Social-Media-Fundstück aus dem Berliner Buchhandel

Zu schön, um wahr zu sein

15. Mai 2024
Sabine Cronau

Ein Bild und seine Geschichte: Diese nette Rubrik leihen wir uns kurzfristig mal bei den Kolleg:innen vom „Spiegel“ aus – und erzählen, wie die Berliner Buchhandlung Die Insel zu einem haushohen Werbebanner vor der Ladentür kam. Zumindest in der Theorie.

Haushohe Werbefläche für die Buchhandlung? Die Wirklichkeit in der Greifswalder Straße 41 sieht leider anders aus....

Ein Gerüst verdeckt derzeit die Berliner Buchhandlung Die Insel: Das Gebäude im Prenzlauer Berg wird saniert und bekommt vier neue Dachgeschosswohnungen. Während der zweijährigen Renovierungsphase zahle die Buchhandlung keine Miete, die Hausverwaltung habe ihr zudem ein wandhohes Banner spendiert: Das postete Buchhändlerin Stefanie Diez jüngst auf Instagram.

Außerdem entstehe auf dem Mittelstreifen ein kleines Café, der Insel-Pavillon – „und wir sperren die Greifswalder Straße und machen ein großes Nachbarschaftsfest.“ Für diese schöne Botschaft erntete sie diverse Likes und freudige Kommentare, musste allerdings wenig später ein Missverständnis klarstellen: „Das ist natürlich Satire. Oder nennt es Utopie“.

Das ist natürlich Satire. Oder nennt es Utopie...

Buchhändlerin Stefanie Diez auf Instagram

Das große Banner wird als Werbefläche verkauft

Kurzum: Das Bild mit dem Werbebanner der Buchhandlung ist eine Fotomontage, die ein befreundeter Designer gemacht hat, auch der Rest gehört ins Reich der Buchhändlerinnen-Träume. Die Wirklichkeit am Baugerüst sieht anders aus: Diez bekommt für ihre Buchhandlung zwar ein kleines Plakat als Ersatz fürs Firmenschild, das große Banner jedoch wird vom Vermieter als Werbefläche verkauft.

Also: Kein haushohes Banner und auch keine mietfreien Jahre für die Buchhandlung. Dennoch werde sie das Beste aus der Umbauphase machen, meint Diez. Dabei hilft ihr ein breiter Fußgängertunnel auf dem Bürgersteig, der auch noch Platz für die Warenpräsentation bietet.

Rechts und links vom Laden gibt es zwei Restaurants, die ebenfalls Tische aufs Trottoir stellen können und Passanten anlocken: „Das macht Mut“, so Diez, die in der anstrengenden Baustellenzeit auf ihre treue Stammkundschaft setzt.

Stefanie Diez führt die Kiez-Buchhandlung seit 2011. Das Sortiment, 2017 mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet, gibt es bereits seit den 50er Jahren (damals als Volksbuchhandlung unter dem Namen „Thomas Münzer Buchhandlung“). 1990 gehörte die Buchhandlung zu den ersten Privatisierungen der Branche in Ostberlin.

„Von den damaligen Inhabern Astrid Blum und Uwe Siegel erhielt sie angesichts des 'Meeres' neu entstehender Videotheken den Namen 'Die Insel'. Das ist lange her - die Videotheken sind verschwunden, die Insel ist geblieben“, heißt es im Firmenporträt auf der Website. Da lässt sich ein Baugerüst vor der Haustür auch noch irgendwie überstehen.