will die Bundesregierung eine Gaspreisbremse einführen. 

  • Strompreisbremse: Für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) soll dabei ein sogenannter Basisverbrauch subventioniert werden (Basispreis-Kontingent). Für den darüberhinausgehenden Verbrauch werde der jeweils aktuelle Marktpreis angelegt.

    Die übrigen Unternehmen, insbesondere große Industrieunternehmen, würden in ähnlicher Weise ebenfalls entlastet, indem ein spezifischer Basisverbrauch verbilligt werden soll.
  • Gaspreisbremse: Diese soll schnellstmöglich eingeführt werden. Die Abfederung sei eine temporäre Maßnahme, nach Evaluierung könne sie verlängert werden. Die Preise sollen (zumindest für einen Teil des Verbrauchs) auf ein Niveau gebracht werden, welches private Haushalte und Unternehmen vor Überforderung schützt.

    Gleichzeitig sollen Anreize zur Reduzierung des Gasverbrauchs erhalten bleiben. Die genaue Ausgestaltung soll unter Berücksichtigung entsprechender Vorschläge der "ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme" festgelegt werden. Diese soll bereits Mitte Oktober einen entsprechenden Bericht vorlegen.
  • Unternehmen, die aufgrund des Krieges in Schwierigkeiten geratenen sind und nicht in ausreichendem Ausmaß von der Strom- und Gaspreisbremse erfasst werden, sollen Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen zur Verfügung stehen.
  • Finanzierung der Maßnahmen durch Reaktivierung und Neuausrichtung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF): Dieser soll im Jahr 2022 mit zusätzlichen Kreditermächtigungen in Höhe von 200 Milliarden Euro ausgestattet werden. Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) und KMU-Programm gehen in diesen Maßnahmen auf.
  • Reduzierung Umsatzsteuer Gas: Unabhängig von der Gasumlage soll die Umsatzsteuer auf Gas bis zum Frühjahr 2024 auf den reduzierten Satz von 7 Prozent begrenzt werden. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz werde außerdem auf Fernwärme ausgeweitet. 
  • Auf europäischer Ebene will sich die Bundesregierung für gemeinsame Beschlüsse zu einer Dämpfung der Gas- und Strompreise einsetzen.

Die Bundesregierung habe bereits eine Reihe konkreter Maßnahmen ergriffen, unter anderem das Aufsetzen einer umfassenden Energiesparkampagne. 

  • Ein Punkt im Entlastungspakets III: Bis Ende 2024 sollen Zahlungen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber an ihre Angestellten bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei möglich sein.

Das komplette Eckpunkte-Papier zum Download: hier

HDE fordert rasche Konkretisierung

Den von der Bundesregierung vorgestellten Abwehrschirm gegen die Folgen des russischen Angriffskrieges bewertet der Handelsverband Deutschland (HDE) in einer Mitteilung positiv – fordert allerdings "schnelle Konkretisierungen". So würde etwa noch nicht ausgeführt, ab welcher Höhe die Preisbremsen bei Gas und Strom einsetzen sollen. Die konkreten Kriterien gelte es jetzt rasch und ausgewogen festzulegen. Gleiches gelte bei den Kriterien für die Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen für die Unternehmen.

"Es ist gut und richtig, dass die Bundesregierung mit einer Preisbremse die explodierenden Energiekosten bremsen will. Das entlastet sowohl die finanziell oft vollkommen überforderten Handelsunternehmen als auch die Privatverbraucher", so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Richtig sei außerdem die Reduzierung der Umsatzsteuer auf Gas. "Die Bundesregierung sollte diesen Weg noch konsequenter beschreiten und auch die Stromsteuer auf das nach EU-Recht zulässige Minimum absenken", so Genth.

Als notwendig und passend stuft der HDE darüber hinaus das angekündigte Belastungsmoratorium für die Wirtschaft ein. Dabei müssten aus Sicht des Handelsverbandes nicht nur Vorgaben auf Bundesebene, sondern insbesondere Regelungen auf EU-Ebene in den Fokus genommen werden.