Die Bibliotheken fordern die rechtliche Gleichbehandlung von gedrucktem Buch und E-Book. Die Bibliothekstantieme soll auf E-Books ausgedehnt werden. Wäre das für die Verlage und Distributoren wirtschaftlich darstellbar?
KvC: Schon die derzeitigen E-Lending-Lizenzmodelle sind wirtschaftlich deutlich unattraktiver als zum Beispiel À-la-carte-Verkäufe von E-Books. Die Bibliothekstantieme in ihrer jetzigen Ausgestaltungsform ist daher absolut inakzeptabel sowohl für Urheber*innen als auch deren Verlage. Hinzu kommt die durch die Bundesregierung trotz expliziter Vereinbarung im Koalitionsvertrag immer noch nicht umgesetzte gesetzliche Wiederbeteiligung der Verlage an den Ausschüttungen der VG Wort.
Es gibt für die „Onleihe“ Lizenzvereinbarungen. Sind die Bibliotheken resp. öffentlichen Haushalte noch in der Lage, diese ausreichend zu vergüten?
JK: Ich denke hier haben die Verlage und der dbv grundsätzlich gleiche Ziele. Die Bibliotheken müssen ausreichend mit finanziellen Mitteln ausgestattet sein, um ihren kulturellen und gesellschaftlichen Auftrag erfüllen und ein breites Angebot machen zu können. Dabei geht es meiner Meinung nach viel weniger um die Versorgung mit Bestsellern, die natürlich eine hohe Nachfrage haben. Es geht doch um die Verfügbarmachung eines breiten und vielfältigen Angebotes für alle gesellschaftlichen Gruppen. Es darf eben nur begrenzt darum gehen, die Nachfrage nach Bestseller-Inhalten zu befriedigen, von der die Verlage leben.
KvC: Es ist immer besser, miteinander statt übereinander zu reden, daher wünschen wir uns einen konstruktiven Dialog mit dem dbv. Ich habe eine hohe Wertschätzung für die Arbeit aller Bibliothekar*innen, denn sie haben der Bücher wegen ihren Berufsweg gewählt. Wir auch. Daher sollten wir alles daransetzen, gemeinsam die Finanzierung für einen fairen, angemessenen Lizenzhandel für die Bibliotheken zu erreichen.
Sind die gezahlten Lizenzgebühren überhaupt kostendeckend?
JK: Grundsätzlich sind die Deckungsbeiträge im Vergleich zu Verkäufen sehr, sehr niedrig. Bei Titeln mit wenig Ausleihen ist das verkraftbar, deshalb stellen ja auch alle Verlage ihre Titel zur Verfügung. Schaut man jedoch starke Titel an, die beispielweise 26 Ausleihen pro Jahr erzielen, sind die Erlöse alles andere als kostendeckend. Das wird dann zum Problem, wenn die Bibliotheksangebote größere Teile der Nachfrage abdecken, die ansonsten über kommerzielle Angebote gedeckt worden wäre.
KvC: Vor allem bei nachfragestarken Titeln klafft eine erhebliche Lücke, die Kannibalisierung durch das E-Lending macht die erheblichen Investitionen in Bestseller, insbesondere die Garantievorschüsse und Marketingaufwendungen, unmöglich und schmälert schmerzhaft den mit diesen Titeln erzielbaren Umsatz für den Buchhandel. Oder, kurz auf Ihre Frage geantwortet: Nein!