Und damit sind wir wieder in Leipzig:
In den nächsten Tagen werden in den Messehallen und in der ganzen Stadt Bücher vorgestellt, Lebenskonzepte und Denkmodelle, es werden Debatten angestoßen und Diskussionen geführt und bei all dem können sich Menschen Meinungen bilden – das ist eine Selbstverpflichtung, die auf der Meinungsfreiheit fußt, einem Grundrecht, auf das wir ab kommendem Mittwoch wieder mit der "Woche der Meinungsfreiheit" bundesweit ein Schlaglicht werfen.
Die Welt verstehen, sich eine Meinung bilden: All das können Menschen aber nur, wenn sie lesen können und lesen wollen. Und beides ist nicht selbstverständlich.
Wenn ein Fünftel der Grundschulabsolvent:innen funktional nicht lesen kann, wenn die soziale Herkunft einen wachsenden Einfluss auf die Lesekompetenz hat, und das in einem der reichsten Länder der Erde, dann kann ich nur sagen: hier hat die Politik versagt!
Denn Lesen ist Grundlage von Teilhabe und wirtschaftlichem Erfolg, nicht nur des Individuums, sondern der ganzen Gesellschaft.
Sehr geehrte Politiker:innen auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene, machen Sie sich bewusst, dass hier etwas ganz und gar im Argen liegt! Und handeln Sie!
Wie Vermittlung von Lese- und Buchbegeisterung niedrigschwellig funktioniert, zeigt die Leipziger Buchmesse. Ein weiterer Grund, warum es so gut ist, dass die Messe zurück ist. Hier lebt Leselust. Kaum ein Kind – selbst solche, die zuhause Bücher kennen – kommt hier nicht mit Geschichtenglück in Berührung. Und näht bestenfalls seit Monaten an seinem Cosplay-Kostüm.
Alles gut also hier in Leipzig?
Wie kann es, wenn 1.500 Kilometer entfernt in Leipzigs Partnerstadt Kiew Krieg herrscht? Wir sagen immer, seit 14 Monaten. De facto aber greifen russische Soldaten seit neun Jahren Ukrainer:innen an. Putin hat schon sehr früh in seiner dritten Amtszeit der Ukraine als demokratischer Nation und als Kultur den Kampf angesagt – wir, der Westen haben nicht gut hingeschaut.
"Gegen Demokraten helfen nur Soldaten" – das ist 175 Jahre nach Friedrich Wilhelm IV auch die Devise von Wladimir Putin.
Wir stehen als Branche an der Seite der Ukraine. Durch zahlreiche Initiativen und das große Engagement Vieler versuchen wir, praktische und finanzielle Unterstützung zu leisten, der Ukraine und ihrer Buchbranche Sichtbarkeit zu verleihen, und ihre Bücher durch Übersetzungen der Welt weiter zugänglich zu machen.
Wir zeigen unsere Solidarität und versuchen, den Autor:innen, Verleger:innen und Buchhändler:innen Mut zuzusprechen.