Buchcharts – die aktuellen Bestsellerlisten

Platz 1 für Klaus-Peter Wolf

16. Februar 2021
Matthias Glatthor

Mit "Ostfriesenzorn" setzt sich Wolf sofort an die Spitze der Belletristik-Liste (TB) – beim Hardcover schlägt Rossmanns "Oktopus" zurück. Höchste Neueinsteigerin ist dort eine südkoreanische Autorin mit einem bemerkenswerten Roman über Frauenrollen in der Gesellschaft. Beim Sachbuch (Taschenbuch) schießt ein Titel über Corona-Impfsoffe von Null auf Platz 1. Einblicke in die aktuellen Wochencharts auf Börsenblatt online.

Die Wochencharts auf Börsenblatt Online

Ermittlungszeitraum: 8. bis 14. Februar 2021

Belletristik: Klaus-Peter Wolf ganz vorn

Mit "Ostfriesenzorn" (Fischer Tb.) springt Krimibestseller-Autor Klaus-Peter Wolf bereits zum 12. Mal (und zum zweiten Mal in der Corona-Pandemie) mit einem neuen Titel von Null auf Platz 1 in den Belletrstik-Charts (Taschenbuch). "Ostfriesenzorn" ist der 15. Fall für Ann Kathrin Klaasen – einzelne Bände der erfolgreichen Krimi-Reihe wurden bereits fürs ZDF verfilmt. Die Kommissarin will diesmal beim Urlaub auf Langeoog zur Ruhe kommen, doch dann schlägt ein Serienmörder zu. Ein unerwartetes Hilfsangebot erhält sie von einem alten Bekannten: Dem verurteilten Mörder Dr. Bernhard Sommerfeldt, der im Gefängnis einsitzt. Zudem geht es auch um "Upskirting" (Frauen unter den Rock fotografieren).

"Unsere Startauflage beträgt 160.000 Exemplare – unabhängig vom Lockdown", so der Frankfurter Verlag. Der Erscheinungstermin wurde nicht verschoben. "Nachdem wir beim ersten Lockdown 2020 etwa 10 Prozent der Titel verschoben hatten, tun wir dies 2021 nur in Einzelfällen. Das entspricht auch dem Wunsch des Handels, der uns ausdrücklich sagt: Wir brauchen auch im Lockdown starke Novitäten", erklärt Vertriebsleiterin Annette Coldewe. Während der Lockdowns hätten Leserinnen und Leser zwar verstärkt online Bücher gekauft.. "Das stationäre Sortiment kommt aber, das war schon 2020 so, erstaunlich gut durch die Krise – durch ein ungeheures Engagement offline wie online." Zudem sei durch vorsichtigen Einkauf des Buchhandels eine Verschiebung zum Weg über die Barsortimente zu sehen. Eine Verschiebung hin zum Nebenmarkt, könne sie in der Praxis nicht bestätigen.

Dennoch hat den Verlag umgetrieben, wie man in Corona-Zeiten Aufmerksamkeit für Wolfs neuen Titel schaffen könne. So ließ man etwa in der vergangenen Woche dreimal vor der 20.00 Uhr-"Tagesschau" in der ARD einen TV-Spot laufen. "Es ging uns dabei um die Erreichung einer größtmöglichen Sichtbarkeit in der Zielgruppe – sowohl für das Buch als auch für den Autor. Gleichzeitig wollten wir auch ein positives Signal, ein Zeichen der 'Zuversicht' an den Buchhandel geben", sagte Marketing-Leiter Thomas Reisch dazu in einer Presseinformation. Dass man alles für den Erfolg dieses "ökonomisch so wichtigen Buches" gebe.

Wie sich die TV-Werbung ausgewirkt habe, darüber habe man noch keine Auswertung, erklärt der Verlag aktuell. "Vom Handel haben wir sehr positive Rückmeldungen auf die Ausstrahlung der TV-Spots bekommen, das wurde als wichtiges Signal erkannt."

  • Ein Sehtipp: Klaus-Peter Wolf hat aus "Ostfriesenzorn" auch für die erste NWZ-Leselounge – eine kleine Internet-Show, bestehend aus Lesungen, Interviews und Musik – der "Nordwest Zeitung" gelesen. Ab 18. Februar, ab 18 Uhr steht das Video unter ol.de/nwz-leselounge kostenlos zur Verfügung.

Ein Buch mit Sprengkraft

In den Belletristik-Charts (Hardcover) schlägt der Oktopus zurück: Drogerie-Chef Dirk Rossmann klettert mit "Der neunte Arm des Oktopus" (Lübbe) wieder auf den ersten Platz (Vorwoche: Platz 5) – vermutlich auch dank der Verkäufe über die Rossmann-Märkte, die im Lockdown geöffnet bleiben dürfen. Der Spitzenreiter der Vorwoche, Haruki Murakami mit "Erste Person Singular" (Dumont), fällt auf Platz 3. Den zweiten Platz hält T.C. Boyles "Sprich mit mir" (Hanser).

Höchstplatzierte Neueinsteigerin ist "Kim Jiyoung, geboren 1982" (Kiepenheuer & Witsch) von der Südkoreanerin Nam-Joo Cho – sie beginnt auf Platz 14. Die Protagonistin Kim Jiyoung, eine Mitdreißigerin, lebt in einer kleinen Wohnung am Rande der Metropole Seoul. Wie von der Gesellschaft erwartet, hat sie nach der Geburt ihres Kindes, ihren Job aufgegeben – doch dann entwickelt sie offenbar eine Psychose. Ihr Ehemann schickt sie zu einem Psychiater. Dieser erzählt ihr Leben, das von Frustration und Unterwerfung bestimmt ist, nach. Das Buch decke eine Alltagsmisogynie auf, die Frauen weltweit nachvollziehen könnten, so der Verlag.

"Wir haben 2018 die Rechte für 'Kim Jiyoung, geboren 1982' eingekauft, weil wir von der Sprengkraft des Buches überzeugt waren", erklärt Pressereferentin Claudia Barczewski für ihren Verlag auf Anfrage, "Südkorea scheint weg weit, doch es geht Frauen auf der ganzen Welt wie der Protagonistin im Buch, denn wir leben noch immer in einer patriarchalen Gesellschaft, auch in Deutschland." Die südkoreanische Originalausgabe ist bereits 2016 erschienen, warum kommt erst jetzt die deutsche Ausgabe? "Es gab erst 2018 eine Übersetzung ins Englische, die das Lektorat dann als Manuskript selbst lesen konnte. Es ist nicht ungewöhnlich für Manuskripte aus dem asiatischen Raum, dass sie nicht sofort nach Europa verkauft werden." 

Die Verfilmung des Stoffes hatte keinen Einfluss auf die Entscheidung, das Buch auf Deutsch zu bringen. "Die Rezeptionsgeschichte in Korea allerdings fanden wir extrem beeindruckend", so Barczewski. "Cho Nam-Joos Roman war und ist ein Politikum – Frauen demonstrierten mit dem Buch in der Hand für ihre Rechte, es wurde in der Regierung gelesen, es wurden Gesetze geändert mit den Worten 'Kim Jiyoung kann aufatmen', K-Pop-Stars erhielten Morddrohungen, weil sie den Roman empfahlen – wenn noch jemand sagt, Literatur hat keine Macht, dem schicken wir gern dieses Buch zu."

Die deutsche Ausgabe habe man "selbstverständlich aus der Originalsprache übersetzt" und "wir konnten sehr schnell unsere absolute Wunschübersetzerin Ki-Hyang Lee für das Projekt gewinnen. Natürlich kannte sie das Buch bereits und wir kannten ihre ausgezeichnete Übersetzung von Han Kans Werken." Durch die  Übersetzung "lebt dieses Buch auch im deutschen und bringt uns Südkorea näher, ohne zu überfordern".

Als Startauflage gibt der Verlag 25.000 Exemplare an. "Da das Buch Leseexemplar war, wodurch die Buchhändlerinnen sich schon früh von der Wichtigkeit des Buches überzeugen konnten, und es auch schon Bestsellererfolge im Ausland aufwies, hat der Einverkauf in den Handel sehr gut funktioniert", erklärt Barczewski.

Nebenbei gefragt: Wie verschafft sich Kiepenheuer & Witsch allgemein Sichtbarkeit für seine Titel in Lockdown-Zeiten? Hierauf antwortet Marketingleiterin Stefanie Wacker: "Viele Aktivitäten haben sich besonders im letzten Jahr nochmal sehr verstärkt auf unsere Onlinekanäle verlagert. Neben der redaktionellen Begleitung auf unseren eigenen Kanälen intensivieren wir auch die Sichtbarkeit über Paid Kampagnen sowie die Zusammenarbeit mit Influencern und Communities." Ein sehr gutes Beispiel sei dafür gerade die Kampagne zu "Kim Jiyoung, geboren 1982" von Cho Nam-Joo. "Zudem ist und bleibt die Abstimmung aller geplanten Maßnahmen über alle Abteilungen hinweg eine wichtige Grundlage für die Sichtbarkeit unserer Titel", ergänzt Wacker.

Neu auf Platz 16 ist Axel Hacke mit "Im Bann des Eichelhechts" (Kunstmann) dabei, einen "heiteren, lustigen Sprachspielbuch", wie es Hacke selbst in einem Trailer charakterisiert. Dort erzählt er auch, was ein "Eichelhecht" ist und wie er ihn gefunden hat:

Axel Hacke über "Im Bann des Eichelhechts"

Ebenfalls neu in den Belletristik-Charts (Hardcover):

  • Platz 18: "Trost" (Penguin) von Thea Dorn
  • Platz 19: "Ministerium der Träume" (Blumenbar) von Hengameh Yaghoobifarah. Von der Kritik hochgelobte Migrationsgeschichte: "Alltagsrassimus Mal zart poetisch, mal rotzig", urteilte "Der Freitag", der Roman sei "richtig gut". Das Buch sei "eine Verneigung vor der Liebe zweier Schwestern, die einander ein Zuhause sind, weil es kein Land, kein Staat je sein wollte", meinte das "Süddeutsche Zeitung Magazin".

Sachbuch: Fragen zu den Corona-Impfstoffen

Von Null auf Platz 1 schießt in den Taschenbuchcharts (Sachbuch) "Corona-Impfstoffe: Rettung oder Risiko?" (Quadriga) von Clemens G. Arvay (mehr über ihn auf seiner Website: clemensarvay.com) – kein Wunder bei der aktuellen Debatte um die Impfstoffe, bei der es aber eher um die Beschaffung ausreichender Mengen an Impfstoff geht. Arvay, Biologe und Autor mit dem Schwerpunkt Gesundheitsökologie, untersucht die Zulassungsverfahren, stellt Fragen in Bezug auf Wirksamkeit und Sicherheit der neuen Covid-19-Impfstoffe. Er habe den Anspruch, wie er in seiner Einleitung weiter schreibt, den "wissenschaftlichen Diskurs über die Risiken der beschleunigten Testverfahren umfassend abzubilden". Er richte sich mit seinem Buch an diejenigen, die ihre persönliche Impfentscheidung auf umfassende Informationen aufbauen möchten. Eine Empfehlung für oder gegen einen Impfstoff werde er nicht abgeben.

Für ihr Buchprojekt "Zukunftsrepublik" (Campus), mit Rang 9 der höchstplatzierte Neueinsteiger beim Sachbuch (Hardcover), haben die sechs Herausgeber*innen "über 80 herausragende Persönlichkeiten eingeladen, ein Feuerwerk an persönlichen Einschätzungen und Wegweisern für Deutschland zu kreieren", wie es im Vorwort heißt. "Es sind Zukunftsvisionen von Deutschland im Jahr 2030 in den Bereichen Bildung, Wirtschaft, Arbeit, Gesundheit, Politik und Gesellschaft." Und es seien Forderungen danach, wie Deutschland die notwendige Zukunftsfähigkeit erlangen könne. Eine der Autor*innen ist Maja Göpel, die mit ihrer Zukunftsvision "Unsere Welt neu denken" (Ullstein) seit 50 Wochen in den Charts steht – aktuell auf Platz 21. Im Sammelband widmet sie sich dem Thema Gesellschaft. In seiner politischen Skizze "Von hier an anders" (Kiepenheuer & Witsch; Platz 2; Vorwoche: Platz 3) entwickelt Grünen-Chef Robert Habeck – passend zum Wahljahr – "eine Politik, die den Problemen unserer Zeit angemessen ist", so der Verlag.

Von Habecks Buch, das sich seit fünf Wochen in den Charts befindet, hat der Verlag laut Auskunft bisher 50.000 Exemplare verkauft. Der Nachdruck laufe bereits. "Seit Jahren stehen wir mit unserem Autor Robert Habeck immer wieder im engen Austausch über mögliche Projekte", so Kiepenheuer & Witsch. Da man von seinem letzten Buch über das Verhältnis von Sprache und Politik "Wer wir sein könnten" über 70.000 Exemplare verkauft habe und es immer noch nachbezogen werde, habe man schon eine erneute Bestsellerplatzierung erhofft. Platz 2 direkt hinter Barack Obamas Memoiren "Ein verheißenes Land" (Penguin) sei "natürlich eine schöne Überraschung, insbesondere weil Bücher von noch aktiven Politikern (im Vergleich zu Memoiren von Elder-Statesman) eher selten so erfolgreich sind".

Die weiteren Neueinsteiger beim Sachbuch (Hardcover):

  • Platz 15: "Außerirdisch" (DVA) von Avi Loeb. Der Astronom und Harvard-Professor räsoniert über die Wahrscheinlichkeit außerirdischen Lebens
  • Platz 17: "BasisBibel. Die Komfortable. Lila" (Deutsche Bibelgesellschaft)
  • Platz 19: "Karl und ich" (Heyne) von Baptiste Giabiconi. Der enge Freund Karl Lagerfelds schreibt über die Jahre an der Seite des Modeschöpfers
  • Platz 20: "Bad Company" (Penguin) von Jörn Leogrande. Der ehemalige Wirecard-Mitarbeiter berichtet über seine Erfahrungen in der Skandalfirma.
  • Platz 24: "Eine Formalie in Kiew" (Hanser Berlin) von Dmitrij Kapitelman. Der Autor erzählt die Migrationsgeschichte seiner Familie

Ratgeber: Zweisamkeit

Der aus dem TV ("First Dates – ein Tisch für Zwei" auf VOX) bekannte Sternekoch Roland Trettl und seine Frau Daniela, medizinische Kosmetikerin, Yogalehrerin und "leidenschaftliche Köchin", servieren in dem schön gestalteten Buch "Kochen zu zweit" (Südwest) mehr als 80 Rezepte. Zweierkochspaß für Paare – und solche, die es werden wollen, möchte man ergänzen. Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Trettls erstes Kochbuch hilft offenbar auch dabei, durch den Lockdown zu kommen. Es startet auf Platz 2 in den Ratgebercharts.

Die weiteren Premieren:

  • Platz 5: "Frei und unverbogen" (Beltz) von Susanne Mierau. "Dieses Buch lädt dich ein, dein Kind wirklich kennenzulernen und dadurch den für euch richtigen Weg einzuschlagen. Mit euren Möglichkeiten, nach euren Bedürfnissen", formuliert die Kleinkindpädagogin in ihrer Einleitung.
  • Platz 16: "Die 12 Tiroler" (CSV) von Toni Innauer, Skisprung-Olympiasieger und ZDF-Skisprung-Expert
  • Platz 18: "Der Fettversteher" (Ullstein Pb.) von Alexander Bartelt

Der Link zu den Wochenlisten:

https://www.boersenblatt.net/news/bestseller

Insgesamt gibt es 26 Neueinsteiger und 14 Wiedereinsteiger in unsere aktuellen Wochencharts (ohne Essen & Trinken / Ernährung)

Über die Bestsellerlisten

Die Börsenblatt-Bestsellerlisten basieren auf Verkaufszahlen, die von unserem Kooperationspartner Media Control erhoben werden. Hierzu werden wöchentlich, elektronisch die Verkaufszahlen aus den Warenwirtschaftssystemen von deutschlandweit mehr als 6.550 Verkaufsstellen ausgelesen: Sortimentsbuchhandlungen inklusive eCommerce, Bahnhofsbuchhandel, Kauf- und Warenhäuser sowie Elektro- und Drogeriemärkte. Bezogen auf das Umsatzvolumen bilden die Daten 88 Prozent des gesamten deutschen Buchmarktes ab. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.