Buchcharts – die aktuellen Bestsellerlisten

Platz 1 für Carolin Kebekus und Jonathan Franzen

13. Oktober 2021
Matthias Glatthor

Die beiden Senkrechtstarter der Woche sind Carolin Kebekus und Jonathan Franzen beim Sachbuch und der Bellertristik. Hoch steigt auch der Soziologe Harald Welzer ein, mit einem "Nachruf auf mich selbst". Einblicke in die aktuellen Börsenblatt-Bestsellerlisten.

Die Wochencharts auf Börsenblatt Online

Ermittlungszeitraum: 4. bis 10. Oktober 2021

Belletristik: Jonathan Franzen stürmt auf Platz 1

Bei Rowohlt herrsche "große Freude" über den fulminanten Start von Jonathan Franzens "Crossroads" (Rowohlt; ET: 5. Oktober; Ü: Bettina Abarbanell) von Null auf Platz 1 in unseren Belletristik-Hardcovercharts, so Presseleiterin Regina Steinicke gegenüber Börsenblatt online. Die Erstauflage von "Crossroads" habe eine Höhe von circa 180.000 Exemplaren. Die Null-auf-Eins-Springerin der vorigen Woche, Kerstin Gier mit "Vergissmeinnicht – Was man bei Licht nicht sehen kann" (Fischer; ET: 29. September), fällt damit auf Position 2 zurück.

Der Titel "Crossroads" bezieht sich auf eine gleichnamige kirchliche Jugendgruppe im Roman (der Gedanke der erwachsenen Initiatoren im Buch dahinter: "Jugendliche könnten sich mit dem Namen eines Rocksongs identifizieren"). Die Handlung spielt, so lässt es sich aus dem Klappentext entnehmen, an einem einzigen Tag, dem 23. Dezember 1971, im sturmgeplagten Chicago. Im Mittelpunkt steht die Familie des evangelischen Pastors Russ Hildebrandt, dessen Ehe mit Marion auf der Kippe steht. Sohn Clem kommt von der Uni zu Besuch, mit einer erschütternden Mitteilung im Gepäck, und Tochter Becky driftet in die Musikszene ab. Der jüngere Bruder Perry verkauft Drogen in der Schule, will der schiefen Bahn aber wieder den Rücken kehren. Konfliktstoff genug, also.

Der 832 Seiten starke Titel ist der erste einer geplanten Trilogie von Franzen, seinem Opus magnum "Ein Schlüssel zu allen Mythologien". Band 2 soll voraussichtlich in circa drei Jahren erscheinen, erklärt Steinicke. Dieser sei dann um das Jahr 2000 angesiedelt, der dritte in der Gegenwart. 

Warum blickt der 1959 in Western Springs bei Chicago geborene Franzen mit "Crossroads" in die 70er Jahre zurück? Er habe seine ersten fünf Romane in einer leicht wiedererkennbaren Gegenwart angesiedelt, "und als ich darüber nachdachte, wurde mir klar, dass die entscheidenden Jahre meines Lebens, nämlich die ersten sechs Jahre der Siebziger, in meiner Literatur bisher überhaupt nicht vorgekommen sind. Ich hatte nie über diese Zeit geschrieben, obwohl es die prägende Zeit meines Lebens gewesen ist", sagt er in einem Gespräch mit seinem US-Verleger, das Rowohlt auf seiner Website wiedergibt. Ab einem gewissen Alter sehe man Dinge wiederkehren, Geschichte komme einem als "eine großartige Möglichkeit vor, darüber zu reden, was in der Gegenwart passiert."

Die auf der Rowohlt-Website zitierten Kritiken zeigen sich begeistert: Einen "Monolithen von einem Gegenwartsroman", sieht Felix Stephan in der "Süddeutschen Zeitung", Martin Ebel lobt im "Tages-Anzeiger" "diese Brillanz, diese Virtuosität im Großen und im Detail". Christian Bos schreibt im "Kölner Stadt-Anzeiger", "Crossroads" lese sich wie ein Dostojewski für unsere Zeit. Es sei "ein atemberaubend gut geschriebener Familienroman über Moral, Religion und Vergebung", urteilte Tobias Wenzel bei SWR 2.

Welche Aktionen zum Buch gibt es? Jonathan Franzen werde sich aus Santa Cruz in Kalifornien am 16. Oktober nach Hamburg, am 25. Oktober nach Köln, am 31. Oktober nach Göttingen und im Dezember nach Berlin schalten, um den deutschen Leser:innen seinen neuen Roman im digitalen Gespräch vorzustellen. Eine Plakatkampagne mit Flächen in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln und München habe mit Erscheinen des Buchs begonnen, so Regina Steinicke. 

Ein kurzer Blick noch auf die Geschichte von Jonathan Franzen und Rowohlt: Franzen veröffentlicht seine Bücher seit 2001 im Verlag; inzwischen sind zwölf Bücher von ihm auf Deutsch erschienen, sechs Romane und sechs Essaybände, führt Steinicke aus. Die bisherige Gesamtauflage der deutschsprachigen Franzen-Bücher liege bei circa 1,4 Millionen Exemplaren (ohne die Exemplare von "Crossroads"). Sein bisher erfolgreichstes Buch sei der 2001 erschienene Roman "Die Korrekturen".

Drei weitere Neueinsteiger

In der Hardcoverliste (Belletristik) haben wir drei weitere neue Titel. Auf Platz 8 beginnt der schwedische Krimiautor Håkan Nesser (seine Website) mit "Schach unter dem Vulkan" (btb; ET: 4. Oktober; Ü: Paul Berf), der siebte Fall für Kommissar Gunnar Barbarotti. Dieser muss sich auf die Suche nach drei verschwundenen Autor:innen begeben.

Ein weiterer hochkarätiger Neueinsteiger geht auf das Konto von Kiepenheuer & Witsch. "Every" (ET: 7. Oktober; Ü: Klaus Timmermann, Ulrike Wasel) des US-Autors Dave Eggers (seine Website) erreicht Platz 12. Es ist eine Fortschreibung seines vorausschauenden Weltbestsellers "Der Circle". Das Über-Unternehmen Every ist aus der Fusion des weltweit größten Social-Media-Anbieters mit dem erfolgreichsten Onlineversandhaus hervorgegangen. Delaney Wells heuert dort an, will die Firma von innen heraus zersetzen. "Every" hatte eine Startauflage von 120.000 Exemplaren, so KiWi-Marketingleiterin Stefanie Wacker auf Anfrage, davon seien innerhalb der ersten Woche circa 60.000 Exemplare verkauft worden.

Letzter Neuling bei den Hardcovern ist, auf Platz 14, "Nachtleben" (Atlantik; ET: 5. Oktober) von Sabin Tambrea. Der rumänisch-deutsche Schauspieler (Ku'damm-Reihe, Babylon Berlin) legt hier seinen ersten Roman vor, die Geschichte einer tragischen Liebe zwischen Anna und Anno.

Neue Krimireihe beim Paperback

In der Paperbackliste startet Blanvalet eine Krimireihe des dänischen Autorenduos Kim Faber und Janni Pedersen: "Winterland" (ET: 4. Oktober; Ü: Franziska Hüther) ist der erste Fall für das Ermittlergespann Martin Juncker, von Kopenhagen in die Provinzstadt Sandsted versetzt, und seine ehemalige Kollegin Signe Kristiansen. Es gilt einen Mord in Sandsted aufzuklären und ein Bombenanschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Kopenhagen. Ein Bestseller in Dänemark und bei uns neu auf Platz 8. Den zweiten Band kündigt der

Sachbuch: Carolin Kebekus neu auf der Eins

Comedystar Carolin Kebekus (ihre Website), die für "Die Carolin Kebekus Show" (WDR) in diesem Jahr einen Grimme-Preis erhielt, startet mit "Es kann nur eine geben" (Kiepenheuer & Witsch; ET: 7. Oktober) ebenfalls durch: Von Null auf Platz 1 heißt es für sie in den Sachbuchcharts (Paperback). Im Buch, das sie mit Co-Autorin Mariella Tripke (eine Comedy-Autorin; beide kennen sich schon lange) geschrieben hat, geht es um Frauen an der Spitze. Aber warum soll/kann es immer nur "die Eine" sein? Dieser Frage geht Kebekus auf den Grund. Schaut in Bibel, Märchen und gesellschaftliche Realität.

Wie kam denn das Projekt mit Carolin Kebekus zustande? "Wir haben lange versucht, sie zu einem Buch zu bewegen, das Thema kam von ihr und das hat uns gleich überzeugt", erläutert KiWi-Marktetingleiterin Stefanie Wacker gegenüber Börsenblatt online. "Die Zusammenarbeit war sehr angenehm, sie ist professionell und kann super schreiben und hat einen sehr klaren Kompass." Wie würde sie das Buch einordnen? "Es ist ein ernstzunehmender Beitrag zu einem wichtigen gesellschaftlichen Thema, der durch ihren unverkennbaren Humor unterhält."

Bei Carolin Kebekus sei KiWi mit einer Startauflage von 120.000 Exemplaren ins Rennen gegangen, davon seien innerhalb der ersten Woche knapp 50.000 Exemplare verkauft worden.

Wenn man das Buch in die Hand nimmt, fällt zunächst das überspitzte, ironische Cover auf (Kebekus mit Strahlenkranz auf einem Thron) – wer hatte die Idee dazu? "Der Umschlag ist in Zusammenarbeit mit der Autorin entstanden. Wir haben verschiedene Ansätze besprochen, aber die tollen Fotos aus dem Shooting waren dann ausschlaggebend für die Gestaltung", so Wacker.

Welche Aktionen zum Buch sind mit Carolin Kebekus geplant? Wacker sagt: "Wir haben im Vorfeld bereits mit vielen bekannten Persönlichkeiten, wie Aminata Belli, Mai Thi Nguyen-Kim oder Maren Kroymann, Videos zum Buch aufgenommen, die Carolin Kebekus nach und nach auf ihren Social Media-Kanälen veröffentlicht." Parallel starte nun noch eine Outdoor-Kampagne sowie eine massive Onlinekampagne und -begleitung. "Gepaart mit der tollen Presseresonanz und dem Engagement der Autorin werden wir die Sichtbarkeit für das Buch möglichst lange aufrechterhalten."

  • Am 13. Oktober wurde zudem gemeldet, dass Carolin Kebekus und Shary Reeves den Bayerischen Fernsehpreis in der Kategorie Unterhaltung für ihren "Brennpunkt Rassismus" erhalten. Im Rahmen der Carolin Kebekus Show berichteten schwarze Menschen von rassistischen Erfahrungen in Deutschland. 8 Minuten 46 Sekunden lang – so lange wie ein Polizist in Minneapolis auf dem Hals von George Floyd kniete. "Mit dem Stück gelingt Reeves und Kebekus nicht weniger als ein Meisterwerk der Aufklärung", so die Jury.

Nicht wesentlich schlechter als Kebekus springt die Journalistin und Podcasterin ("Ohne Alkohol mit Nathalie") Nathalie Stüben (ihre Website) in die Paperbackcharts: "Ohne Alkohol: Die beste Entscheidung meines Lebens" (Kailash; ET: 4. Oktober) kommt sofort auf Platz 3. "Ich kläre anhand meiner eigenen Geschichte über die großen Irrtümer auf, die in Bezug auf Alkohol, Alkoholabhängigkeit und Abstinenz durch unsere Gesellschaft geistern", erklärt sie in ihrem Blog. Und sie will vermitteln, dass "ein Leben ohne Alkohol ein schöneres ist".

KiWi kann sich noch über eine weitere Neueinsteigerin bei den Paperbacks freuen: Die Journalistin und Moderatorin Mona Ameziane (ihre Website) ergattert mit "Auf Basidis Dach" (Kiepenheuer & Witsch; ET: 7. Oktober) Platz 11. Ameziane, bekannt etwa durch die Büchersendung "Stories" bei 1LIVE, erzählt in ihrem ersten Buch von Marokko, dem Herkunftsland ihres Vaters. Die Startauflage beträgt laut Verlag 20.000 Exemplare.

 

Sachbuch (Hardcover): Neues von Harald Welzer

Harald Welzer, "einer der einflussreichsten Intellektuellen Deutschlands" ("Tagesspiegel"), lässt schon mit dem Titel seines neuen Werks aufhorchen: "Nachruf auf mich selbst" (S. Fischer; ET: 6. Oktober) – neu auf Platz 6. Darin breitet er eine "Kultur des Aufhörens" (Untertitel) aus. "Jede und jeder (sollte) einen Nachruf über sich selbst schreiben, darüber, wie sie oder er gelebt zu haben hofft, wenn er noch lebt", formuliert Welzer im ersten Kapitel. Und: "Den Nachruf auf mich selbst können Sie ab S. 207 lesen, erst möchte ich Ihnen aber noch ein paar Geschichten erzählen." Darin dreht es sich etwa um Klimawandel und eine Abkehr vom Wachstumsgedanken – und ja, auch um den Tod und wie unsere Gesellschaft damit umgeht.

Welzer ist auf der kommenden Frankfurter Buchmesse zu Gast. Am 21. Oktober im Rahmen von Open Books, am 22. Oktober auf der ARD-Bühne. Wenn man Welzer kennt, weiß man, dass sich das Zuhören lohnen wird.

Die Top 4 bei den Sachbuch-Hardcovern belegen wie in der Vorwoche, der Reihe nach, Hape Kerkeling, Marianne Koch und Laura Malina Seiler und Elke Heidenreich.

 

Ratgeber:

Auf Platz 3 startet "Ottolenghi Test Kitchen – Shelf Love" (DK Verlag; ET: 4. Oktober; Ü: Regine Brams, Carmen Söntgerath) von Yotam Ottolenghi (seine Website) und Noor Murad (ihr Instagram-Kanal). Geboten werden einfache Alltagsrezepte mit Zutaten aus der Speisekammer. Das erste Buch der neuen Kochbuchserie von Ottolenghis Test Kitchen-Team.

Den Buchtrailer sehen Sie hier:

Schlagerstar Vicky Leandros (ihre Website) schafft es ebenfalls neu in die Top 10 bei den Ratgebern: In "Ein Hoch auf das Leben" (Gräfe und Unzer Autorenverlag; ET: 5. Oktober) präsentiert sie Gerichte, mit denen sie ihre Familie und Freunde verwöhnt: "Köstliche Fisch- und Fleischgerichte, und viele mediterrane vegetarische oder vegane Rezepte", so der Verlag.

Der Link zu den Wochenlisten:

https://www.boersenblatt.net/news/bestseller

Insgesamt tummeln sich diesmal 20 Neueinsteiger in unseren Charts, hinzu kommen 13 Wiedereinsteiger (ohne Essen & Trinken, Ernährung)

Die höchstplatzierte Rückkehrerin holt sich Platz 2 bei den Ratgebern: Es ist die Medizinjournalistin und TV-Moderatorin Vera Cordes (Gesundheitssendung "Visite" beim NDR) mit "Ich hätte da was für Sie" (Gräfe und Unzer; ET: 3. August), das selbsterprobte Gesundheitstipps enthält. Sie kommt damit auf insgesamt acht Wochen in den Ratgebercharts und holt aber erst jetzt ihre beste Platzierung. In der KW 30 war der Titel neu auf Platz 21 eingestiegen, die Woche darauf sprang er auf Platz 3, danach sank er wieder, hielt sich aber durchgehend bis KW 36 in den Charts. Jetzt, in KW 40, kehrt er mit einem beachtlichen Satz zurück.

Über die Bestsellerlisten

Die Börsenblatt-Bestsellerlisten basieren auf Verkaufszahlen, die von unserem Kooperationspartner Media Control erhoben werden. Hierzu werden wöchentlich, elektronisch die Verkaufszahlen aus den Warenwirtschaftssystemen von deutschlandweit mehr als 6.550 Verkaufsstellen ausgelesen: Sortimentsbuchhandlungen inklusive eCommerce, Bahnhofsbuchhandel, Kauf- und Warenhäuser sowie Elektro- und Drogeriemärkte. Bezogen auf das Umsatzvolumen bilden die Daten 88 Prozent des gesamten deutschen Buchmarktes ab. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.