Druckservice aus Erfurt
Das Thema Print-on-Demand nimmt in der Branche weiter Fahrt auf. Ab Januar 2022 kooperiert Zeitfracht mit dem Druckspezialisten CPI und will damit auch die Prozesse der Branche weiter optimieren.
Das Thema Print-on-Demand nimmt in der Branche weiter Fahrt auf. Ab Januar 2022 kooperiert Zeitfracht mit dem Druckspezialisten CPI und will damit auch die Prozesse der Branche weiter optimieren.
Libri fährt seit wenigen Wochen sein Books-on-Demand-Angebot Plureos hoch und hat dafür in Bad Hersfeld in den vergangenen Jahren viele Millionen Euro investiert. Auch Zeitfracht treibt das Thema Drucken auf Bestellung voran, allerdings nicht mit einem eigenen Unternehmen, sondern mit einem neuen Partner. Ziel ist es, das Herstellungs-Know-how und den Druckdatenbestand mit dem logistischen Potenzial aus kombinierter Verlagsauslieferung und Barsortiment zusammenzuführen. Ab 1. Januar 2022 kooperiert Zeitfracht mit CPI, einem der größten deutschen Druckspezialisten, zu dem etwa die Druckereien Clausen & Bosse, Ebner & Spiegel und CPI books Moravia in Tschechien gehören.
Bislang stehen bei Zeitfracht in Erfurt die Maschinen des Partners CBS (Customized Business Solutions, ehemals Canon), nächstes Jahr wird der Maschinenpark von CPI übernommen; neue Druckmaschinen sollen hinzukommen, um beispielsweise auch Hardcover drucken zu können. Zeitfracht-Geschäftsführer Thomas Raff sieht in einer Druckzelle in der Logistik den "effizientesten Weg, die komplette Logistikkette vom Druck bis zur Anlieferung bei den Kunden ohne Brüche zu gewährleisten". Sowohl den Buchhandel als auch die Verlage über PoD bedienen zu können – dafür biete der Standort Erfurt durch die Kombination aus Barsortiment und Verlagsauslieferung eine "einzigartige" Konstellation,
sagt Raff.
In der Unternehmensstrategie von Zeitfracht spiele PoD eine immer wichtigere Rolle, auch unter Nachhaltigkeitsaspekten. Die gesamte Wertschöpfungskette werde nachhaltiger – weil Transportwege sich verkürzen oder gar nicht erst anfallen, weil sich Spareffekte bei Papier und Manpower und in der Lagerung ergeben und die Remissionsquote sinken würde. Derzeit werden bei dem Logistiker rund 3 000 bis 4 000 Titel pro Tag auf Bestellung produziert, die meisten davon in niedriger einstelliger Zahl. "Wir bieten damit den Verlagen die Möglichkeit, auch den Longtail vorrätig und sichtbar zu halten. Und unseren Buchhandelskunden bieten wir die Auswahl unter mehr als 600 000 Produkten am Lager sowie einer Million Titeln in der PoD-Datenbank."
Olivier Maillard, mit seinem Unternehmen seit rund zehn Jahren im PoD-Segment tätig, sieht wichtige Synergien in der Partnerschaft mit Zeitfracht. Man könne auf großes logistisches Know-how zurückgreifen, das man allein nicht oder nicht so schnell hätte aufbauen können (siehe Interview), und könne selbst dazu beitragen, das PoD-Geschäft von Zeitfracht deutlich zu steigern. Maillard, zuvor in der Automobil- und Chemiebranche tätig, bescheinigt der Branche durchaus noch Effizienzsteigerungspotenzial und nennt etwa die Stichworte bedarfsgerechte Auflagenplanung, Bestandsmanagement von Titeln, "Time to Market", Longtail sowie Transport. "Wir können gemeinsam mit den Verlagen Workflows und Schnittstellen entwickeln, die zu mehr Rentabilität und Nachhaltigkeit führen, weil wir den Druck passgenau steuern können." Momentan habe fast jeder Verlag seine eigenen Workflows, diese Vielfalt verhindere es, die Lieferkette zu optimieren. Auch wenn es dabei im Einzelnen nur um Centbeträge gehe, kämen in summa dann eben doch beachtliche Summen zusammen.
Robert Höllein möchte das Business-Modell der Verlage unterstützen und etwa die "Golden Ager der Belletristik" fördern und damit ein breites literarisches Angebot ohne Kapitalbindungskosten ermöglichen. „Wir können für alle Titel die gewünschten Bestände vorrätig halten; wird ein definierter Bestand unterschritten oder eine Einzelbestellung ausgelöst, drucken wir nach.“ Qualitätsverluste durch On-Demand-Druck sieht Höllein nicht. Allerdings seien nicht alle Bücher für dieses Verfahren geeignet, etwa wenn sie über eine besondere Ausstattung verfügen.
Damit PoD befeuert wird, müssen die Verlage mitziehen und ihre Dateien zur Verfügung stellen. Sie werden dabei von verschiedenen Dienstleistern umworben, Thomas Raff sieht aber keine Konkurrenzsituation: "Wir wollen nicht als Konkurrenz zu den Druckereien auftreten und auch nicht als Druck-Konkurrenz zu unserem Logistik-Mitbewerber." Es gehe darum, das Barsortimentsangebot für die Buchhandlungen zu erweitern beziehungsweise den Longtail wirtschaftlich zu machen. Er glaubt, dass die Entscheidung, ob ein Titel beispielsweise in Bad Hersfeld oder Erfurt gedruckt werde, von den Kunden abhänge. Buchhändler, die mit Libri zusammenarbeiten, würden eben dort ordern, Zeitfracht-Kunden bei Zeitfracht, Verlagskunden der Zeitfracht-Verlagsauslieferung ebenfalls in Erfurt.
Bei Zeitfracht lagerten derzeit Buchpaletten in sechsstelliger Zahl, die nicht dem Unternehmen gehörten sondern den Verlagen der Verlagsauslieferung. "Durch eine Just-in-time-Produktion könnten sich die Verlage ordentlich Luft verschaffen", meint Raff. Er ist sich sicher, dass die Verlage mit den Erkenntnissen aus der Pandemie ihre Auflagen künftig anders und flexibler planen werden. "Wir sind alle aufgefordert, Althergebrachtes zu überdenken." Dazu gehöre auch, unterstreicht Robert Höllein, das Nachdenken über die Bücherpreise. "Bei PoD sprechen wir in großen Teilen von Pull-Marketing, das sind Titel, die die Kunden auf jeden Fall haben möchten. Da können die Preise etwa bei Zweitauflagen ruhig etwas höher angesetzt werden, die Kunden werden sich nicht abschrecken lassen." Davon profitierten dann alle in der Branche.
Es wird spannend, wie groß der Kuchen wird und welches Stück sich CPI und Zeitfracht abschneiden werden.