Interdisziplinäre Studie der Uni Münster

"Buchpreisbindung ist rechtlich legitim"

3. Mai 2022
Redaktion Börsenblatt

Das Buchpreisbindungsgesetz verfolgt mit dem Schutz des Buches als Kulturgut einen legitimen Zweck, und sei letztlich auch angemessen, so das Fazit einer Rechts-Studie an der Universität Münster. Das Gesetz entspreche zudem dem verfassungsrechtlichen Ziel der Kommunikationsfreiheit.

Seit 2019 ist am Sonderforschungsbereich (SFB) "Recht und Literatur" der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster das deutsche Buchpreisbindungsgesetz auf seine rechtliche Legitimation hin interdisziplinär untersucht worden, wie der SFB mitteilt. Ein Jahr zuvor hatte sich die Monopolkommission in einem Sondergutachten kritisch zur Buchpreisbindung geäußert und diese infrage gestellt, weil sich weder Schutzzweck und Schutzgegenstand noch Schutzziele des Gesetzes präzise feststellen ließen.

"Buchpreisbindungsgesetz verfolgt einen legitimen Zweck"

Antworten darauf gibt nun die an der Universität Münster durchgeführte Untersuchung, die die Buchpreisbindung für rechtlich legitimiert hält. "Das Buchpreisbindungsgesetz ist zwar eine große Ausnahme im deutschen Recht und mit einem erheblichen Eingriff in den Markt und Einschränkungen von Grundrechten verbunden, es verfolgt mit dem Schutz des Buches als Kulturgut aber einen legitimen Zweck, erscheint jedenfalls nicht völlig ungeeignet diesen Zweck zu fördern, ist mangels milderer, aber gleichsam effektiver Alternativen erforderlich und letztlich auch angemessen", erklärt der Rechtswissenschaftler Dr. Christian Peter.

Seine Untersuchung bescheinige dem Buch, ein Kulturgut zu sein, und bestätige damit die zuvor vollkommen unbelegte Grundannahme des Gesetzgebers, heißt es weiter. "Bücher sind Kulturgüter, aus vielerlei Gründen: sie haben zum Beispiel einen Gemeinschaftsbezug, dienen als Wissensvorrat für die Gesellschaft, sind Ausdruck der persönlichen Selbstentfaltung und sind vor allem als Kommunikationsmedium eng mit dem demokratischen Zusammenleben verbunden", so Peter. Der eigentliche Zweck des Buchpreisbindungsgesetzes liege in dem Schutz des öffentlichen Kommunikationsraums vor einer Vermachtung und einer Majorisierung von Meinungen. Das Gesetz entspreche damit den verfassungsrechtlichen Zielen der Kommunikationsfreiheiten und der freiheitlich demokratischen Grundordnung.

Kritisch stehe die Untersuchung einer überwiegend am Markt ausgerichteten Programmpolitik von Verlagen und sogenannten Themenwannen des Zwischenbuchhandels gegenüber, die zulasten von Innovation, Vielfalt und Pluralität gingen, weil Inhalte und Sortiment vereinheitlicht würden.

"Ein gesellschaftliches Interesse an Büchern in ihrer gesamten Bandbreite wird schon allein durch den umfassenden Sammelauftrag der Deutschen Nationalbibliothek, zahlreiche Ausleihvorgänge in Bibliotheken aber auch durch die Vielzahl an Literatur-, Verlags- und Buchhandelspreisen deutlich", erläutert Peter.

In Deutschland gibt es die Buchpreisbindung seit Ende der 1880er-Jahre, die bis zum Inkrafttreten des Buchpreisbindungsgesetzes im Jahr 2002 vereinsrechtlich erlaubt, aber nicht verpflichtend war. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, in dem sowohl Verlage als auch Buchhändler organisiert sind, regelte die Buchpreisbindung bis dahin in einer Satzung. Die Buchpreisbindung sieht vor, dass Verlage die gegenüber dem Endkunden geltenden Verkaufspreise festlegen, den die Bucheinzelhändler zwingend einzuhalten haben. Die Preise für Bücher sind daher in jeder Buchhandlung gleich. Eine solche Preisbindung im Vertikalverhältnis sei nach deutschem und europäischem Kartellrecht bis auf sehr wenige Ausnahmen verboten.

Die Untersuchung erscheint am 15. Juni 2022 im Verlag J.B. Metzler unter dem Titel "Kulturgut Buch. Die Legitimation des kartellrechtlichen Preisbindungsprivilegs von Büchern – Schutzzweck, Schutzgegenstand und Wirkungen des Buchpreisbindungsgesetzes", 357 Seiten, 64,99 Euro, ISBN 978-3-662-65113.