Die Spitze der Hardcover-Charts hält wie in der Vorwoche Dirk Rossmanns "Der neunte Arm des Oktopus" (Lübbe), der Titel ist mittlerweile seit 13 Wochen in unseren Charts. Auf den zweiten Platz rückt "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" (dtv) von Alena Schröder vor (Vorwoche: Platz 4).
Eine Wiederentdeckung zum Jahresanfang ist sicher die autofiktionale Trilogie der dänischen Autorin Tove Ditlevsen über ihre Kindheit und Jugend in den 1920er und 1930er Jahren in Kopenhagen – auf Deutsch erschienen bei Aufbau (Originalausgaben: 1967, 1971). Band 1 "Kindheit" kam im Januar heraus und liegt aktuell auf Platz 13 (Vorwoche: 17), neu in die Charts rücken nun die beiden anderen Bände: "Jugend" (Platz 17) und "Abhängigkeit" (Platz 23).
Nachgefragt dazu beim Aufbau-Verlag:
"Wir haben die Rechte im Herbst 2019 beim dänischen Verlag Gyldendal gekauft", erläutert Lektorin Friederike Schilbach gegenüber Börsenblatt online. "Wir hatten den Eindruck, dass jetzt der richtige Moment für eine Veröffentlichung sein könnte, weil es einen großen Hunger nach persönlichen Lebensgeschichten gibt." Inzwischen würden mehr und mehr autofiktionale Texte veröffentlicht, die ausgehend von Persönlichem etwas Größeres erzählen. "Und Tove Ditlevsen hat Autofiktion quasi schon avant la lettre geschrieben, bevor es den Begriff überhaupt gab."
Die Startauflage von "Kindheit" lag bei 10.000 Exemplaren, so Presseleiterin Silke Ohlenforst, die der anderen Bände bei 8.000. Es musste bereits mehrfach nachgedruckt werden. "Mittlerweile sind wir beim ersten Band in der sechsten Auflage, bei den anderen beiden Bänden in der vierten Auflage." Alle drei Bände wurden von Ursel Allenstein neu ins Deutsche übertragen, wobei "Kindheit" und "Jugend" erstmals auf Deutsch vorliegen.
Der Verlag hatte den ersten Band am 18. Januar veröffentlicht, die beiden weiteren Bände folgten am 15. Februar. Welches Kalkül stand dahinter? "Wir wollten hier eine Art Sogwirkung erzielen – wie bei einer guten Serie – und wollten den Leser*innen zugleich die Gelegenheit geben, sich erst einmal mit dem ersten Band vertraut zu machen und Tove Ditlevsen als Autorin zu entdecken", erklärt Schilbach. "Trotzdem war es wichtig zu signalisieren, dass die drei Bände auf jeden Fall zusammengehören. So kommen die zwar unterschiedlichen Erscheinungstermine zustande, die jedoch noch nah genug beieinander liegen." Leser*innen, die von Band 1 begeistert waren, würden nun auch Band 2 und 3 kaufen, so die Idee, die sich offenbar bewährt hat.