Capus wäre nicht Capus, wenn die Leichtigkeit des Schreibens nicht immer auch auf die Tiefe des Lebens verwiese. Rückblickend, so schreibt der Autor, wundere er sich über den Namen des örtlichen Tankwarts Walther, der sich abends so gut gekleidet im Pierluigis aufhielt. Es sei nicht leicht, heute noch etwas zu seiner für die Gegend außergewöhnlichen Namensgebung herauszufinden. Die Zeit dränge, so Capus, und sinniert über die Vergänglichkeit. Bei seiner Arbeit als Erzähler, so Capus, wundere er sich immer wieder, wie wenige Spuren wir hinterlassen in der Zeit, die uns gegeben ist. „Über kurz oder lang wird Walthers Andenken erlöschen, das ist der Lauf der Dinge. Er wird – wie wir alle – zurückkehren ins namenlose Dunkel, aus dem er für die Dauer seines Lebens aufgetaucht ist. Dann wird es egal sein, weshalb er so geheißen hat. Es wird sich erledigt haben. Langfristig erledigt sich alles auf der Welt.“ Was, je nach Lebenssituation, so bedrohlich wie tröstlich sein kann.
Doch meistens streift Capus mit seinen Lesern durch nach Kräutern duftende Sommer-Erinnerungen, an Spaghetti al aglio, olio und Barbera, Flussgeplätscher und Dorfgeschichten. Manchmal gleitet er auch durch Jahrzehnte hindurch bis ins Heute, wo die Besitzerin des gelben Renault 4 längst seine Frau und Capus selbst ein renommierter Autor geworden ist und schon viele Bücher veröffentlicht hat. Gemeinsam haben sie fünf Söhne großgezogen, das Leben hat sich verändert – die Macken seien aber geblieben, so Capus.
Während der Schriftsteller verlässliche Rituale, wie z.B. seine Pizza Fiorentina – „Mit Knoblauch, wenn’s geht“ – liebt, sehnt seine Frau Nadja sich nach Abwechslung. »Sensation Seeking« lautet seine Diagnose. „Nicht nur, dass sie ständig Jagd nach immer neuen Pizza-Varietäten macht, wir müssen auch immerzu das Lokal wechseln; als ob wir auf der Flucht wären.“ Capus versteht es, die kleinen menschlichen Schrullen, auch die eigenen, mit liebevollem Witz und exakter Beobachtungsgabe zu schildern.
Sein Anspruch an sich ist hoch: „Es ist für mich von existentieller Bedeutung, dass mir meine Leserschaft gebannt folgt“, schreibt er. „Denn als Autor“, so Capus, „bin ich wie alle Erzähler verwundbar.“ Er muss sich keine Sorgen machen: „Das kleine Haus am Sonnenhang“ legt niemand gern wieder aus der Hand, bevor die letzte Seite gelesen ist. Es ist ein Buch, das seine Leserinnen und Leser beschwingt und berührt zurücklässt – mit einer leichten Sehnsucht nach Sommerfülle und Rotwein.
Alex Capus
Das kleine Haus am Sonnenhang
160 Seiten
€ 22,– [D]
HANSER