Fachausschüsse des Börsenvereins tagten in Frankfurt

KI, E-Rechnung, Wirtschaftlichkeit

19. April 2024
Redaktion Börsenblatt

Die Fachausschüsse des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels kamen am 17. April zu ihrer Frühjahrstagung im Haus des Buches in Frankfurt am Main zusammen. Zuerst in einer gemeinsamen Sitzung und im Anschluss getrennt diskutierten die Spartenvertretungen des Sortimentsbuchhandels, der Verlage und des Zwischenbuchhandels aktuelle Fragen aus Verband und Branche. Die wichtigsten Themen und Ergebnisse im Überblick:

Die Mitglieder bei den Fachausschuss-Sitzungen

Wirtschaftlichkeit:

Der anhaltende Kostendruck betrifft die gesamte Branche und ist daher ein Dauerthema in den Ausschüssen, teilt der Börsenverein mit. Vertreter:innen aller drei Sparten sind an einer Verbandsinitiative beteiligt, die Optimierungspotenziale entlang der gesamten Wertschöpfungskette identifizieren soll. Die Teilnehmenden am Auftakt-Workshop berichteten von den ersten Ansätzen und diskutierten diese in ihren Ausschüssen. Der aktuelle Stand ist auch nachzulesen im Interview mit Kyra Dreher, Geschäftsführerin der Fachausschüsse.

Künstliche Intelligenz:

Eines der Zukunftsthemen der Branche, die Entwicklung von und den Umgang mit Künstlicher Intelligenz, erörterten alle Sparten. Die Teilnehmenden der Sitzung beschäftigen sich mit dem aktuellen Stand der europäischen KI-Verordnung und den Auswirkungen auf die Buchbranche. (Mehr dazu im Interview mit Jessica Sänger vom Börsenverein bei boersenblatt.net). Für die Buchbranche besteht nach dem AI Act in sehr vielen Fällen keine Pflicht zur Kennzeichnung von Werken, die unter Nutzung von KI erstellt wurden. Der Ausschuss für Verlage diskutierte Vorschläge zur freiwilligen Kennzeichnung in der Branche. "Es sind noch zu viele Detailfragen offen, sodass wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Empfehlungen für eine Kennzeichnung aussprechen möchten", sagt Nadja Kneissler, Vorsitzendes des Ausschusses für Verlage. "Wer den Einsatz von KI bei der Erstellung von Inhalten in den Metadaten dokumentieren möchte, kann dies aber schon jetzt in ONIX im Feld 'contributor' vermerken."

  • In umfassenden FAQ finden Börsenvereinsmitglieder Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um KI.

Meldenummer 17:

Seit langem beschäftigt Branchenunternehmen bei den Lieferbarkeitsangaben die Formulierung der Meldenummer 17. "Der bisher geltende Passus: 'Titel führen wir nicht bzw. nicht mehr, bitte beim Verlag nachfragen' wird im Branchenverkehr häufig missverstanden", sagt Stephan Schierke, Vorsitzender des Ausschusses für den Zwischenbuchhandel. "Titel, die zwar nicht mehr beim Barsortiment, aber noch beim Verlag verfügbar sind, werden so oft als nicht mehr erhältlich aufgefasst." Die Fachausschüsse diskutierten eine Umformulierung und favorisierten als neuen Wortlaut: "Beim Verlag bestellbar, führen wir nicht (mehr)."

E-Rechnung:

Ab 2025 wird die E-Rechnung im B2B-Bereich verpflichtend. Das Thema nahm in allen Sitzungen großen Raum ein. "Die Umstellung betrifft alle Unternehmen in unserer Branche, daher sollten sich alle damit beschäftigen und sich vorbereiten", sagt Christiane Schulz-Rother, Vorsitzende des Ausschusses für den Sortimentsbuchhandel. Obwohl die Umstellung kein branchenspezifisches Thema ist, wurde der Börsenverein gebeten, die Entwicklung im Sinne der Mitglieder zu begleiten. Es gehe etwa darum, Bedarfe in der Branche zu eruieren, Informationen zur Verfügung zu stellen oder die Notwendigkeit von Branchenstandards zu prüfen. Der Ausschuss für den Zwischenbuchhandel sprach sich zudem dafür aus, dass das mittlerweile gängige EDIFACT-Format auch als E-Rechnungsformat durch den Gesetzgeber anerkannt wird. Erste Informationen zu E-Rechnungen finden sich bereits im Digitalen Wissens-Hub des Börsenvereins.

Rechtlich-politische Rahmenbedingungen

Einen weiteren Schwerpunkt bildeten aktuelle rechtlich-politische Entwicklungen. Die Fachausschüsse besprachen Themen wie Barrierefreiheit, E-Lending, Preisbindung und den KulturPass. Über ein wichtiges Thema stimmt nächste Woche das Europäische Parlament ab: den Bericht zum Verordnungsentwurf zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr. Hier unterstrichen die Fachausschüsse die Forderung des Börsenvereins und der Europäischen Dachverbände: Da Regulierungen im Bereich der Zahlungsfristen für die Buchbranche nicht nötig und sogar schädlich sind, sollte das Ziel eine weiterhin auf Vertragsfreiheit basierende Lösung sein – zur Not auch durch eine Ausnahmeregelung für den Buchsektor.

Ein anderes drängendes Thema sind die Anforderungen der EU-Entwaldungsverordnung, die ab dem 30. Dezember 2024 gelten. Es drohen hier teilweise hohe bürokratische Dokumentationsaufwände. Wesentliche Auslegungsfragen sowie Umsetzungsvorgaben sind bisher ungeklärt und erschweren die praxistaugliche Anwendung. Der Börsenverein setzt sich in Hinblick auf die nationalen Durchführungsbestimmungen für erfüllbare Maßstäbe, eine Entschärfung der Haftungsübernahme sowie für einen deutlichen zeitlichen Aufschub für die Abgabe der Sorgfaltserklärungen und entsprechend für eine Aussetzung der Sanktionierung ein.

Die Vorsitzenden der Fachausschüsse für Verlage sowie Sortiments- und Zwischenbuchhandel (v.l.): Nadja Kneissler, Christiane Schulz-Rother, Stephan Schierke

Sortimentsbuchhandel

Der Ausschuss für den Sortimentsbuchhandel (SoA) beschäftigte sich darüber hinaus u.a. mit folgenden Themen:

  • Schulbuch: Wie gehe ich vor, was darf ich berechnen und was gilt bei Ausschreibungen? Diese Fragen stellen sich beim – aus Sicht des Buchhandels immer unwirtschaftlicheren – Schulbuchgeschäft. Merkblätter dazu finden sich auf der Website des Börsenvereins, ein Webinar ist in Planung. Mit Interesse wurde aufgenommen, dass die IG Lernmedien derzeit eruiert, welche digitalen Schulplattformen inkl. Lizenzverwaltung es national und international bereits gibt, die eventuell auch den Branchenteilnehmern in Kooperation angeboten werden könnten. 
  • VLB-TIX: Der Ausschuss möchte konstruktiv daran mitwirken, dass VLB-TIX noch userfreundlicher für alle Buchhändler*innen wird und wird sich dazu enger mit Kolleg:innen von MVB absprechen. Der SoA wird die weitere Verbreitung der Nutzung von VLB-TIX stärker bewerben.
  • Verkehrsordnung: Der Ausschuss macht darauf aufmerksam, dass nicht alle Unternehmen der Branche mit der Verkehrsordnung firm zu sein scheinen. Dieser Branchenkonsens sollte den Sparten stärker verdeutlicht werden.

Verlage

Im Ausschuss für Verlage drehte sich die Diskussion um weitere für Verlage relevante Themen, z.B.:

  • Die Ausschussmitglieder vertieften aktuelle rechtlich-politische Fragen wie E-Lending oder die Erweiterung der VG-Wort-Unternehmenslizenzen um die firmeninterne Nutzungserlaubnis von KI. Daneben gab Barbara Budrich einen Einblick in aktuelle Herausforderungen im Bereich der Wissenschaftsverlage.
  • Juergen Boos stellte neue Konzepte für die Frankfurter Buchmesse vor. Mit einer zusätzlichen Hallenebene für den Bereich New Adult/Young Adult wird der wachsenden Bedeutung des Themas Rechnung getragen und gleichzeitig die Hallenauslastung am Wochenende optimiert.
  • Die Arbeiten an neuen Warengruppen wie "Young Adult" und "New Adult" schreiten voran. Detlef Bauer (Libri) berichtete vom aktuellen Stand der Arbeiten zur verbesserten Sichtbarmachung dieser im Markt immer wichtiger werdenden Genres in allen Handelsstufen. Die neuen Warengruppen sollen im kommenden halben Jahr eingeführt werden.

Zwischenbuchhandel

Diese Themen standen zudem beim Ausschuss für den Zwischenbuchhandel auf der Agenda:

  • Der Ausschuss beschloss die Möglichkeit, analog zu den anderen beiden Ausschüssen künftig ebenfalls kooptierte Mitglieder aufzunehmen.
  • Das bewährte Nachschlagewerk "ABC des Zwischenbuchhandels" (ISBN: 9783746020372) soll aktualisiert werden.
  • Daneben gab es einen intensiven Austausch zu den konkreten Auswirkungen von Verpackungsverordnung, Verzollungsrichtlinie, Entwaldungsverordnung und E-Rechnung.

Ausblick Fachgruppenversammlungen und Wahlen

Bei den Fachgruppenversammlungen am 6. Juni im Rahmen der "Böv-Fokustage" in Frankfurt werden die Fachausschüsse neu gewählt.

  • Mitglieder können sich für die Veranstaltung oder eine Vorab-Stimmabgabe online anmelden.
  • Alle Informationen zu den Kandidat:innen für die Fachausschüsse und das Wahlprozedere sind auf der Wahlseite abrufbar.
  • In den kommenden zwei Wochen gibt es die Möglichkeit, die Kandidat:innen bei Online-Vorstellungsrunden kennenzulernen. Termine und Registrierungslinks finden sich ebenfalls auf der Wahlseite.
  • Darüber hinaus können Mitglieder Themenwünsche für die Fachgruppenversammlungen einreichen unter fachausschuesse@boev.de.