Auch die Zielgruppen dürften sich überschneiden…
Robert Duchstein: Ja, aber genau darin liegt eine gemeinsame Aufgabe. Wie bleiben wir für ein jüngeres Publikum attraktiv? Dafür muss man neue Formate ausprobieren, ohne Klamauk und "Eventisierung". Technik, Performance, Bühnenbild: Es geht darum, alles zu nutzen, was Theater gut kann. Die österreichische Schriftstellerin Raphaela Edelbauer beispielsweise wird in Koblenz ihr aktuelles Buch "Dave" vorstellen. Sie interagiert auf der Bühne mit einem Bot, den sie selbst kreiert hat. Vorproduzierte Videos fließen in die Performance ein. Eine coole Idee, die zu einem digitalen Festival passt und auch junge Leute anspricht. Als Buchhandlung könnten wir das nicht stemmen, mit Unterstützung des Theaterteams schon.
Wie groß ist der Mehraufwand, die Live-Veranstaltung vor Ort (ohne Publikum) zu organisieren – und parallel das Streaming und die Übertragung?
Markus Dietze: Der zusätzliche Einsatz an Technik und Personal ist schon erheblich. Dieser Aufwand bleibt, auch wenn die einzelnen Schritte fürs Streaming für uns inzwischen Routine sind. Normalerweise findet GanzOhr an zehn verschiedenen Spielstätten statt, vom alten Kinosaal bis zum Weinkeller. Diesmal konzentrieren wir uns weitgehend auf das Theater, denn ohne gutes Internet kann man nicht streamen.
Robert Duchstein: Einige Lesungen finden bei uns in der Buchhandlung statt. Wir können das stemmen, weil wir für unser eigenes Reuffel-Programm in entsprechende Technik investiert haben. Aber ganz klar: Einen Tisch, ein Mikro und ein paar Stühle aufzustellen – das ist etwas ganz anderes als für Kamera, Sound, Licht, Maske und Schnitt zu sorgen. 14 Veranstaltungen an 15 Tagen zu organisieren, würde eine einzelne Buchhandlung aber auch schon ohne Streaming überfordern. Deshalb sind wir sehr froh darüber, dass GanzOhr ein städtisches Festival ist, bei dem Reuffel und die Buchhandlung Heimes als Kooperationspartner mit im Boot sitzen.
Warum holen Sie die Autor*innen nach Koblenz – statt sie in diesem Jahr einfach zuzuschalten?
Robert Duchstein: Weil wir das Gefühl eines "richtigen" Auftritts an regionalen Schauplätzen vermitteln wollen. Außerdem geht es um Qualität: Ein wackliger Stream am Küchentisch mag zwar ganz charmant sein, aber eine professionell inszenierte Bühnenlesung ist etwas ganz anderes – und vor allem: auch etwas wert.