Wahl-Check Buchbranche

Das will die FDP

7. September 2021
Redaktion Börsenblatt

Welche Agenda haben die Parteien für Buchhandel, Verlage und Lesekultur? Am Wahl-Check des Börsenblatts haben sich SPD, FDP und LINKE beteiligt, CDU und Grüne nicht. Lesen Sie hier, wie sich die FDP zu den Kernfragen der Buchbranche positioniert.

Buchpreisbindung

Die Buchpreisbindung garantiert die Qualität und Vielfalt des Buchangebots in Deutschland - und dessen Verbreitung und Vermittlung durch eine große Zahl an Buchhandlungen. Wie stehen Sie zur Buchpreisbindung und ihrer kulturpolitischen Funktion?

FDP: Für die Freien Demokraten schafft die Buchpreisbindung eine Art Artenschutz für das Buch als Kulturgut. Ohne Preisdruck finden alle Bücher gleichberechtigt ihren Platz, ganz gleich ob Bestseller, Nachschlagewerk oder Lehrbuch. Zugleich erlaubt die Buchpreisbindung kleinen Buchhandlungen, grundsätzlich am Markt zu bestehen, sodass eine gewisse kulturelle und unternehmerische Vielfalt erhalten bleibt. Der Zugang zu Literatur wird dadurch allen Alters- und Gesellschaftsgruppen, ganz gleich ob in Ballungsräumen oder ländlichen Regionen, gleichermaßen ermöglicht. Aus diesen Gründen setzt sich die FDP für die Fortführung der 2016 novellierten Buchpreisbindung für gedruckte und digitale Bücher ein.

Digitalisierung

Aus Sicht der Buchbranche gefährden unregulierte Plattform-Monopole ebenso wie das allgegenwärtige Mantra vom kostenlosem Kultur-Konsum zunehmend die Arbeit von Verlagen.
Stimmen Sie dieser Aussage zu?
Wenn ja, welche kultur- und rechtspolitischen Maßnahmen zur Stärkung einer unabhängigen Verlagslandschaft wollen Sie ergreifen?
Wenn nein, wen sehen Sie künftig in der Rolle, in Literatur und Fachbücher zu investieren und für ein vergleichbar vielfältiges und qualitativ hochwertiges Angebot zu sorgen?

FDP: Wir stimmen Ihrer Aussage zu. In der digitalen Welt, in der kreative Leistungen von materiellen Trägern (Bücher, CDs usw.) entkoppelt sind, ist es noch wichtiger als in der analogen Welt, dass die kreativen Leistungen durch die gesetzlich gewährten Ausschließlichkeitsrechte wirksam geschützt werden. Denn diese Rechte sind das wirtschaftliche Substrat der kreativen Leistung und der Leistungen derer, die durch ihre Investitionen kreative Leistungen bzw. deren wirtschaftliche Verwertung ermöglichen. Der Schutz der Rechte an kreativen Leistungen erfordert Mechanismen, die verhindern, dass Online-Plattformen und andere Intermediäre fremde kreative Leistungen monetarisieren können, ohne hierfür die Rechteinhaber entsprechend zu bezahlen.

Leseförderung

Lesefähigkeit ist eine Kernkompetenz, die für die gesellschaftliche Teilhabe unabdingbar ist. Fast 20 Prozent der Kinder können am Ende der 4. Klasse nicht sinnerfassend lesen. In Deutschland leben 6,2 Millionen funktionale Analphabeten. Wie wollen Sie den Nationalen Lesepakt voranbringen, den das Bundesbildungsministerium in dieser Legislaturperiode mitangestoßen hat?

FDP: In einer zunehmend digitalen Welt ist Lesen existentielle Grundkompetenz. Um sie zu stärken, braucht es umfassende Maßnahmen, die alle Aspekte der Leseförderung abdecken. So bietet gerade hier die Digitalisierung größtes Chancenpotential für die Schule, aber auch für die Erwachsenenbildung. Es müssen im Bereich der Literalisierung die Möglichkeiten von KI-Techniken unter Einhaltung von Datenschutzstandards verstärkt genutzt werden. Durch Learning Analytics kann zudem eine konsequente und schnelle Analyse von Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schülern durchgeführt werden, um Lern- und Entwicklungspotenziale zu erkennen und individuell zu fördern. Zudem sollten im Rahmen des Ausbaus der Ganztagsbetreuung gezielt die Einrichtung von Leseräumen und Schulbibliotheken an Schulen ausgebaut werden. Überdies sind Bibliotheken ein wertvoller Vermittler von Literatur. Es gilt, sie fit für die Zukunft zu machen, tragfähige Lösungen beim Thema E-lending zu entwickeln und Sonntagsöffnungen zu ermöglichen.

Verlagsförderung

Eine von der Kulturstaatsministerin beauftragte Studie (April 2021) kommt zu dem Ergebnis, dass die Verlagsvielfalt in Deutschland bedroht ist und "nicht allein durch die Marktdynamik erhalten werden kann". Werden Sie diesen Hinweis aufgreifen und sich in der nächsten Legislaturperiode für eine strukturelle Verlagsförderung einsetzen?

FDP: Die Presse- und Meinungsfreiheit sind die Grundpfeiler unserer liberalen und offenen demokratischen Gesellschaft. Die Freien Demokraten bekennen sich zur Presse- und Medienvielfalt und werden diese im Hinblick auf eine aktive und offene Debattenkultur in unserem Land stärken. Wir vertreten die Auffassung, dass eine erfolgreiche Transformation und Unterstützung der lokalen Medienvielfalt Maßnahmen erfordert, die die entscheidenden unternehmerischen Freiheiten ermöglichen, damit etwa Anzeigenblätter und Verlagshäuser auf die regional variierenden Herausforderungen bestmöglich mit funktionierenden Geschäftsmodellen reagieren können. Eventuelle Förderungen, die stets in klarer Abgrenzung zu redaktionellen Inhalten und unter Gewährleistung klarer marktwirtschaftlicher Wettbewerbsbedingungen stehen, stellen einen Eingriff in den Markt und Wettbewerb dar, weshalb ihre Ausgestaltung und Auswirkung auf andere, nicht förderberechtigte Marktteilnehmer eingehend zu prüfen sind.

Digitale Leihe

Wie wollen Sie die digitale Leihe für öffentliche Bibliotheken gestalten, ohne gleichzeitig den Primärmarkt und damit die Einnahmen für Autor*innen und Verlage zu gefährden?
Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zu der von Verlagen, Bibliotheken und Autor*innen geforderten Erhöhung der Bibliotheksetats?

FDP: Das E-Lending befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen dem Anpassungsdruck für Bibliotheken, E-Books zu gleichen Bedingungen wie physische Bücher anzubieten, und einer negativen Beeinflussung des Primärabsatzmarktes, der für Autoren und Verlage eine wichtige Einnahmequelle ist. Für die FDP steht hierfür eine flexible sowie sach- und interessengerechte Lösung im Vordergrund. Dazu gehört unter anderem, beim E-Lending auf Schrankenregelungen zu verzichten und weiterhin auf Lizenzverhandlungen zu setzen sowie die Implementierung einer Legaldefinition der elektronischen Ausleihe im Urheberrechtsgesetz. Ebenfalls müssen die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien dahingehend austariert werden, dass die Rechteinhaber "verpflichtet" werden, ihre Werke für eine Lizenzierung – aber nur zu angemessenen und marktüblichen Bedingungen – anzubieten. Potentielle Streitigkeiten aus dem Bereich E-Lending oder über die Angemessenheit und Marktüblichkeit vertraglicher Konditionen sollen möglichst im Schiedsverfahren bei einer neu einzurichtenden Schiedsstelle des DPMA geklärt werden. Eine mögliche Erhöhung der Bibliothekstantieme muss vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslagen sowie der wirtschaftlichen Entwicklung geprüft werden.

Einzelhandel / Zukunft der Innenstädte

Die Frage, wie das Leben in den Innenstädten gestaltet werden soll, war schon vor der Pandemie ein sehr wichtiges Thema. Hinzu kommen jetzt die verheerenden Corona-Folgen für den Einzelhandel, für die Gastronomie und die Kulturstätten, die Garanten für ein attraktives Stadtleben sind. Was wollen Sie konkret tun, um die Zukunft der Innenstädte nach Corona zu gestalten und zu sichern?

FDP: Das Ziel der Freien Demokraten sind Innenstädte, Stadtteilzentren und Ortskerne als Mittel- und Anziehungspunkt, Freizeit- und Erlebnisraum, die auch Versorgungs- und Einkaufsflächen bieten. Die größte Kompetenz dazu liegt in den Kommunen selbst, die die örtlichen Begebenheiten am besten kennen. Aus diesem Grund möchte die FDP die Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil der Gemeinden an der Umsatzsteuer und einen kommunalen Zuschlag mit eigenem Hebesatzrecht auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer ersetzen, um die Kommunen nachhaltig zu befähigen, ihren Rechten und Pflichten im Rahmen der Kommunalen Selbstverwaltung nachzukommen. Der Bund kann das Aufleben der Innenstädte unter anderem durch einen umfassenden Bürokratieabbau, beispielsweise zur Vereinfachung der Veranstaltungsanmeldungen oder des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts oder auch einer Reform der Ladenschlusszeiten für mehr verkaufsoffene Sonntage, unterstützen. Schließlich muss auf allen Ebenen etwas für die Erreichbarkeit der Innenstädte getan werden, denn nur dort, wo viele Menschen sind, blühen die Innenstädte.