Bei Rowohlt herrsche "große Freude" über den fulminanten Start von Jonathan Franzens "Crossroads" (Rowohlt; ET: 5. Oktober; Ü: Bettina Abarbanell) von Null auf Platz 1 in unseren Belletristik-Hardcovercharts, so Presseleiterin Regina Steinicke gegenüber Börsenblatt online. Die Erstauflage von "Crossroads" habe eine Höhe von circa 180.000 Exemplaren. Die Null-auf-Eins-Springerin der vorigen Woche, Kerstin Gier mit "Vergissmeinnicht – Was man bei Licht nicht sehen kann" (Fischer; ET: 29. September), fällt damit auf Position 2 zurück.
Der Titel "Crossroads" bezieht sich auf eine gleichnamige kirchliche Jugendgruppe im Roman (der Gedanke der erwachsenen Initiatoren im Buch dahinter: "Jugendliche könnten sich mit dem Namen eines Rocksongs identifizieren"). Die Handlung spielt, so lässt es sich aus dem Klappentext entnehmen, an einem einzigen Tag, dem 23. Dezember 1971, im sturmgeplagten Chicago. Im Mittelpunkt steht die Familie des evangelischen Pastors Russ Hildebrandt, dessen Ehe mit Marion auf der Kippe steht. Sohn Clem kommt von der Uni zu Besuch, mit einer erschütternden Mitteilung im Gepäck, und Tochter Becky driftet in die Musikszene ab. Der jüngere Bruder Perry verkauft Drogen in der Schule, will der schiefen Bahn aber wieder den Rücken kehren. Konfliktstoff genug, also.
Der 832 Seiten starke Titel ist der erste einer geplanten Trilogie von Franzen, seinem Opus magnum "Ein Schlüssel zu allen Mythologien". Band 2 soll voraussichtlich in circa drei Jahren erscheinen, erklärt Steinicke. Dieser sei dann um das Jahr 2000 angesiedelt, der dritte in der Gegenwart.
Warum blickt der 1959 in Western Springs bei Chicago geborene Franzen mit "Crossroads" in die 70er Jahre zurück? Er habe seine ersten fünf Romane in einer leicht wiedererkennbaren Gegenwart angesiedelt, "und als ich darüber nachdachte, wurde mir klar, dass die entscheidenden Jahre meines Lebens, nämlich die ersten sechs Jahre der Siebziger, in meiner Literatur bisher überhaupt nicht vorgekommen sind. Ich hatte nie über diese Zeit geschrieben, obwohl es die prägende Zeit meines Lebens gewesen ist", sagt er in einem Gespräch mit seinem US-Verleger, das Rowohlt auf seiner Website wiedergibt. Ab einem gewissen Alter sehe man Dinge wiederkehren, Geschichte komme einem als "eine großartige Möglichkeit vor, darüber zu reden, was in der Gegenwart passiert."
Die auf der Rowohlt-Website zitierten Kritiken zeigen sich begeistert: Einen "Monolithen von einem Gegenwartsroman", sieht Felix Stephan in der "Süddeutschen Zeitung", Martin Ebel lobt im "Tages-Anzeiger" "diese Brillanz, diese Virtuosität im Großen und im Detail". Christian Bos schreibt im "Kölner Stadt-Anzeiger", "Crossroads" lese sich wie ein Dostojewski für unsere Zeit. Es sei "ein atemberaubend gut geschriebener Familienroman über Moral, Religion und Vergebung", urteilte Tobias Wenzel bei SWR 2.
Welche Aktionen zum Buch gibt es? Jonathan Franzen werde sich aus Santa Cruz in Kalifornien am 16. Oktober nach Hamburg, am 25. Oktober nach Köln, am 31. Oktober nach Göttingen und im Dezember nach Berlin schalten, um den deutschen Leser:innen seinen neuen Roman im digitalen Gespräch vorzustellen. Eine Plakatkampagne mit Flächen in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln und München habe mit Erscheinen des Buchs begonnen, so Regina Steinicke.
Ein kurzer Blick noch auf die Geschichte von Jonathan Franzen und Rowohlt: Franzen veröffentlicht seine Bücher seit 2001 im Verlag; inzwischen sind zwölf Bücher von ihm auf Deutsch erschienen, sechs Romane und sechs Essaybände, führt Steinicke aus. Die bisherige Gesamtauflage der deutschsprachigen Franzen-Bücher liege bei circa 1,4 Millionen Exemplaren (ohne die Exemplare von "Crossroads"). Sein bisher erfolgreichstes Buch sei der 2001 erschienene Roman "Die Korrekturen".
Drei weitere Neueinsteiger
In der Hardcoverliste (Belletristik) haben wir drei weitere neue Titel. Auf Platz 8 beginnt der schwedische Krimiautor Håkan Nesser (seine Website) mit "Schach unter dem Vulkan" (btb; ET: 4. Oktober; Ü: Paul Berf), der siebte Fall für Kommissar Gunnar Barbarotti. Dieser muss sich auf die Suche nach drei verschwundenen Autor:innen begeben.
Ein weiterer hochkarätiger Neueinsteiger geht auf das Konto von Kiepenheuer & Witsch. "Every" (ET: 7. Oktober; Ü: Klaus Timmermann, Ulrike Wasel) des US-Autors Dave Eggers (seine Website) erreicht Platz 12. Es ist eine Fortschreibung seines vorausschauenden Weltbestsellers "Der Circle". Das Über-Unternehmen Every ist aus der Fusion des weltweit größten Social-Media-Anbieters mit dem erfolgreichsten Onlineversandhaus hervorgegangen. Delaney Wells heuert dort an, will die Firma von innen heraus zersetzen. "Every" hatte eine Startauflage von 120.000 Exemplaren, so KiWi-Marketingleiterin Stefanie Wacker auf Anfrage, davon seien innerhalb der ersten Woche circa 60.000 Exemplare verkauft worden.
Letzter Neuling bei den Hardcovern ist, auf Platz 14, "Nachtleben" (Atlantik; ET: 5. Oktober) von Sabin Tambrea. Der rumänisch-deutsche Schauspieler (Ku'damm-Reihe, Babylon Berlin) legt hier seinen ersten Roman vor, die Geschichte einer tragischen Liebe zwischen Anna und Anno.
Neue Krimireihe beim Paperback
In der Paperbackliste startet Blanvalet eine Krimireihe des dänischen Autorenduos Kim Faber und Janni Pedersen: "Winterland" (ET: 4. Oktober; Ü: Franziska Hüther) ist der erste Fall für das Ermittlergespann Martin Juncker, von Kopenhagen in die Provinzstadt Sandsted versetzt, und seine ehemalige Kollegin Signe Kristiansen. Es gilt einen Mord in Sandsted aufzuklären und ein Bombenanschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Kopenhagen. Ein Bestseller in Dänemark und bei uns neu auf Platz 8. Den zweiten Band kündigt der