Pressegespräch mit mitteldeutschen Verlagen

Infos direkt vom Erzeuger

14. März 2024
Nils Kahlefendt

Mit dem Börsenverein sieht man besser: Im Vorfeld der Leipziger Buchmesse lud der Landesverband SaSaThü zum traditionellen Pressegespräch ein. Dabei ging es nicht nur um Verlagsnovitäten, sondern auch um neue Projekte – etwa um die Mitteldeutsche Lesekiste.

Besucher schauen Bücher an beim Pressegespräch der Verlage aus SaSaThü

Novitätentisch Sachsen-Anhalt: Es darf geblättert werden...

400. Band der Minibibliothek

Im Jahr 1907, vor Stellenantritt bei den Assicurazioni generali, wog Franz Kafka, bei einer Körpergrösse von 1,81 Metern, gerade 61 Kilo, wie der Amtsarzt penibel protokollierte. Der Doktor musste quasi zwei Mal zur Tür hereinkommen, damit man ihn einmal sah. Mit einer lichten Rückenhöhe von neuneinhalb Zentimetern ist der Franz-Kafka-Band aus dem BuchVerlag Leipzig kein Hungerkünstler, sondern der 400. Band der Minibibliothek jenes Hauses, das früher als Verlag für die Frau firmierte.

Ein Leipzig-Kochbuch vom Hauptbrandmeister

Bücher zum Kochen, Backen, Klöppeln und Kunststricken galten zu DDR-Zeiten als Bückware – sie heute qua Verlagsnamen nur dem, pardon, schönen Geschlecht anzubieten, würde nicht mehr recht in die Zeit passen. Längst kochen hier auch echte Männer wie Jörg Färber, der nach Stationen in Spitzenrestaurants von Hawaii bis Mallorca als Hauptbrandmeister bei der Leipziger Berufsfeuerwehr Dienst tut – wir verdanken ihm ein „Leipzig Kochbuch“ und damit, so der Verlag, die Schließung einer Marktlücke.

Gruppenbild der Verleger:innen beim Pressegespräch der Verlage

Gruppenbild aus Leipzig

Mitteldeutsche Verlage und die Mühen der Ebene

Ein gutes Dutzend Journalisten regionaler Printmedien sowie aus Funk und Fernsehen nutzten eine Woche vor dem Buchmesse-Start die Chance, die Programme von Verlagen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu scannen und stressfrei mit den Verlegerinnen und Verlegern ins Gespräch zu kommen. Mit insgesamt 17 Firmen aus Sachsen (11), Sachsen-Anhalt (3) und Thüringen (3) fiel die Beteiligung im Vergleich zum Vorjahr (24 Verlage) zwar etwas schmaler aus – wer ins Leipziger Haus des Buches gekommen war und seine aktuellen Neuerscheinen an die Rampe schieben konnte, bereute den Weg indes nicht.

Nach drei ausgefallenen Buchmessen und einer furiosen Rückkehr im April 2023 sei man nun bei den „Mühen der Ebene“, so Helmut Stadeler, Vorsitzender des Landesverbands SaSaThü im Börsenverein: Keine „Neustart Kultur“-Förderung, nirgends, und kein Wumms mit struktureller Verlagsförderung in Sicht – aber den Sächsischen Verlagspreis für die nächsten Jahre wohl gesichert und Gemeinschaftsstände der beiden Freistaaten auf den Buchmessen. 

Blick auf eine Kamera, die beim Pressegespräch filmt

Mitteldeutsche Verlage - im Fokus der Kamera

Lesenächte des Verlagsnetzwerks Schöne Bücher

Im Management-Denglisch nennt man das Leipziger Vormesse-Format eine Win-Win-Situation. Die Medienvertreter hatten am Ende allerhand in den Blöcken, respektive im Dienst-Notebook stehen. Etwa dieses: Das Schöne-Bücher-Verlagsnetzwerk, dem eine ganze Reihe von SaSaThü-Kleinverlagen angehören, organisiert parallel zur Leipziger Buchmesse an zwei Abenden Lesenächte in Böhlitz-Ehrenberg, 30 Veranstaltungen mit 20 beteiligten Verlagen.

Mit seiner Schöne-Bücher-Bibliothek ist das Netzwerk auch für den Sales Award nominiert: Die verlagsübergreifende Edition von zehn unabhängigen Verlagen, eine Buchreihe mit gemeinsamem Design und Marketingaktionen, ist im Herbst 2023 gestartet.

Besucher schauen Bücher an beim Pressegespräch der Verlage aus SaSaThü

Alles dabei - vom Kinderbuch bis zur Kurzprosa

Mitteldeutsche Lesekiste für Kitas

Klett Kinderbuch feiert heuer nicht nur seinen 15. Verlagsgeburtstag, sondern stellte in Leipzig auch das Projekt Mitteldeutsche Lesekiste vor, das auf eine Idee von Andre Mannchen von der Buchhandlung Schkeuditz zurückgeht. Die Lesekiste ist ein Angebot von Buchhandlungen für Kindertagesstätten in der Umgebung. 

Sie besteht aus einer Box mit derzeit zwölf Büchern aus sieben mitteldeutschen Verlagen (Claus Verlag, Seemann Henschel, Klett Kinderbuch, Mitteldeutscher Verlag, Mirabilis, Neissuferverlag, Tasten & Typen). Die Titel eignen sich für Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren. Pädagogisches Begleitmaterial zu den jeweiligen Büchern halten die Verlage ebenfalls bereit.

Mithilfe lokaler Sponsoren wird die Kiste den Kindergärten kostenfrei zur Verfügung gestellt. Weiterführende Informationen gibt es über die Geschäftsstelle des Landesverbands – und ab April unter www.mitteldeutsche-lesekiste.de.

Queeres Hörbuch-Label Rainbow Romance

Eine neue Kooperation verkündeten schließlich die Macherinnen des Leipziger Hörbuchverlags Lagato, der vorrangig Sachbücher und Ratgeber produziert, und der Second Chances Verlag aus Thüringen, der queere Belletristik und Fantasy verlegt.

Auf den ersten Blick scheint die Schnittmenge nicht groß zu sein. Doch am Ende steht nun ein neues Hörbuch-Label für queere Titel. Am Valentinstag sind die ersten beiden Novitäten des neu gegründeten Labels Rainbow Romance (Slogan: „Listen to love“) erschienen.

Jenzig gehört jetzt zu Beier & Beran

Investigativ-Profis erfahren in Leipzig ganz nebenbei von einem Merger, der es nicht in die Branchenpresse geschafft hat: Der archäologische Fachverlag Beier & Beran aus dem schönen Langenweißbach hat nicht nur ein Buch über ein „Niederlausitzer Stonehenge“ akquiriert, sondern vor zwei Jahren, ganz geräuschfrei, den Jenzig Verlag übernommen, einen im März 1990 gegründeten, sehr verdienstvollen Thüringer Regionalverlag.

Wer mag, kann sich mit Harry Ziethen (Dr. Ziethen Verlag, Oschersleben/Bode) über neue Lyrikbände beugen oder versuchen, für die fast ausgebuchte Messe-Lesung mit den niederländischen Macherinnen der „Kackwurstfabrik“ (Klett Kinderbuch) Plätze in der Stadtbibliothek zu erhaschen. Vielleicht muss das Event noch in die Red Bull Arena verlegt werden?

Fazit: Wer an exklusiven Informationen aus der mitteldeutschen Verlagslandschaft, direkt vom Erzeuger, interessiert ist, kommt ums SaSaThü-Pressegespräch nicht herum. Fortsetzung folgt.