Gefahr für Einzelhandel

Wieder deutlich mehr Ladendiebstähle

20. Juni 2023
Redaktion Börsenblatt

In deutschen Einkaufsstraßen wird wieder mehr geklaut: Die Inventurdifferenzen und die darin enthaltenen Diebstähle sind laut der EHI-Hochrechnung im Jahr 2022 um 15 Prozent gestiegen.

Wenn Kund*innen klauen: Inventurdifferenzen

Statistisch gesehen entfällt damit auf jeden Bundesbürger jährlich ein Warenwert von 30 Euro, der nicht bezahlt wird. Bezogen auf den Einkauf bleibt damit etwa jeder 200. Einkaufswagen im Handel unbezahlt.

Mit dem Ende der Corona-Einschränkungen im vergangenen Jahr haben sich die Handelsaktivitäten wieder normalisiert, erklärt Frank Horst, Autor der EHI-Studie „Inventurdifferenzen 2023“: „Was auf den ersten Blick als dramatische Entwicklung erscheint, ist bei näherer Betrachtung eine Rückkehr zur Normalität früherer Jahre. Im Grunde sind nun die Werte der Vor-Corona-Zeit wieder erreicht worden. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Anstieg der Ladendiebstähle nach wie vor eine große Gefahr darstellt.“

Im Vergleich zum Jahr 2021 sind die Inventurverluste im zurückliegenden Jahr 2022 von 4,1 auf 4,6 Mrd.* Euro gestiegen, was einer Zunahme von 12 Prozent entspricht. Ein großer Teil davon sei inflationsbedingt entstanden.

Die Inventurdifferenzen kommen nach Expertenschätzungen so zustande:

  • Diebstahl durch die Kundschaft (2,44 Mrd. Euro)
  • Diebstahl durch Beschäftigte (920 Mio. Euro)
  • Diebstahl durch Servicekräfte und Liefernde (370 Mio. Euro)
  • organisatorische Mängeln (870 Mio. Euro) zusammen.
  • Der Verlustanteil durch Diebstahl legt um 15 Prozent auf insgesamt 3,73 Mrd. Euro zu (2021: 3,23 Mrd. Euro).

Zu berücksichtigen sei, dass der stationäre Umsatz von 430 auf 465 Mrd. Euro gestiegen sei.

Grafik zur Verteilung der Inventurdifferenzen. Mehr als die Hälfte des Schadens entsteht durch Kunden, ein Viertel durch die eigenen Beschäftigen

Hohe Dunkelziffer

Laut Polizeilicher Kriminalstatistik stiegen die angezeigten Ladendiebstähle im Jahr 2022 um 34,3 Prozent auf insgesamt 344.669 Fälle (Vorjahr: 256.694). Zuwächse gibt es sowohl beim einfachen (34,6 Prozent) als auch beim schweren Ladendiebstahl (29,6 Prozent). Allerdings waren die Anzeigen in den Corona-Jahren stark rückläufig, sodass trotz des enormen Anstiegs erst wieder das Niveau von 2019 erreicht ist.

Aufgrund der hohen Dunkelziffer bildet die Statistik jedoch nur einen minimalen Ausschnitt der Realität ab, rechnerisch bleiben jährlich 21,2 Mio. Ladendiebstähle unentdeckt.

Nach Kürzungen in den Vorjahren sind die Ausgaben für Präventionsmaßnahmen in 2022 wieder auf 1,45 Mrd. Euro gestiegen. Fast jedes sechste Unternehmen hat sein Budget für die Sicherheit in diesem Jahr erhöht. Die gesamten Kosten für Inventurdifferenzen und deren Vermeidung belaufen sich jährlich auf rund sechs Mrd. Euro.