Element of Crime-Frontmann Sven Regener, der mit der Band gerade auf Tour ist, erobert mit seinem neuen Roman aus dem Lehmann-Universum die Belletristik-Hardcovercharts: "Glitterschnitter" (Galiani Berlin; ET: 9. September) holt sich auf Anhieb Platz 2, nur Juli Zeh bleibt mit ihrem Roman aus der brandenburgischen Provinz "Über Menschen" (Luchterhand; ET: 22. März), der seit 26 Wochen in den Charts kreist, vor ihm.
"Glitterschnitter" spiele im Spätherbst 1980, so die stellvertretende Programmleiterin Esther Kormann auf Anfrage von Börsenblatt online. "Er knüpft unmittelbar an den Roman 'Wiener Straße' an. Aber man muss kein einziges Regener-Buch kennen, um sich zurechtzufinden. Hauptschauplatz sind zwei nebeneinanderliegende Cafés in der Wiener Straße, Berlin-Kreuzberg. Die Band Glitterschnitter organisiert dort ein Konzert. Die jungen Musiker wollen unter anderem durch Einsatz einer Bohrmaschine die Musik neu erfinden und hoffen, durch ihren kurzfristig organisierten Auftritt von einer etwas raubeinigen Kuratorin zu einer großen Kunstsause am Wannsee – die Wall City Noise – eingeladen zu werden."
Kommt Herr Lehmann auch vor? "Mit Frank Lehmann fängt der Roman an. Er befindet sich da gerade in einem hitzigen Disput über deutsche und österreichische Kaffeekultur. Man trifft aber auch die ganzen Bagaluten wieder, die man aus den anderen Romanen von Sven Regener kennt, und die für viele seiner Leser schon fast sowas wie Freunde geworden sind", so Kormann. Und es gebe sogar Neuzugänge: die mit allen Wassern gewaschene Kuratorin und Musikmanagerin Leo. In "Glitterschnitter" gebe es im Unterschied zu "Herr Lehmann" keine zentrale Figur, das Buch sei eher eine Art erzählerisches Wimmelbild, das Geschehen werde aus der Perspektive sehr vieler Figuren erzählt.
Man schaue ganz vielen Figuren beim Denken zu, schalte ständig von einer zur anderen und erlebe, dass Innen und Außen bisweilen stark auseinanderklaffen. Der Roman lebe so gesehen nicht so sehr von einem Plot, sondern viel von irrwitzigen Dialogen, Gedanken und Spekulationen.
Kam die Band "Glitterschnitter" schon in anderen Regener-Büchern vor? "Von 'Glitterschnitter' ist schon einmal kurz in 'Magical Mystery' die Rede, als Ferdi, Raimund und Karl Schmidt sich nach vielen Jahren zufällig über den Weg laufen und sich an ihre Band erinnern, in der Karl Schmidt die Bohrmaschine gespielt hat", so Kormann.
Und der Name "Glitterschnitter"? Kormann findet: "Der Name der Band ist toll! Für mich steht er dafür, dass Kunst dazu da ist, sowas wie Glanz ins Leben zu bringen. Und dass dieser Glanz manchmal durch Zufall entsteht, oft aber auch mit Anstrengung verbunden ist. Und mit Mut."
"Glitterschnitter" sei der Spitzentitel des Verlags im Herbst, "da werden natürlich alle Register gezogen", sagt Kormann über das Marketing. "Besonders gefreut hat uns, dass der Hamburger Künstler Viertausend wie schon bei 'Wiener Straße' ein großartiges Covermotiv gemalt hat, aus dem wir ein A1-Schmuckplakat in limitierter Auflage für den Buchhandel gemacht haben. Und nicht zu vergessen: Der Autor hat einen ganzen Nachmittag Bücher signiert. Mehr geht nicht!"
"Wir sind mit 80.000 Büchern an den Start gegangen", fährt Kormann fort. "Allerdings sind wir damit bereits in der 3. Auflage, weil wir schon vor dem Erscheinungstermin ständig nachkorrigieren mussten. Viele Buchhändler haben das Buch vorab gelesen und mochten es so sehr, dass sie sofort nachgeordert haben."
Und schließlich gefragt, was ist das Schöne an der Zusammenarbeit mit Regener? "Es gibt viel zu Denken. Viel zu Lernen. Und viel zu Lachen", bringt es Kormann auf den Punkt.
Zudem kommen weitere neue Titel in die Hardcoverliste:
Auf Platz 6 neu dabei ist "Schöne Welt, wo bist du" (Claassen; ET: 7. September; Ü: Zoë Beck), der dritte Roman der 30-jährigen irischen Schriftstellerin Sally Rooney. Im Mittelpunkt der Handlung, die in Dublin und in einem Küstenort spielt, stehen die Liebesgeschichten von vier jungen Menschen: Von der Schriftstellerin Alice und des Lagerarbeiters Felix, von Alices bester Freundin Eileen und ihrem Jugendfreund Simon. Vier, "die sich nahe sind, die einander verletzen, die sich austauschen: über Sex, über Ungleichheit und was sie mit Beziehungen macht, über die Welt, in der sie leben", so der Klappentext. Die auf der Verlags-Website zitierten Kritiken sehen Rooneys bislang besten Roman. Sie sei eine "Meisterin psychologisch genauen, realistischen Erzählens, emotional effektiv und analytisch genau", urteilte etwa Julia Dettke in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Ihr "Girl on the Train" (2015) verkaufte sich laut Verlag weltweit rund 23 Millionen Mal, die Verfilmung mit Emily Blunt war ein Kassenschlager – nun legt die britische Autorin Paula Hawkins (ihre Website), dazwischen lag noch "Into the Water" (2016), ihren dritten Thriller vor: "Wer das Feuer entfacht – Keine Tat ist je vergessen" (Blanvalet; ET: 6. September; Ü: Christoph Göhler) steigt neu auf Platz 25 ein. Auf einem Hausboot in London wird ein brutal ermordeter junger Mann entdeckt, drei Frauen sind unter den Verdächtigen. In den USA stand der Titel an der Spitze der Charts, die "New York Times" lobte den raffinierten Plot.
- Paula Hawkins ist bei der Belletristik (HC) die Aufsteigerin der Woche (plus 34 Plätze), fast genauso gut schneidet Sally Rooney ab (plus 33 Plätze).
Ebenfalls neu in der Hardcover-Top 25: Das bislang nie in Buchform erschienene Märchen "Florian, der Karpfen" (Hoffmann und Campe; ET: 1. September) von Siegfried Lenz (1926–2014) startet auf Platz 21. Der bibliophile Band versammelt laut Verlag weitere Texte über die besondere Beziehung von Lenz zur Natur, zum Wasser, zum Angeln – und zum Fisch.
Und Platz 23 geht neu an den schwedischen Journalisten, Autor, TV-Moderator und Blogger Alex Schulman und seinen Debütroman "Die Überlebenden" (dtv; ET: 20. August; Ü: Hanna Granz), der in seinem Heimatland wochenlang an der Spitze der Charts stand. In einem Holzhaus am See haben die Brüder Benjamin, Pierre und Nils ihre Kindheit verbracht – nach 20 Jahren kehren sie dorthin zurück, um die Asche ihrer Mutter zu verstreuen. Sie haben sich auseinandergelebt, kann die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit daran etwas ändern? Auf der Website von dtv findet sich ein Buchtrailer sowie ein Grußwort von Schulman an seine deutschen Leser.