Wie findet das Buch eines speziellen Autors Eingang in das Programm eines Verlages?
Vielleicht gibt es persönliche Kontakte zum Autor, vielleicht erreicht das Manuskript den Verlag über eine Agentur, vielleicht gibt es eine Empfehlung. Der Verlag sichtet den Inhalt des Manuskriptes, bewertet Inhalt und Form, spricht und diskutiert mit dem Autor und entscheidet dann, ob er das Manuskript dieses speziellen Autors in das Programm aufnimmt.
Entscheidungskriterien sind die Qualität des Manuskriptes und der Sprache, die Themenrelevanz. Passt das Manuskript zum inhaltlichen Profil des Verlages? Auch die Persönlichkeit des Autors kann ein Entscheidungskriterium sein. Der Verlag kommt damit seiner Selektions- und Auswahlfunktion nach. Er entscheidet aus einer Vielzahl von Angeboten, welches Buch erscheinen wird. Ein Verlagsprogramm ist immer nur eine Auswahl aller Angebote.
Der bewusste Buchhändler geht bei der Zusammenstellung seines Sortiments vergleichbar vor. Auch er wählt aus den Angeboten der Verlage – hunderttausende Titel jährlich – die aus, die er in seinem Sortiment vertreten sehen will. Die Auswahlkriterien sind ähnlich derer im Verlag: Qualität, Themenrelevanz, Form, Bekanntheitsgrad des Autors, Marketinggesichtspunkte. Auch hier kann die Persönlichkeit des Autors ein Entscheidungskriterium sein.
Es gibt für einen Autor kein Menschen- oder Meinungsfreiheitsrecht, sein Manuskript in einem speziellen Verlag veröffentlichen zu können, es gibt nicht einmal ein Recht darauf, dass ein Manuskript überhaupt veröffentlicht wird. Ebenso wenig, wie es eine Abnahmeverpflichtung der Buchhändler gibt, bestimmte Titel aus bestimmten Verlagen führen zu müssen.
Inwieweit gibt es einen Druck durch Boykottaufrufe. Wir erinnern uns an jüngste entsprechende Posts in Social-Media-Kanälen. Gibt es nicht bereits eine "Selbstzensur" aus Angst vor Shitstorms, Boykotts und Besuchern im Laden, die eher keine Kunden sind.
Wo wurde zum Beispiel die Stellungsnahme des Sprechers der IG Meinungsfreiheit zur Rücknahme eines Beitrags von Dieter Nuhr nach einem Shitstorm seitens der Forschungsgemeinschaft veröffentlicht.
Wo wurde sein Aufschrei veröffentlicht, als die demokratisch korrekte Wahl des Dichters Jörg Bernig zum neuen Kulturamtsleiter der sächsischen Stadt Radebeul vom Bürgermeister kassiert wurde, weil Bernig in "Sezession" und "Tumult" veröffentlichte und die Flüchtlingspolitik von Frau Merkel kritisierte. Bekanntlich sind Stigmatisierungs- und Ausgrenzungsmaßnahmen für freie Autoren existenzbedrohend. Ein Wort dagegen von einem Sprecher für Meinungsfreiheit wären da sicher sehr hilfreich gewesen.
Wann kommt der Aufschrei des Sprechers der IG Meinungsfreiheit zu den jüngsten politischen Geschehnissen in Deutschland, die sehr stark Demokratie und freie Meinung angreifen.
"Der 6. Februar zählt zu den schwarzen Tagen der Demokratie in Deutschland. Auf Weisung einer Kanzlerin fuhr der Parteivorsitzende einer Partei, die sich liberal nennt, nach Erfurt, um einen Parteifreund, der in einer freien und demokratischen Wahl zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, zum Rücktritt zu nötigen. Die Weisung der Kanzlerin, dass die Wahl rückgängig gemacht werden muss, wurde binnen 24 Stunden exekutiert. Nun denken Politiker der Partei der Kanzlerin darüber nach, das Demonstrationsrecht einzuschränken. An dieser Stelle müsste jeder Demokrat, ganz gleich, ob er mit den Demonstranten vom Wochenende übereinstimmt oder nicht, laut protestieren, denn es geht um die Demokratie schlechthin." (Klaus-Rüdiger Mai, Schriftsteller und Publizist, Tichys Einblick, 4. August)
Eine Frage: Sie schreiben "Nicht jeder Buchhändler möchte durch das Angebot dezidiert rechter Verlagsprogramme in deren Umfeld verortet werden. Das ist sein gutes Recht." Sie erwähnen ausdrücklich rechte Verlage, demnach ist es für Sie nicht ein ausdrückliches Recht ein linkes Verlagsprogramm abzulehnen?
Wir reden ja hier über ein Phänomen, das die Gesellschaft bereits jetzt spaltet.
Und es gibt auch noch Artikel 20 des Grundgesetzes:
1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Vielleicht ist es angebracht, Herrn oder Frau DRP darauf hinzuweisen, dass unsere Staatsform nicht einer direkten Demokratie, sondern einer repräsentativen Demokratie entspricht. Die Befugnisse und Grenzen der Verfassungsorgane sind in den auf den zitierten Art. 20 GG folgenden Artikeln ausführlich und klar geregelt. Allerdings kann man sich mitunter des Eindrucks nicht erwehren, dass die Demonstranten von rechts, die ihr Demonstrationsrecht ausführlich in Anspruch nehmen, wozu sie selbstverständlich berechtigt sind, den Widerstandsfall gemäß Art 20 (4) GG teilweise oder vollständig als tatsächlich gegeben annehmen. Vergleicht man diese Wahrnehmung mit den Äußerungen führender Politiker von der Bundeskanzlerin über den Bundespräsidenten bis hin zu Ministern und Ministerpräsidenten über die eingeräumte und auch begründete temporäre Einschränkung von Grundrechten in der Zeit einer Pandemie und die öffentlich vielfach geäußerte Kritik an den Einschränkungen, dann fällt es jedoch schwer, aus all diesen Äußerungen einen Fall von unterdrückter Meinungsfreiheit und/oder Staatsmissbrauch zu konstruieren. Denn was anders geschieht denn als eine öffentliche Diskussion über die zugestandenen, temporären Grundrechtseinschränkungen? Und sind nicht die wiederholten Demonstrationen und der Widerstreit der Meinungen im Netz und anderswo nicht Zeichen einer gut funktionierenden Demokratie?
Allerdings muss man dann auch aushalten, dass nicht alle e i n e r Meinung sind. Das fällt vielen schwer und auch Herr Hildmann, um den es u.a. ging, tut sich nicht gerade als toleranter, selbstreflektierter Diskutant hervor, der Meinungsvielfalt schätzen würde.
Wie aber bereits gesagt, Meinung ist immer auch entschieden oder einseitig. Der Diskurs beginnt jedoch dort, wo man Meinung durch die Konfrontation mit Gegenmeinungen überprüft. Die behauptete Unterdrückung von Meinungsäußerungen durch Staatsorgane, wie man sie immer wieder lesen kann, findet in Deutschland nicht verordnet oder systematisch statt oder wenn einmal, dann handelt es sich um Einzelfälle, die nicht unbemerkt und unwidersprochen bleiben. Wer aber ein grundsätzliches Bedrohungspotential erkennen will, der muss das jenseits aller Phrasenhaftigkeit schon genau begründen und an der Realität überprüfen. Hier mangelt es bei manchen ganz offensichtlich oft an Wahrnehmungsfähigkeit. Und ob Herr Mai, der linke Demonstranten als „Demonstranten“ apostrophiert und allerorten ein "linksliberales Establishment" (Zitat) am Werke sieht, als herausragender Anwalt der Meinungsfreiheit taugt, darf zumindest nach einigen seiner Äußerungen bezweifelt werden. Die aber kann er selbstverständlich überall verbreiten, das steht ganz außer Frage.
Vielleicht hören und lesen Sie einmal, was Bürgerrechtler, die für Demokratie und Meinungsfreiheit in der "DDR" kämpften, zu der derzeitigen Situation sagen und schreiben. Angelika Barbe, Vera Lengsfeld sowie der Unionsfraktionsvize Arnold Vaatz sollten Mitgliedern einer Arbeitsgruppe Meinungsfreiheit nicht unbekannt sein.
Auch hätte ich mich sehr gefreut, wenn Sie auf das von mir angesprochene Problem Selbstzenur eingangen wären. "Inwieweit gibt es einen Druck durch Boykottaufrufe? Wir erinnern uns an jüngste entsprechende Posts in Social-Media-Kanälen. Gibt es nicht bereits eine "Selbstzensur" aus Angst vor Shitstorms, Boykotts und Besuchern im Laden, die eher keine Kunden sind?"
Wenn Sie schreiben: "Die behauptete Unterdrückung von Meinungsäußerungen durch Staatsorgane, wie man sie immer wieder lesen kann, findet in Deutschland nicht verordnet oder systematisch statt", ist das nur zum Teil noch richtig. Richtig dahingehend, daß ich persönlich im wiedervereinten Deutschland (noch) keine Verfolgung durch Staatsorgane wegen meiner politischen Meinung oder Religion fürchten muß, wie ich es in der "DDR" erleben mußte. Das noch deshalb, weil z.B. der Verfassungschutz bereits eine Telefonhotline geschaltet hat, bei der mich jene Menschen, die mich nicht mögen bereits jetzt als "rechtsradikal" denunzieren könnten.
Fürchten muß ich mich vor der sogenannten Antifa, bzw. deren Besuch mit Buttersäure, Farbbeuteln und Brandsätzen. Wer bezahlt diese "Antifa"-Gruppen? Unter anderem das Bundesfamilienministerium. Und wenn es nach Frau Künast ginge, wäre es wesentlich mehr Geld. "Ich bin es leid, wie wir seit Jahren darum kämpfen, daß NGOs und Antifa-Gruppen, die sich engagieren, um ihr Geld ringen und nur von Jahr zu Jahr Arbeitsverträge abschließen können. Sie müssen eine verläßliche Finanzierung haben", sagte sie im März im Bundestag.
Natürlich entscheide ich als Buchhändler darüber was ich in meinem Laden anbieten möchte und kaufe anderes nicht ein.
Das ist meine eigene Entscheidung, die mir keiner nehmen darf.
Nun haben wir das Problem mit Online-Shop-Angebote durch entsprechende Dienstleister, die ich beauftrage, meinen Online-Shop zu betreuen und plötzlich habe ich das nun diskutierte Problem.
Ich kann alle Bedenken gegen solcherart Bücher und auch den individuellen Widerwillen, diese aktiv verkaufen zu sollen, völlig verstehen und würde diese Bücher auch nicht in die Auslage nehmen.
Aber wenn der Kunde sie bestellt, würde ich diese Bestellung machen – wahrscheinlich den Kunden darauf hinweisen, was er da kauft und wie ich als Händler diesen Titel aus meiner Beratungstätigkeit heraus eigentlich einschätze.
Ich stelle mir aber bei den Auslistungen die Frage: sind wir denn mit unserer Verkehrsordnung eigentlich nicht angehalten, jeden lieferbaren Titel, der strafrechtlich nicht beanstandet ist, auch für den Kunden bestellen zu sollen? Ist diese Tatsache - jeder Händler bestellt jedes lieferbare Buch - nicht eine der Grundlagen, worauf unsere Preisbindung bei Büchern ihre hauptsächliche Legitimation erlangt?
Grundsätzlich ist jeder Buchhändler frei, sein Sortiment selbst zusammenzustellen und die Bücher zu verkaufen, die e r verkaufen will. Das betrifft auch Bücher, die er auf Kundenwunsch bestellen soll. Das Buchpreisbindungsgesetz verpflichtet nicht zur Beschaffung bestimmter Bücher. Dies bestätigt auch die Rechtsabteilung des Börsenvereins (Susanne Barwick), die ich vorsichtshalber zur Sicherheit nochmals befragt habe. Der Buchhändler hat in keinem Falle eine L i e f e r v e r p f l i c h t u n g von Titeln, die er nicht führt.
Im Sinne der Meinungsfreiheit ist die Freiheit zu beschaffen oder auch abzulehnen allemal. Sonst könnten die Konflikte im Einzelfall groß sein.