Lesetipp: Buchhandel USA

Barnes & Noble kauft Indie-Kette Tattered Cover

20. Juni 2024
von Börsenblatt

Der US-Filialist Barnes & Noble kauft eine kleine lokale Kette unabhängiger Buchhandlungen in Denver und rettet diese damit vor der Schließung. Ist das eher gut oder schlecht? Das fragt sich "Literary Hub" in einem Beitrag. Befürchtet wird etwa ein weiteres Abgleiten in eine buchhändlerische Monokultur.

Tattered Cover Buchhandlung - bald unter der Flagge von Barnes & Noble

Tattered Cover, eine unabhängige, lokale Kette mit sechs Läden in der Region Denver, hat laut "Literary Hub" ein Angebot von Barnes & Noble angenommen. Barnes & Noble kauft Tattered Cover für rund 1,8 Millionen US-Dollar. Die Buchhandlungen behalten ihren Namen und alle Mitarbeitenden werden weiterbeschäftigt. Der Verkauf soll noch diesen Sommer abgeschlossen werden.

Warum will Barnes & Noble, das über 600 Filialen führt, gerade eine kleine Indie-Kette wie Tattered Cover übernehmen? Die Entscheidung von Barnes & Noble, sich auf diese Weise in den Indie-Bereich einzumischen, könnte eine erschreckende Erinnerung an die dunklen alten Zeiten wecken, als B&N in den 1990er und 2000er Jahren der Bösewicht war, der unabhängige Buchhandlungen verdrängen wollte, schreibt Drew Broussard in seinem Artikel (18. Juni).

Dem sei aber nicht mehr so. Inzwischen habe zudem es einen Stimmungswandel gegeben. Wie schon die New York Times 2022 formuliert habe: "Heute drückt praktisch die gesamte Verlagsbranche Barnes & Noble die Daumen – einschließlich der meisten unabhängigen Buchhändler". Der Stimmungswandel sei einmal auf die existenzielle Bedrohung durch Amazon begründet, aber er wurde auch von James Daunt befeuert, der Anfang der 2010er Jahre Waterstones in Großbritannien vor dem Bankrott rettete und dann 2019 das Gleiche mit B&N tat. Er habe die letzten fünf Jahre damit verbracht, "uns mit einer leidenschaftlichen PR-Kampagne davon zu überzeugen, dass B&N doch unser Freund ist".

Dennoch, so Drew Broussard: "Wenn der Verkauf zustande kommt, wird Tattered Cover keine unabhängige Buchhandlung mehr sein." Selbst wenn alles – die Einrichtung, das Personal, die Lesezeichen – gleich bleibe, werde die unbestreitbare Tatsache bestehen bleiben, dass Tattered Cover jetzt einem Unternehmenskonglomerat gehört, dessen jüngste Vergangenheit darauf ausgerichtet war, unabhängige Buchläden aus dem Geschäft zu drängen. "Diese Art der Konsolidierung mag oberflächlich betrachtet harmlos erscheinen, aber selbst wenn es dabei bleibt, beschleunigt sie unser Abgleiten in die Monokultur."

Und so müssten Buchhändler und Liebhaber von Indie-Buchhandlungen diesen kleinen Sieg, nämlich das Weiterbestehen von Tattered Cover unter dem Dach von Barnes & Noble, feiern, "während sie den Wolf, mit dem wir gemeinsame Sache gemacht haben, immer wachsamer beobachten, in der Hoffnung, dass er sich nicht umdreht und uns als nächstes verschlingt."

Den kompletten Artikel finden Sie hier: What does it mean that Barnes & Noble is buying Denver indie Tattered Cover?

Anmerkung

Das Branchenmagazin "Publishers Weekly" berichtet ebenfalls über den Kauf, nennt eine Kaufsumme von 1,83 Millionen US-Dollar. Das Magazin spricht von vier Filialen, aber laut Tattered Cover-Website kommen noch Standorte am Flughafen Denver hinzu. Aktuell habe die Indie-Kette 70 Mitarbeitende. Der Abschluss der Transaktion werde zum 31. Juli erwartet, zitierte PW die "Denver Post". Der Insolvenz-Gerichtshof müsste noch zustimmen (Tattered Cover hatte Ende 2023 ein Insolvenzverfahren begonnen). 2022 hätte Tattered Cover einen Netto-Verlust von 577.000 Dollar eingefahren.