Zur Leipziger Buchmesse

Kurt Wolff Stiftung drängt auf strukturelle Verlagsförderung

14. März 2024
Redaktion Börsenblatt

Kurz vor dem Start der Leipziger Buchmesse rückt die Kurt Wolff Stiftung die angespannte Lage vieler unabhängiger Verlagen in den Fokus. In einem Brandbrief an die Entscheider*innen in der Kulturpolitik fordert die Stiftung einmal mehr eine strukturelle Verlagsförderung.

Das Börsenblatt veröffentlicht den Brief hier im Wortlaut:

Es geht um das Buch

Wenn am kommenden Donnerstag die diesjährige Leipziger Buchmesse ihre Tore öffnet, werden wieder hunderttausende Leserinnen und Leser nach Leipzig strömen, um Autorinnen und Autoren, Verlage und vor allem Bücher zu entdecken. Der besondere Reiz dieser größten deutschen Publikumsmesse der Buchbranche liegt in der Vielfalt der ausstellenden Verlage, unter ihnen die zahlreichen unabhängigen, auf deren Existenz mancher hier zum ersten Mal aufmerksam wird.

Einige kleinere Verlage werden jedoch dieses Jahr nicht mehr dabei sein – weil es die Verlage nicht mehr gibt oder die Kosten einer Messeteilnahme für sie nicht zu stemmen sind. Längst bekennen Verlegerinnen und Verleger unabhängiger Verlage, dass sie ohne die Prämie, die mit dem von der Beauftragten für Kultur und Medien vergebenen Deutschen Verlagspreis verbunden ist, ihre Programmarbeit nicht mehr finanzieren können. Mit dem dotierten Deutschen Verlagspreis wurden seit 2019 jeweils 63 Verlage bei durchschnittlich rund 350 Bewerbungen ausgezeichnet.

Seit Jahren setzt sich die Kurt Wolff Stiftung mit Nachdruck für die Einführung einer strukturellen Verlagsförderung ein. Als die neue Bundesregierung vor drei Jahren in ihren Koalitionsvertrag die Prüfung einer strukturellen Verlagsförderung aus Mitteln von Bund und Ländern aufnahm, waren die Hoffnungen in der Branche groß. Ein Jahr vor Ende der Legislaturperiode ist der Prüfauftrag noch nicht abgeschlossen – an die Stelle von Hoffnung ist bei den Verlegerinnen und Verlegern Ernüchterung getreten:

Zu den Auswirkungen der jahrzehntelangen strukturellen Veränderungen in der Branche – Einführung von Warenwirtschaftssystemen, Konzentrationsprozesse, Ausweitung des Online-Handels – und dem sich verändernden Medienverhalten kamen durch die Pandemie und als Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine Kostensteigerungen in Herstellung und Logistik, die voranschreitende Inflation, eine weitreichende Rezession und damit einhergehend eine allgemeine tiefe Verunsicherung in der Bevölkerung, die auch vor potentiellen Leserinnen und Lesern keinen Halt macht.

Längst sind alle Branchenteilnehmer von den sich beschleunigenden negativen Entwicklungen betroffen. Das führt zu weiteren strukturellen Veränderungen, die sich derzeit im Großhandel abzeichnen und die die Sichtbarkeit der kleineren, bibliodiversen Verlagsprogramme, aber auch die Situation der inhabergeführten Buchhandlungen in der Fläche perspektivisch zusätzlich erschweren dürften.

Was verliert die Bundesrepublik, wenn unabhängige Verlage ihre Arbeit einstellen?

1.)          Die Leserinnen und Leser im gesamten Bundesgebiet („Kulturland Deutschland“) verlieren ein vielfältiges Angebot an Büchern („Kulturgut Buch“) mit unterschiedlichen Inhalten, die die offene, vielstimmige Gesellschaft nicht nur bereichern, sondern grundlegender und nachhaltiger Bestandteil der aktuell so dringenden Demokratiebildung und -stärkung sind.

2.)          Der „Organismus“ Buchbranche verliert den essentiellen Input, der nicht zuletzt unabhängigen Verlagen mit ihrem Mut zum Risiko, ihrer Flexibilität und ihrer Neugier zu verdanken ist, die neue literarische und gesellschaftliche Impulse in der Kulturlandschaft Deutschlands setzt. Zur Vielfalt der Genres, dem „besonderen Buch“, für die Bibliodiversität leisten unabhängige Verlage einen unverzichtbaren Beitrag.

3.)          Autorinnen und Autoren, Übersetzerinnen und Übersetzer, Illustratorinnen und Illustratoren, Designerinnen und Designer, Druckereien, Buchbindereien – kurz: weite Teile der Kreativwirtschaft in der Bundesrepublik verlieren eine nicht unerhebliche Zahl an Aufträgen und damit ihre Existenzgrundlage.

Wir fordern daher Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitiker in Bund und Ländern auf: Setzen Sie jetzt eine strukturelle Verlagsförderung um! Denn: Es geht um das Buch – und dazu braucht es eine vielfältige Verlagslandschaft.