Neujahrsgruß der Vorsteherin

Wer, wenn nicht wir?

2. Januar 2025
Karin Schmidt-Friderichs

Gemeinschaft stiften, untereinander und in der ganzen Gesellschaft: Börsenvereins-Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs über die vielleicht wichtigste Aufgabe der Stunde - und vor 200 Jahren. 

Karin Schmidt-Friderichs

Karin Schmidt-Friderichs 

"The best way to predict the future is to create it."

Abraham Lincoln hat das gesagt, in einer Zeit, in der Amerika eine tiefe wirtschaftliche, soziale und politische Spaltung erlebte, was schließlich zum Bürgerkrieg führte.

Lincoln trat entschieden für eine Demokratie ein, in der die Bürger das Recht und die Verantwortung haben, aktiv an der Gestaltung ihrer Zukunft mitzuarbeiten. Er vertrat die Werte von Freiheit und Gleichheit, stärkte die Gemeinsamkeit und legte mit dem Ausbau des Bahnnetzes die Grundlage für den wirtschaftlichen Aufschwung Amerikas.

Warum berichte ich davon zu Beginn dieses Jahres?

Auch wir erleben gerade eine wirtschaftliche Krise, das Vertrauen in die Politik bröckelt, die politischen Ränder erstarken und damit antidemokratische Kräfte. Der Krieg in der Ukraine geht bald ins vierte Jahr und im Nahen Osten ist kein Ende der Aggressionen abzusehen. Das erzeugt Unsicherheit und Angst. Und wo der Optimismus schwindet, da wächst die Kaufzurückhaltung – und der Teufelskreis beginnt.

Was aber ist nötig, um diese Abwärtsspirale zu durchbrechen? Und was können wir als Buchmenschen dazu beitragen?

Menschen brauchen gerade in solchen Zeiten Aufklärung und Information. Wer, wenn nicht wir stehen dafür?

Menschen, die unsicher sind oder von Ängsten getrieben, brauchen Rat und Trost. Wer, wenn nicht wir bietet eine riesige Auswahl an Ratgebern und Denkanstößen, die helfen, komplexe Situationen und Zusammenhänge zu verstehen? So fördern wir Resilienz und unterstützen die Menschen dabei, aus der Resignation in die Aktion zu kommen.

Menschen wollen in solchen Zeiten einfach mal der Realität und dem Alltag entfliehen. Sich aber auch mit anderen, fiktionalen Charakteren auseinandersetzen, identifizieren oder anfreunden. Wer, wenn nicht wir bieten Qualitäts-Auszeit, auch Lesen genannt?

Aber wir als Buchmenschen können und tun noch weitaus mehr: Bücher bieten Hintergrundinformationen, die helfen, das Weltgeschehen einzuordnen und zu verstehen. Sie stärken Debatten- und Demokratiefähigkeit, sie bilden und unterstützen in der persönlichen Entwicklung.

Deshalb spielt diese Branche eine so wichtige Rolle in der Gesellschaft und deshalb sollten wir – wie Lincoln - entschieden für eine Demokratie eintreten, in der die Bürger das Recht und die Verantwortung haben, aktiv an der Gestaltung ihrer Zukunft mitzuarbeiten. Wir sollten an der Stärkung der Gemeinschaft mitarbeiten und die Politik daran erinnern, dass Investitionen in Infrastruktur immer schon die Grundlage für wirtschaftlichen Aufschwung waren. Das gilt für digitale Infrastruktur ebenso wie für Bildung, Bahnnetze und Brücken. Und: Kulturförderung ist keine Subvention, sie ist Investition!

Wenn ich von der Stärkung der Gemeinschaft spreche zu Beginn dieses Jahres, dann denke ich dabei auch an den spartenübergreifenden ältesten Wirtschaftsverband Deutschlands, den Börsenverein, der in diesem Jahr zweihundert Jahre alt wird.

Wenn wir zurückschauen auf die Ziele und Themen von damals, dann liest sich das auffällig aktuell:
Da ist von gemeinsamer Interessenvertretung die Rede, vom Schutz des Urheberrechtes, von der Buchpreisbindung und der Förderung der Buchkultur. Weiter vom Engagement gegen Zensur und für Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Und es ist schon früh die Rede von der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, um gemeinsam die Belange der Literatur zu fördern und die Lesekompetenz.

Die Gründung war ein Gemeinschaftswerk renommierter und überdurchschnittlich engagierter Verleger und Buchhändler, geleitet von dem Ziel, eine gemeinsame Plattform für Buchhändler und Verleger zu schaffen.

Die Rahmenbedingungen haben sich seither verändert, die Kernaufgabe bleibt:

Lassen Sie uns weiter miteinander für diese Ziele in einer sich rasant wandelnden Welt eintreten. Lassen Sie uns gemeinsam eine Zukunft gestalten, in der wir – und kommende Generationen - leben wollen. Lassen Sie uns neue Kapitel aufschlagen. Jeden Tag. Und miteinander am 5. und 6. Juni in Berlin. Auf dem großen Kongress für die ganze Branche.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in ein glückliches und gesundes, engagiertes und erfolgreiches 2025.

Herzlich Ihre Karin Schmidt-Friderichs