Die Redakteurin sagte: "Du kannst nicht immer so tun, als mache dir das alles gar nichts aus. Als sei Corona eine Seuche, die um Borgholzhausen einen Bogen macht." Ich stimmte zu. Ich finde auch, dass man nach zwei Jahren unter ungewöhnlichsten Bedingungen nicht so tun muss, als sei alles wie immer; business as usual. Aber was ist schon normal? Der Standard des vergangenen Jahrzehnts lautete höher, schneller, weiter. Unbedingt sechs Tage die Woche vom Barsortiment beliefert werden, ein Dutzend hochkarätiger Veranstaltungen aus dem Ärmel zaubern, jedes Jahr. So wurde geredet, und es betraf mich nicht.
Ich hatte über Jahre zwei Pflegefälle in meinem Haushalt, und ich hatte weder Zeit noch Kraft, über den Standardbetrieb hinaus sehr viel zu tun. Ich mag meine Menschen hier, und das ist wahrscheinlich zu simpel, um als Konzept durchzugehen. Es ist aber die Wahrheit. Zufällig endete die Pflegephase, kurz bevor Corona losging. Und nein, die Pandemie hat um Borgholzhausen keinen Bogen gemacht. Personen, die schon vorher viel dummes Zeug geredet haben, kanalisieren dieses lehrbuchmäßig in Impfprotest. Religiöse Milieus, deren Sonderlichkeiten über Frauen und die Freiheit ich über Jahre gründlich zu misstrauen gelernt habe, bestätigen täglich jeden Vorbehalt, den man heimlich oder offen gegen sie hegt.