Vorlesefriseur Danny Beuerbach

"Ich sehe mich als eine Art Robin Hood"

18. Januar 2024
Kai-Uwe Vogt

Vorlesefriseur Danny Beuerbach ist weltweit mit seinem Teppich unterwegs. Er hat mit dem Börsenblatt über den Spagat zwischen Kommerz und Engagement gesprochen und erklärt, warum er alles dafür tut, dass ihn andere kopieren.

Danny Beuerbach schneidet vor einem Buchladen einer Frau die Haare

Kommt rum: Danny Beuerbach in Warschau vor einem Buchladen 

Der Pop-up Friseursalon kommt dahin, wo er gebraucht wird

Schon seit einigen Jahren ist Danny Beuerbach als Vorlesefriseur unterwegs. Mit seinem Pop-up Friseursalon, der eigentlich nur aus einem roten Teppich, einen gelben Hocker, einer Palme und einen Koffer voller Bücher besteht - fällt der großgewachsene Friseur mit seiner Lockenmähne und seinem Claim „Book a look and read my book“ auf. Die Haare schneidet er kostenfrei, wenn ihm im Gegenzug vorgelesen wird – egal was.

Längst sind Veranstalter und Event-Organisatorinnen auf den Vorlesefriseur aufmerksam geworden. „Ich bin auch viel in der Schweiz und in Österreich unterwegs. Es gibt Stadtteilfeste, zu denen ich eingeladen werde, Bibliotheken kommen auf mich zu oder laden mich zur Eröffnung ein. Gerade hat mich ein Möbelhaus angefragt. Die Idee mit dem Vorlesefriseur und seinem Teppich, das funktioniert und das werde ich sicher mein Leben lang machen!“, erläutert Beuerbach. Jedoch, für den Friseur, der sein Geld nicht mit dem „kostenlosen-Haareschneiden“ verdienen will, bedeutet das, dass er stets aufs Neue abwägen muss: „Ich frage mich jeden Tag, wenn ich in den Spiegel gucke: Ist das noch echt, was ich mache? Drum versuche ich, die Balance zu halten zwischen kommerziellen Auftritten und sozialem Engagement.“ Beuerbach, der in seiner „Freizeit“ viel „auf der Straße“ unterwegs ist - wie er es selbst formuliert - und ehrenamtlich mit Organisationen wie der Caritas und dem AWO arbeitet, gibt es eine einfache Formel: „Da wo Geld ist, da nehme ich Geld. Da wo kein Geld ist, da bringe ich es hin – ich sehe mich als eine Art Robin Hood“, sagt er bestimmt.

 

Buchprojekt mit Ravensburger

Auch der Ravensburger Verlag ist auf den Friseur aus München aufmerksam geworden, hat mit ihm zusammen ein Buch veröffentlicht. „Das Buch ist ein cooles Tool, um die Kinder zu motivieren“, findet der Vorlesefriseur. In Budapest war er an deutschen Schulen unterwegs – als Überraschungsgast. „Wenn die Kinder das Buch gelesen haben und merken, dass es mich wirklich gibt, drehen sie durch, drücken und umarmen mich, da fühlt man sich schnell mal wie ein Rockstar“, sagt Beuerbach und lacht  Doch Book a look sei für ihn kein Marketing-Gag: „Ich habe mein Buch bei meinen Auftritten meistens gar nicht dabei. Darüber wundern sich die Eltern im Nachhinein und schreiben mir dann E-Mails, nachdem sie mich gegoogelt haben. Mir ist aber wichtig, dass Kinder lesen, was sie lesen wollen.“ Als klassischen Leseförderer sieht er sich nicht. Bücher sind für ihn auch eine Brücke zwischen Menschen, sie sollen Spaß bringen. Diese Freude will er entzünden helfen, vielleicht gerade, weil in seinem Elternhaus wenig vorgelesen wurde.

Danny Beuerbach liegt auf dem Boden und wird von einem Dutzend Kinder umarmt

Umwerfender Erfolg in Schulen: "Die Kinder rasten aus", sagt Danny Beuerbach

Kooperation mit anderen Friseuren erwünscht

Eine grundlegende Sache hat Beuerbach bei seinen Auftritten geändert: „Mittlerweile frage ich die Veranstalter, ob sie nicht auch Friseure von vor Ort einladen, die die Idee weitertragen sollen. Denn ich wünsche mir, dass das Ding Schule macht!“ Angst, von anderen nachgeahmt zu werden, hat er nicht. Im Gegenteil: „Ich habe da gar keinen Konkurrenzdenken bei anderen Friseuren, sondern, ich wünsche mir ausdrücklich, dass andere das Konzept aufgreifen. Jeder kann sich bei mir melden, ich erläutere das Projekt gerne.“ Seine Berufsgenossen hätten unter der Coronapandemie enorm gelitten – jetzt sieht er gute Zeiten für des Vorleseprojekt anbrechen.

Mittlerweile frage ich die Veranstalter, ob sie nicht auch Friseure von vor Ort einladen, die die Idee weitertragen sollen.

Mit der Frankfurter Buchmesse um die Welt

Die Frankfurter Buchmesse arbeitet bei ihren Auslandsauftritten inzwischen regelmäßig mit Beuerbach zusammen. „Weil es ein tolles Konzept ist, und sich super für Buchmessen eignet, um Stand zu beleben. Wir bekommen total gutes Feedback – und es funktioniert auch, wenn die Messebesucher*innen die deutsche Sprache oder die deutschen Bücher nicht lesen können“, erläutert Katherina Rapp von der Frankfurter Buchmesse. „Danny war mit uns am deutschen Gemeinschaftsstand in Warschau und in Budapest 2023 dabei, sowie jeweils auch vor Ort in einer lokalen Buchhandlung. Dieses Jahr wird er mit uns nach Taipeh [Anm. d. Redaktion: vom 20.-25.02.2024] reisen, dort auf der Buchmesse an unserem deutschen Gemeinschaftsstand, ein Event auf einer Bühne, und auch noch mal in der deutschen Schule“, berichtet sie. Es sei „immer toll mitzuerleben, wie bspw. Eltern für ihre Kinder lesen, weil diese noch zu klein sind.“ In Warschau habe es gar einen besonderen Gänsehautmoment gegeben: „hier hatten wir einen blinden Besucher zu Gast und ein völlig Fremder hat für ihn vorgelesen.“ Für Beuerbach sind diese Auslandsauftritte stets eine besondere Herausforderung, aber auch ein Test, ob sein Konzept klar genug ist: „Diese Auftritte auf einer Bühne, wo dich wirklich keiner kennt, da musst du die Leute neu abholen und erobern - und das funktioniert“, sagt der kommunikationsstarke Vorlesefriseur stolz.

Zukunftspläne

Welche Pläne hat Danny Beuerbach für die Zukunft? Will er – als Vater einer dreijährigen Tochter – weiter durch die Welt reisen?  „Es wird sicher irgendwann mal einen „Vorlese-Friseursalon“ geben, mit eigener Buchhandlung und integriertem Lesecafé und einem Produktkiosk, aber ich weiß noch nicht wann“, verrät der Vorlesefriseur. Klar sei: Er werde sich weiter aufs das literarische Haareschneiden konzentrieren und wolle das Konzept nur mit passenden Partner*innen umsetzen. Für die nahe Zukunft hat er bescheidenere Wünsche. Zum ersten Mal wird er ein Crowdfunding in eigener Sache anstoßen. „sobald  ich eine BahnCard 100 habe, kann ich vermehrt  dahinfahren, wo nicht mal Geld ist für eine Busfahrt. So kann ich mehr Veranstaltungen machen, wo sie wirklich gebraucht werden und gleichzeitig könnte ich mit den Ersparnissen aus den Fahrtkosten mehr Bücher kaufen, die ich dann verschenke.“